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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Langeweile. Hast du die Edle überhaupt schon kennengelernt?«
    »Nein. Ich erwarte sie morgen.«
    Magda schien griesgrämiger Laune darob zu sein, und Almut beschlich der Verdacht, dass sie fürchtete, die Dame würde Anspruch auf ihre eigenen gemütlichen Zimmer erheben. Mit einem kleinen Lächeln sagte sie also: »Dann warten wir es erst einmal ab. Vielleicht ist sie eine ganz bescheidene Frau und Wohltäterin.«
    »Na, wir werden sehen. Lassen wir das Thema. Kommst du mit der Kapelle gut voran?«
    »Mettel hat mir geholfen, sie innen zu kalken, und jetzt muss ich noch den Boden verlegen. Das wird ein paar Tage dauern. Außerdem brauchen wir noch einen Altar. Den Sockel habe ich schon gemauert. Eine schöne Holzplatte müsste ausreichend sein. Ich werde mich mal umhören. Zu Pfingsten ist die Kapelle aber bestimmt fertig.«
    »Gut, das ist schon mal was. Hast du noch etwas Zeit übrig?«
    »Natürlich. Ich kann im Augenblick ja sowieso nur abwarten, wie sich die Lage entwickelt. Gib mir etwas zu tun, damit ich nicht so viel grübeln muss, Magda.«
    »Nun es wird dich gewiss gründlich vom Grübeln ablenken, die Mädchen zu unterrichten.«
    »Uch!«
    Aber Magda hatte eine kluge Entscheidung getroffen. Am Nachmittag hatte Almut sich von Clara erklären lassen, was sie unterrichten sollte, sich einige eigene Gedanken gemacht, und am nächsten Morgen trat sie gut vorbereitet den elf Jüngferchen und dem tapferen Recken der Gassen, Pitter, entgegen.
    Sie hatte schon öfter die quirlige Schar beaufsichtigt, Unterricht hatte sie bisher noch nicht erteilt. Aber die jungen Maiden waren willig, Rechenaufgaben zu lösen, die einen sehr praktischen Wert hatten, wie etwa der Einkauf von Äpfeln, Rüben und Kappes zu bestimmten Preisen bei einem beschränkten Geldbeutel, das Berechnen von Brotgewichten zu unterschiedlichen Teilen, Vergleiche von verschiedenen Volumenmaßen für Weizen, Öl und Wein. Unwilliges Murren kam aber auf, als Almut ihre Lieblingsaufgaben stellte, nämlich die geometrischen Berechnungen. Sie ließ sie anhand der Abmessungen errechnen, aus wie vielen Steinen ihr Kapellchen errichtet war, wie viele davon in den Seitenwänden, wie viele in der Stirnseite verbaut waren, und wie viele sie durch die Türöffnung eingespart hatte. Hier zeichnete sich einzig Pitter durch flinke Antworten aus. Erleichterung durchflutete die gequälte Menge, als Almut schließlich die säuberlich von Clara niedergeschriebene Legende des heiligen Pantaleons vorzulesen bat. Reihum buchstabierten sich die Elevinnen mehr oder minder fließend durch den Text, und diesmal musste Pitter daran gehindert werden, seine eigenen Interpretationen zu dem Martyrium des Heiligen zu verkünden. Er hatte recht weltliche Vorstellungen davon, auf welche Weise der fromme Arzt die Gattin des Kaisers zum Christentum zu bekehren suchte. Dass Küssen und Kosen die Liebe zum himmlischen Bräutigam in ihr wecken sollten, stand allerdings nicht in dem zu lesenden Text.
    Almut hatte Mühe, das Gekicher zu unterbinden, vor allem, weil sie selbst aufs Höchste erheitert war.
    Als die Glocken zur Sext läuteten, waren die Schüler entlassen, nur Pitter blieb noch in dem Unterrichtsraum zurück und half Almut, die Wachstäfelchen mit der flachen Seite der Griffel glatt zu streichen.
    »Du erwartest vermutlich eine Labung zum Dank für Deine Hilfe.«
    »Klar!«
    Almut lächelte. Der fast fünfzehnjährige Schlacks war immer hungrig. Aber diesmal schien er noch etwas anderes auf dem Herzen zu haben, denn er zupfte umständlich ein zusammengefaltetes, an den Rändern eingerissenes Pergament aus einem der zahlreichen Beutel, die an seinem Gürtel hingen.
    »Frau Almut, sagt, ich kann doch schon lesen, oder?«, kam es unerwartet zaghaft.
    »Du buchstabierst schon ganz ordentlich, Pitter. Nur deine Gedanken sind manchmal schneller als deine Augen auf dem Geschriebenen.«
    »Mhm, ja. Ich seh immer Bilder dazu. Also, wie was passiert ist. Aber hier hab ich einen komischen Text. Ich versteh gar nichts davon, außer der ersten Zeile.«
    »Dann zeig mal her.«
    Almut nahm das Dokument und betrachtete es ratlos. Da stand:
    »Des Harfenspielers Sohn warnt vor den Folgen. Beachtet die weisen Worte.
    Tia mfml nwkbt rihsih dfi gtrwgh pg ihwi ritabqoit
    Vhedflnn vnl hidplddi hwgm uhl git
    Dxa ligmitrem vhgsrihsb nrit ifh bqoit
    Ihcge xvifritn ieukbt ml itti htgtrohlgit«
    »Das ist keine Sprache, die ich jemals gehört habe, Pitter. Das kann man ja noch nicht mal

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