Das brennende Land
Von den Giebeln der Wohnhalle mit dem hohen Dach ragten hölzerne Hörner in den Abendhimmel, an dem die ersten Sterne im Dunst glänzten.
Ich ließ fünfzehn Männer zur Bewachung des Schiffes zurück und stieg auf den Hügel. Man hatte große Balken in einem Rechteck in die Erde gerammt und es mit Sand gefüllt. Auf diesem Rechteck war ein kleineres Rechteck errichtet worden und dann ein drittes, und so war der Hügel entstanden. Auf dem Gipfel erhob sich als letztes Rechteck eine Palisade, die uns jedoch keinen Widerstand bot, weil ihr großes, hölzernes Tor weit offen stand. Skirnirs Männer hatten keinen Kampfeswillen mehr. Ihr Herr war tot.
Das Tor des Palas war von einem Paar gewaltiger gekrümmter Knochen umrahmt, die von einem Seeungeheuer stammen mussten. Mit gezogenem Schwert, Rollo und Finan zur Seite, ging ich unter dem Knochenbogen hindurch. In der Feuerstelle in der Mitte des Raumes brannte lodernd ein Haufen Treibholz, dessen Salzkruste zischend und fauchend verglühte. Skade kam hinter uns herein. Die wartenden Diener zitterten bei ihrem Anblick vor Furcht. Skirnirs Verwalter, ein grobschlächtiger Mann, verneigte sich tief vor mir. «Wo ist der Schatz?», fragte ich ohne Umschweife.
Der Verwalter war zu verängstigt, um zu antworten, und Skade schob ihn grob zur Seite. «Lichter!», rief sie den Dienern zu. Sie brachten kleine Binsenlampen, und in ihrem dürftigen Licht führte mich Skade zu einer Tür in der Rückwand der Wohnhalle, die sich zu einer kleinen Kammer öffnete. Darin waren Robbenfelle aufgehäuft. «Hier hat er geschlafen», sagte sie.
«Über dem Drachen?»
«Er war der Drache», sagte sie verächtlich, «er war ein Schwein und ein Drache.» Und dann ließ sie sich auf die Knie nieder und zerrte die stinkenden Felle zur Seite. Ich rief nach Skirnirs Verwalter, damit er ihr half. Finan sah mich an, eine Augenbraue erwartungsvoll gehoben, und ich konnte nicht anders, als zu lächeln.
Um Bebbanburg einzunehmen, brauchte ich Männer. Um diese große Steinmauer zu erstürmen und die Krieger meines Onkels niederzumachen, brauchte ich Männer, und um Männer zu kaufen, brauchte ich Gold. Und ich brauchte Silber. Ich brauchte einen Schatz, der von einem Drachen bewacht wurde, um diesen alten Traum zu verwirklichen, und deshalb lächelte ich, als Skade und der Verwalter den hohen Stapel Felle wegzogen, der über dem Versteck lag.
Und dann, im Licht der blakenden Lampen, kam die Tür zum Vorschein.
Es war eine Falltür aus dunklem, schwerem Holz, in das ein Eisenring eingelassen war. Ich erinnere mich, dass mir Pater Beocca vor Jahr und Tag einmal von seinem Besuch in einem Kloster in Sumorsaete erzählte und davon, wie ihm der Abt ehrfurchtsvoll eine Kristallphiole zeigte, in der Milch aus den Brüsten der Jungfrau Maria aufbewahrt wurde. «Ich habe gezittert, Uhtred», hatte Beocca mit aufrichtigem Ernst gesagt. «Ich habe gezittert wie ein Blatt im Wind. Ich habe es nicht gewagt, das Fläschchen anzufassen, weil ich befürchtete, es fallen zu lassen, so sehr habe ich gezittert!»
Ich glaube nicht, dass ich in diesem Moment zitterte, aber ich spürte denselben Schauer, hatte dasselbe Gefühl, etwas Unerklärlichem nahe zu sein. Meine Zukunft lag unter dieser Falltür. Meine Hoffnungen, die Zukunft meiner Söhne, meine Träume von der Freiheit unter einem Himmel im Norden, alles lag so dicht vor mir. «Öffnet sie», befahl ich, und meine Stimme war rau. «Öffnet sie.»
Rollo und der Verwalter packten den Ring. Die Falltür war schwer, und das Holz hatte sich im Rahmen verzogen, sodass die beiden mit aller Kraft ziehen mussten, um sie überhaupt nur ein winziges Stück zu bewegen. Dann war die Tür plötzlich frei, und die beiden Männer kamen ins Stolpern, als sie das schwere Holz wegzogen.
Ich trat einen Schritt vor und sah hinunter. Und begann zu lachen.
Da war kein Drache. Ich habe nie einen Drachen gesehen, obwohl man mir versichert, dass es sie gibt, und ich habe Männer diese schrecklichen Untiere mit ihren bösartigen scharlachroten Augen, ihren flammenspeienden Rachen und ihren rauschenden Schwingen von der Größe eines Schiffssegels beschreiben hören. Es sind albtraumhafte Bestien, und obwohl ich hoch in den Norden segelte, dorthin, wo das Eis mit seinen Spiegelungen den Himmel erhellt, war ich nie weit genug in den frostigen Ländern des Nordens, von denen es heißt, dass dort die Drachen schlafen.
Da war kein Drache in Skirnirs Grube, aber ein
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