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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Ihr das, Herr?», fragte das Mädchen.
    «Ich weiß nicht», sagte ich, und ich wusste es wirklich nicht, doch Schlangenhauch war, wie alle Schwerter, aus Flammen geboren, und es gefiel mir, die Klinge zuweilen in Feuer zu baden, um die Zauberkraft zu bewahren, die im Moment ihrer Erschöpfung in sie eingeflossen sein mochte. Ich küsste den warmen Stahl ehrfürchtig und ließ ihn in die Scheide zurückgleiten. «Wir können uns auf nichts mit Sicherheit verlassen. Außer auf unsere Waffen und den Tod.»
    «Wir können uns auf Gott verlassen, Herr», widersprach sie mit zaghafter Stimme.
    Ich lächelte und schwieg. Ich fragte mich, ob meine Götter sich um uns sorgten. Vielleicht lag darin die Überlegenheit des Christengottes, darin, dass es ihm irgendwie gelungen war, seine Anhänger zu der Überzeugung zu bringen, er sorge sich um sie, er wache über sie, und er beschütze sie, ich jedoch konnte nicht feststellen, dass weniger Christenkinder starben als Heidenkinder oder dass die Christen von Krankheit, Überschwemmung und Feuern    verschont wurden. Dennoch verkündeten die Christen immerzu, dass ihr Gott sie liebe.
    Draußen hörte man Schritte. Jemand rannte auf mein kleines Haus zu, und obwohl ich in Ragnars Festung sicher war, griff ich unwillkürlich nach Schlangenhauch und hielt den Griff gepackt, als sich ein kräftiger Mann unter dem niedrigen Eingang hereinduckte. «Lieber Gott», sagte er, «ist das eine Kälte draußen.»
    Ich ließ meine Waffe los, während sich Pater Pyrlig am Feuer niederhockte. «Konntet Ihr nicht schlafen?», fragte ich.
    «Wer in Gottes Namen könnte bei einem solchen Sturm schlafen?», fragte er zurück. «Dafür müsste man schon taub, blind, betrunken und närrisch sein. Guten Morgen, Herr», fuhr er grinsend fort, «wenn Ihr auch beinahe nackt wie ein Neugeborenes vor mir steht.» Er wandte sich zu der Sklavin um und lächelte sie an. «Gott segne dich, mein Kind.»
    Der Neuankömmling verunsicherte sie, und sie sah mich ängstlich an. Ich beruhigte sie: «Das ist ein sehr freundlicher Mann und ein Priester noch dazu.» Pater Pyrlig trug Kniehosen und eine Weste, und nichts an seiner Aufmachung deutete auf sein Priesteramt hin. Er war am Vorabend angekommen. Brida hatte ihm einen kühlen Empfang bereitet, doch Ragnar hatte Pyrligs großzügig ausgeschmückte Erzählungen vom Schlachtfeld genossen. Als Ragnar schlafen ging, war Pyrlig betrunken gewesen, sodass ich kaum Gelegenheit gehabt hatte, mit meinem alten Gefährten zu reden.
    Ich nahm einen Umhang von einem Haken und wickelte ihn um meinen Hals. Die Wolle war feucht. «Liebt Euch Euer Gott?», fragte ich Pyrlig.
    Er lachte. «Meine Güte, was für eine Frage, Herr! Nun, er hält mich meilenweit von meiner Frau entfernt, also liebt er mich wohl, denn welchen größeren Segen könnte sich ein Mann wünschen? Und er füllt meinen Magen, und er sorgt dafür, dass ich mein Vergnügen habe! Habe ich Euch von dem Sklavenmädchen erzählt, das beim Milchtrinken gestorben ist?»
    «Die Kuh ist auf ihr zusammengebrochen», sagte ich, ohne zu zögern.
    «Er ist unterhaltsam, dieser Cnut», sagte Pyrlig. «Ich werde es bedauern, wenn Ihr ihn tötet.»
    «Ich werde ihn töten?», fragte ich. Das Mädchen starrte mich an.
    «Ihr werdet es vermutlich tun müssen», sagte er.
    «Hör gar nicht hin», sagte ich zu dem Mädchen, «er redet irre.»
    «Ich bin nämlich Waliser, mein Liebchen», erklärte er ihr. Dann wandte er sich wieder an mich: «Und könnt Ihr mir erklären, Herr, weshalb sich ein guter Waliser um sächsische Angelegenheiten kümmern sollte?»
    «Weil Ihr ein Earsling seid, der sich überall einmischen muss», sagte ich, «und Gott weiß, aus welchem Hintern Ihr gefallen seid, aber hier seid Ihr nun mal.»
    «Gott nutzt die seltsamsten Werkzeuge für seine wundersamen Zwecke. Wollt Ihr Euch nicht ankleiden und Euch mit mir die Morgendämmerung ansehen?»
    Pater Pyrlig war ebenso wie Bischof Asser ein Waliser, den Alfred in seine Dienste genommen hatte, auch wenn er sagte, er sei nicht aus Wessex, sondern aus Mercien nach Dunholm gekommen. «Ich war an Weihnachten zuletzt in Wintanceaster», erzählte er mir, «und bei Gott, der arme Alfred ist krank! Er sieht wahrhaftig aus wie eine    aufgewärmte Leiche. Wie eine nicht einmal besonders gut aufgewärmte Leiche.»
    «Was hattet Ihr in Mercien zu tun?»
    «Ich war ein bisschen mercische Luft schnuppern», sagte er rätselhaft. Dann fügte er ebenso rätselhaft

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