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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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westsächsischen Silber und hole mir Bebbanburg zurück.»
    «Wollt Ihr denn nicht irgendwo König werden?», fragte er ungläubig.
    «Ich will Bebbanburg. Das ist alles, was ich je gewollt habe. Ich bringe meine Kinder dorthin, ziehe sie auf und gehe niemals mehr fort.»
    Haesten erwiderte nichts. Ich glaube nicht, dass er mich überhaupt hörte. Sein Blick war vor Bewunderung starr geworden, und diese Bewunderung galt Skade. Sie trug ein graubraunes Dienerinnengewand, doch auch so strahlte ihre Schönheit wie ein Leuchtfeuer in der Dunkelheit. Ich glaube, in diesem Moment hätte ich Haesten die Goldketten stehlen können, die er um den Hals trug, ohne dass er etwas davon bemerkt hätte. Er starrte sie an, und sie, die seinen Blick spürte, wandte sich zu ihm um. Ihre Blicke versenkten sich ineinander.
    «Bebbanburg», sagte ich erneut, «das ist alles, was ich je gewollt habe.»
    «Ja», sagte er zerstreut. «Ich habe Euch gehört.» Immer noch starrte er sie an.
    Für beide gab es in dem lärmerfüllten Saal keine anderen Menschen mehr. Brida, die weiter unten an der Ehrentafel saß, hatte bemerkt, wie gebannt die beiden voneinander waren, wandte sich mir zu und hob eine Augenbraue. Ich zuckte mit den Schultern.
    Brida war glücklich an diesem Abend. Sie hatte die Zukunft Britanniens geordnet, auch wenn ihr Einfluss durch Ragnar ausgeübt worden war. Aber es war ihr Ehrgeiz gewesen, der ihn angespornt hatte, der Ehrgeiz, Wessex niederzuwerfen und damit auch die Macht der Priester zu brechen, die ihre Lehre wie ein schleichendes Gift immer weiter verbreiteten. In einem Jahr, so glaubten wir alle, würde Eohric von Ostanglien als einziger christlicher König in England übrig geblieben sein, und er würde die Gefolgschaft wechseln, wenn er feststellte, dass sich der Wind gedreht hatte. Wahrhaftig, es würde überhaupt kein England mehr geben, nur noch Daneland. Es schien alles so einfach, so leicht, so folgerichtig. In dieser Nacht der Harfenklänge und des Gelächters, des Ales und der Einträchtigkeit hielt keiner von uns ein Scheitern für möglich. Mercien war schwach, Wessex war verletzbar, und wir waren die Dänen, die gefürchteten Speerkrieger aus dem Norden.
    Doch dann, am nächsten Tag, kam Pater Pyrlig nach Dunholm.
     
Zehn
     
    In dieser Nacht zog ein Sturm auf. Er hatte sich mit heftigen Böen angekündigt und fegte von Norden herein. Innerhalb von Augenblicken verdunkelten Wolken die Sterne, und Blitze zuckten über den Himmel. Der Sturm weckte mich in dem Haus, in dem ich während meiner Krankheit geschwitzt und gezittert hatte, und bald hörte ich die ersten schweren Tropfen auf das Strohdach fallen. Gleich darauf war es, als würde sich ein gewaltiger Fluss über die Feste von Dunholm ergießen. Die Himmel schienen zu kochen, und der Regen war lauter als jeder Donner. Ich stieg aus dem Bett, hüllte meine nackten Schultern in ein Schaffell und ging zum Eingang des Raumes, um den Ledervorhang beiseite zu ziehen, der als Tür diente. Das Mädchen auf meinem Lager wimmerte, und ich sagte ihr, sie solle zu mir kommen. Sie war eine sächsische Sklavin. Ich hob das Schaffell, sodass sie sich an mich schmiegen konnte. Sie starrte mit weit aufgerissenen Augen in die brodelnde Dunkelheit und sagte etwas, doch was, verstand ich nicht, denn der Wind und der Regen verschluckten ihre Worte.
    Der Sturm ging ebenso schnell, wie er gekommen war. Ich beobachtete, wie die Blitze in südlicher Richtung weiterzogen, und hörte, wie der Regen nachließ, und es war, als ob die Nacht den Atem anhielte in dieser Stille, die dem Donner folgte. Der Regen hatte ganz aufgehört. Vom Dachvorsprung tropfte es noch, einige Tropfen drangen durch das Strohdach und verzischten auf der letzten Glut des Feuers. Ich warf neues Holz auf die schwelenden Scheite, fügte ein paar Kienspäne hinzu und ließ die Flammen emporzüngeln. Der Ledervorhang wurde immer noch von einem Haken offen gehalten, und ich sah die Feuerstellen in den anderen Häusern und den beiden großen Wohnhallen heller aufflackern. Es war eine ruhelose Nacht in Dunholm. Das Mädchen wickelte sich in Vliese und Felle und legte sich wieder auf die Bettstelle, und in seinen Augen spiegelte sich der Feuerschein, als es beobachtete, wie ich Schlangenhauch aus seiner Scheide gleiten ließ und die Klinge langsam durch die neu auflebenden Flammen zog. Ich tat es zweimal, badete jede Seite der langen Klinge im Feuer und wischte den Stahl dann an dem Schaffell ab. «Warum tut

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