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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Morgendämmerung zeigte. «Vielleicht sichern wir Eide aus diesem Grund noch mit strengen Gesetzen und unverbrüchlichen Regeln ab. Ich glaube, Alfred weiß, dass Ihr nicht zurückkommen werdet. Das bedauert er. Falls Wessex angegriffen wird, fehlt ihm    sein schärfstes Schwert, und dennoch hat er mich nicht zu Euch geschickt. Er glaubt, dass Wessex ohne Euch besser dran ist. Er wünscht sich ein gottgefälliges Land, und Ihr wart ein Stachel in seinem Fleisch.»
    «Ein paar Stacheln könnten ihm aber durchaus nützlich sein, falls die Dänen nach Wessex zurückkommen», knurrte ich.
    «Er vertraut auf Gott, Herr Uhtred, er vertraut auf Gott.»
    Ich lachte höhnisch. Sollte doch der Christengott Wessex gegen die northumbrischen Dänen verteidigen, wenn sie im Sommer an der Küste landeten!
    «Wenn Alfred mich nicht zurück will, warum verschwendet Ihr dann meine Zeit?»
    «Wegen des Eides, den Ihr am Vorabend der Schlacht von Lundene geschworen habt», sagte Pyrlig. «Die Person, vor der Ihr dieses Versprechen abgelegt habt, hat mich gebeten, hierherzukommen.»
    Ich starrte ihn an und glaubte, das Gelächter der Nornen zu hören, der drei Spinnerinnen. Der Nornen mit den flinken Fingern, die unsere Schicksalsfäden verweben. «Nein», sagte ich, doch jede Wut und jede Kraft war aus meiner Stimme gewichen.
    «Sie hat mich geschickt.»
    «Nein», wiederholte ich.
    «Sie bittet um Eure Hilfe.»
    «Nein!»
    «Und sie hat mich gebeten, Euch daran zu erinnern, dass Ihr einst geschworen habt, ihr zu dienen.»
    Ich schloss die Augen. Es war die Wahrheit, das alles war die Wahrheit. Hatte ich den Eid vergessen, den ich am Vorabend der Schlacht von Lundene abgelegt hatte? Ich hatte ihn nicht vergessen, doch ich hatte nicht geglaubt, dass mich dieser Eid jemals einschränken würde. «Nein», wiederholte ich, und dieses Mal war es kaum mehr als ein Flüstern.
    «Wir sind allesamt Sünder, Herr», sagte Pyrlig freundlich, «doch sogar die Kirche hat erkannt, dass manche Sünden schwerer sind als andere. Den Eid gegenüber Alfred habt Ihr aus Eurer Pflicht heraus geschworen, und er hätte mit Dankbarkeit, Land und Silber vergolten werden sollen. Es ist falsch von Euch, diesen Eid zu brechen, und ich kann es nicht gutheißen, aber ich verstehe, dass Alfred seine Pflichten Euch gegenüber vernachlässigt hat. Doch der Eid, den Ihr der edlen Dame geleistet habt, wurde aus Liebe geschworen, und diesen Eid könnt Ihr nicht brechen, ohne Eure Seele zu zerstören.»
    «Liebe?» Ich ließ das Wort wie eine Herausforderung klingen.
    «Ihr habt Gisela geliebt, ich weiß, und Ihr habt kein Versprechen gebrochen, das Ihr Eurer Frau gegeben habt, und dennoch liebt Ihr die Dame, die mich geschickt hat. Ihr habt sie schon immer geliebt. Ich lese es in Eurem Gesicht, und ich lese es in ihrem Gesicht. Ihr seid vielleicht blind dafür, doch wir anderen werden davon nahezu geblendet.» «Nein», sagte ich.
    «Sie ist in Schwierigkeiten», sagte Pyrlig. « Schwierigkeiten?»
    «Ihr Mann ist nicht bei klarem Verstand.» «Ist er jetzt ganz verblödet?»
    «Nicht so, dass man den Finger darauflegen könnte.»
    Unter uns kreischten die Scharniere. Die beiden großen Torflügel wurden aufgedrückt. Ragnar, dessen nackte Beine    unter den Umhängen hervorsahen, in die er sich gewickelt hatte, rief den Reitern Abschiedsgrüße nach. Sie ritten unter uns durch Dunholms Haupttor und verschwanden mit klappernden Hufen über die Straße, die in das Städtchen hinunterführte. Einer der Reiter drehte sich um, und ich erkannte Haesten. Er hob eine Hand, um mich zu grüßen, und ich hob ebenfalls meine Hand. Als sich der Reiter neben ihm umdrehte, erstarrte ich. Es war Skade. Sie lächelte ein grausames Lächeln. Sie musste mein Erstaunen wahrgenommen haben, denn sie lachte laut auf, bevor sie ihr Pferd antrieb und schnell den Hügel hinunterritt. «Schwierigkeiten», sagte ich, während ich ihr nachsah, «und zwar größere Schwierigkeiten, als Ihr ahnen könnt.» «Weil Haesten Mercien angreifen wird?», fragte Pyrlig.
    Ich bestätigte es nicht, aber ich glaubte auch nicht, dass Haesten seine Pläne geheim gehalten hatte. «Weil er diese Frau bei sich hat», sagte ich.
    «Frauen haben die Sünde in die Welt gebracht, und bei Gott, sie sorgen dafür, dass es immer neue Sünden gibt. Aber ich kann mir ein Dasein ohne sie nicht vorstellen, Ihr etwa?»
    «Sie will, dass ich zu ihr komme?»
    «Ja», sagte Pyrlig, «und sie hat mich geschickt, um Euch

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