Das brennende Land
und legte meine Kettenrüstung an, bevor wir uns auf den Rückweg machten. Beim Anblick der Rauchwolke war mir als Erstes Haesten eingefallen, und auch wenn diese Erklärung bei näherer Überlegung unwahrscheinlich schien, wurde ich den bösen Verdacht nicht los.
«Sonst gibt es keine Rauchwolken», stellte Finan fest, als wir die Hälfte des Weges hinter uns hatten. Gewöhnlich brennt eine Armee, die plündernd durch ein Land zieht, jedes Dorf nieder, doch wir sahen nur diese eine dunkle Wolke zum Himmel hinaufsteigen. «Und Lecelad liegt sehr weit von Ostanglien entfernt, wenn dieses Feuer überhaupt in Lecelad ist», setzte er hinzu.
«Das stimmt allerdings», brummte ich. Es war eine sehr weite Strecke von Haestens Lager in Beamfleot bis nach Lecelad. Der Ort lag sogar so tief in sächsischem Gebiet, dass sich jede dänische Armee, die auf ihn zumarschierte, in Gefahr brachte. Nichts von alldem ergab einen Sinn, außer der Möglichkeit, an die Finan und ich so gern glauben wollten, dass nämlich ein Brand durch Funkenflug ausgebrochen war.
Das Feuer war tatsächlich in Lecelad. Es dauerte eine Weile, bis wir uns dessen sicher sein konnten, denn das Gelände war flach, und unser Blick wurde von Bäumen behindert. Doch alle Zweifel lösten sich auf, als wir nahe genug herangekommen waren, um zu sehen, wie die heiße Luft unter der Rauchwolke flimmerte. Wir waren dem Fluss gefolgt, doch nun bogen wir ab, um uns dem Dorf von Norden her nähern zu können. Das, so glaubte ich, wäre die Richtung, in der sich die Dänen zurückziehen würden, sodass wir vielleicht eine Gelegenheit hätten, ihnen den Weg abzuschneiden. Noch immer lautete die vernünftigste Erklärung, dass es sich um einen gewöhnlichen Hausbrand handelte, und dennoch hatte ich ein sehr unbehagliches Gefühl.
Als wir die Straße erreichten, die im Norden aus dem Dorf führte, sahen wir, dass sie von Hufen aufgewühlt war. Es hatte nicht geregnet, deshalb waren die Hufspuren nicht sehr deutlich. Doch auch so genügte ein Blick, um festzustellen, dass sie nicht von Aldhelms Reitern stammten, die am Tag zuvor auf diesem Weg nach Lecelad gekommen waren. Es waren einfach zu viele, und diejenigen, die nordwärts zeigten, überdeckten zum größten Teil die Spuren, die nach Süden führten. Das bedeutete, dass, wer auch immer nach Lecelad geritten war, das Dorf schon verlassen hatte.
«Sie sind da gewesen und wieder verschwunden», sagte Pater Pyrlig. Er trug sein Priestergewand, doch an seiner Seite hing ein großes Schwert.
«Es waren mindestens hundert», sagte Finan und musterte die Hufspuren zu beiden Seiten des Weges.
Ich sah nach Norden, doch dort war nichts Auffälliges zu entdecken. Wenn die Plünderer noch in der Nähe gewesen wären, hätte Staub in der Luft gehangen, doch das Land war ruhig und friedlich. «Sehen wir nach, was die Bastarde angerichtet haben», sagte ich und wandte mich südwärts.
Wer auch immer da gewesen und wieder verschwunden war - und ich war sicher, dass es sich um Haestens Männer handelte -, sie waren schnell gewesen. Ich vermutete, dass sie Lecelad in der Abenddämmerung erreicht, ihr zerstörerisches Werk verrichtet und das Dorf bei Sonnenaufgang wieder verlassen hatten. Sie wussten, dass sie sich gefährlich weit auf sächsisches Gebiet gewagt hatten, und achteten darauf, sich nicht länger als notwendig aufzuhalten. Sie hatten in aller Eile zugeschlagen. Jetzt, da die Gegner sich schon auf sichereres Gebiet zurückgezogen hatten, ritten wir in beißenden Holzrauch hinein. In Holzrauch und in den Qualm verbrennenden Fleisches.
Der Konvent war verschwunden, besser gesagt, es war nichts mehr von ihm übrig als ein schwelendes Gerüst aus Eichenbalken, das plötzlich mit einem so gewaltigen Krachen in sich zusammenbrach, dass sich mein Hengst vor Angst aufbäumte. Glühende Asche wirbelte in den quellenden Rauch empor. «Gütiger Gott», sagte Æthelflæd und bekreuzigte sich. Entsetzt starrte sie auf den Abschnitt der Palisade, den das Feuer verschont hatte. Dort, an den Balken, hing mit ausgebreiteten Armen ein kleiner, nackter Körper. «Nein!», rief sie und trieb ihr Pferd durch die heiße Asche, die das Feuer herabregnen ließ.
«Kommt zurück!», rief ich, doch sie war schon aus dem Sattel gesprungen, um zu Füßen der Leiche niederzuknien. Es war eine Frau. Es war Werburgh, die Äbtissin, und man hatte sie an der Palisade gekreuzigt. Ihre Hände und Füße waren von groben, schwarzen Nägeln
Weitere Kostenlose Bücher