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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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nicht dabei?»
    «Wenn er dabei war, dann hat ihn niemand bemerkt.»
    «Die Frau hat alle Befehle gegeben, Herr», sagte Cealworth.
    Ich starrte nach Norden. Was wohl in den übrigen Gebieten Merciens vor sich ging? Ich suchte nach verräterischen Rauchsäulen, doch ich entdeckte keine. Da kam Æthelflæd zu uns, und ohne nachzudenken, legte ich ihr den Arm um die Schulter. Sie rührte sich nicht.
    «Warum sind sie hierhergekommen?», fragte Finan.
    «Meinetwegen», sagte Æthelflæd, und ihre Stimme klang bitter.
    «Das würde Sinn ergeben, Herrin», sagte Finan.
    Und auf gewisse Art ergab es tatsächlich Sinn. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass Haesten Kundschafter in Mercien hatte. Es waren vermutlich Händler oder Vagabunden, Menschen, die einen Grund zum Reisen hatten, und sie würden ihm berichtet haben, dass Æthelflæd in Lecelad gefangen war. Æthelflæd würde eine bedeutende und nützliche Geisel abgeben. Doch warum hatte Haesten Skade geschickt, um sie einzufangen? Ich hielt es jedenfalls, auch wenn ich es nicht laut aussprechen wollte, für viel wahrscheinlicher, dass Skade meiner Kinder wegen gekommen war. Sie hasste mich. Und wenn Skade jemanden hasste, gab es keine Grausamkeit, die ihre Rachgier stillen konnte. Ich wusste, dass ich mit meinem Verdacht recht hatte, und ein Schauder überlief mich. Wenn Skade nur zwei Tage früher gekommen wäre, dann hätte sie meine Kinder und damit mich in ihrer Gewalt gehabt. Ich berührte den Thorshammer und sagte: «Wir begraben die Toten, und dann reiten wir ab.» In ebendiesem Moment ließ sich eine Biene auf meiner rechten Hand nieder, die immer noch auf Æthelflæds Schulter lag. Ich versuchte nicht, die Biene abzuschütteln,    weil ich meinen Arm nicht wegziehen wollte. Zuerst fühlte ich die Biene nur, dann sah ich sie in Richtung meines Daumens krabbeln. Sie wird schon wieder wegfliegen, dachte ich, doch dann, und ohne jeden Grund, stach sie mich. Ich fluchte über den unerwarteten Schmerz, schlug das Tier tot und erschreckte damit Æthelflæd.
    «Reib eine aufgeschnittene Zwiebel auf den Einstich», riet sie mir. Aber mir war nicht danach, auf Zwiebelsuche zu gehen, also tat ich nichts weiter. Ich wusste, dass der Stich ein Omen war, eine Botschaft der Götter, doch ich wollte nicht darüber nachdenken, denn ein gutes Zeichen war er ganz sicher nicht.
    Wir begruben die Toten. Die meisten Nonnen waren zu kleinen schwarzen Gestalten verkohlt, kaum größer als Kinder, und nun teilten sie ein Grab mit ihrer gekreuzigten Äbtissin. Pater Pyrlig sprach ein Gebet über die Toten, und dann brachen wir wieder nach Westen auf. Bis wir bei Osferth und Beornoth, ihren Männern und meiner Familie ankamen, war meine Hand so geschwollen, dass ich kaum noch die Zügel meines Hengstes halten konnte. Und ganz bestimmt konnte ich keinen einzigen Schwertstreich ausführen, der etwas taugte. «In einer Woche spürst du nichts mehr davon», sagte Finan.
    «Wenn wir noch eine Woche haben», entgegnete ich finster. Er sah mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern. «Die Dänen haben sich in Bewegung gesetzt, und wir wissen nicht, was sie vorhaben.»
    Bis jetzt waren die Frauen und Familien meiner Männer immer noch mit uns gezogen. Das hatte unser Fortkommen verlangsamt. Ich ließ ihnen ein Dutzend Männer zum Schutz. Sie sollten uns in ihrer eigenen Geschwindigkeit folgen. Wir anderen ritten eilig Richtung Gleawecestre    voraus. Wir verbrachten die Nacht in den Hügeln westlich der Stadt, und von dort aus sahen wir im Morgengrauen weit entfernt im Osten und Norden dunkle Flecken über den Himmel ziehen. Es waren zu viele, um sie zu zählen, und manche von ihnen verschmolzen miteinander. Es konnten auch nur Wolken sein, aber das bezweifelte ich. Æthelflæd sah die Flecken ebenfalls, und sie runzelte die Stirn. «Mein armes Land.»
    «Haesten», sagte ich.
    «Mein Gemahl müsste sie schon längst angegriffen haben.» «Glaubt Ihr, dass er das getan hat?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Er wartet gewiss darauf, dass ihm Aldhelm sagt, was er tun soll.»
    Ich lachte. Wir hatten die Hügel über dem Tal des Sæfern erreicht, und ich ließ mein Pferd anhalten, um zu den Besitzungen meines Cousins hinunterzuschauen, die südlich an Gleawecestre grenzten. Æthelreds Vater war mit einem Palas zufrieden gewesen, der nur halb so groß war wie der, den sich sein Sohn erbaut hatte, und neben diesem großen, prachtvollen Palas lagen Stallungen, eine Kirche, Scheunen und ein

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