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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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mich die Biene gestochen hatte, war immer noch geschwollen, und die Haut spannte. Ich ließ Æthelflæd los, um mich an dem Stich zu kratzen. «Es wird nicht besser, wenn du dich kratzt», sagte sie und griff wieder nach meiner Hand.
    Finan war den Mast der
Haligast
hinaufgeklettert, von dem aus er die dänischen Schiffe besser zählen konnte. «Wie viele?», rief ich ungeduldig.
    «Hunderte», rief er zurück, doch dann setzte er hinzu: «Etwa zweihundert!» Obwohl Finan so scharfe Augen hatte, war es unmöglich, sie genau zu zählen, weil die Schiffsmasten so dicht standen wie Baumschösslinge. Einige Schiffe waren entmastet und wurden von den Rümpfen anderer Schiffe verdeckt.
    «Maria, hilf», sagte Æthelflæd leise und bekreuzigte sich. «Neuntausend Männer?», knurrte Ralla.
    «So viele nicht», sagte ich. Viele der Schiffe gehörten den Überlebenden aus Haralds Armee. Die Hälfte der Schiffsmannschaften war bei Fearnhamme niedergemacht worden, doch auch so vermutete ich, dass Haesten doppelt so viele Männer hatte, als wir in Gleawecestre geschätzt hatten. Vielleicht sogar fünftausend, und die meisten von ihnen zogen jetzt plündernd durch Mercien. Dennoch waren in Beamfleot noch genügend übrig, um die Festung zu bemannen, von deren hoher Palisade aus sie uns jetzt beobachteten. Die Sonne brach sich in Speerspitzen, doch als ich mit der Hand meine Augen beschattete, um einen besseren Blick zu haben, erschien es mir, als sei diese mächtige Befestigungsanlage auf ihrem steilen Hügel zum Teil verfallen. «Finan!», rief ich nach einer Weile, «sind da Lücken in den Wällen?»
    Es dauerte einen Moment, bevor er antwortete: «Sie haben eine neue Festung gebaut. Unten am Ufer!»
    Ich konnte die neue Festung von Bord der
Haligast
aus nicht sehen, doch ich vertraute Finan, dessen Augen besser waren als meine. Kurz darauf kletterte er den Mast herunter und erklärte, dass Haesten die Festung auf dem Hügel offenbar aufgegeben hatte. «Er hat noch Wachen dort oben, aber der Hauptteil seiner Kräfte ist unten an dem Wasserlauf. Und dort steht ein verdammtes Monstrum von einer Palisade.»
    «Warum sollte er die höher gelegene Festung aufgegeben haben?», fragte Æthelflæd.
    «Weil sie zu weit von den Schiffen entfernt ist», sagte ich. Haesten wusste das besser als irgendwer sonst, denn er hatte hier schon früher gekämpft. Es war seinen Männern gelungen, Sigefrids Schiffe in Brand zu setzen, bevor der Normanne seine Krieger den Hügel hatte herunterbringen können, um Haesten aufzuhalten. Und jetzt hatte Haesten den Wasserlauf unterhalb des Hügels gesperrt, dessen seewärts gelegene Mündung er mit den auf Grund gesetzten Schiffen bewachte. Die landeinwärts gelegene dagegen verteidigte er mit einer neuen, starken Festung. Und zwischen diesen beiden Bollwerken lagen seine Schiffe. Ich glaubte, dass wir die alte Festung möglicherweise ohne allzu große Schwierigkeiten würden erobern können, doch das würde uns nichts helfen, weil die neue Festung von dort aus außerhalb der Reichweite eines Bogenschützen lag.
    «Ich konnte es nicht genau erkennen», sagte Finan, «aber es sah so aus, als würde die neue Festung auf einer Insel liegen.»
    «Er will es uns schwer machen», sagte ich milde.
    «Kann es überhaupt gelingen?», fragte Æthelflæd zweifelnd.
    «Es muss gelingen», sagte ich.
    «Wir haben keine Männer!»
    «Bis jetzt», erwiderte ich halsstarrig.
    Denn ich plante, diese Festung einzunehmen. Sie war überfüllt mit Haestens Gefangenen, all die Frauen und Kinder, die er als Sklaven genommen hatte, und in Beamfleots neuer Festung hortete er seine Beute. Ich vermutete, dass auch Haestens Familie dort war, und auch die Familie jedes Dänen, der plündernd durch Mercien zog. Ihre Schiffe lagen ebenfalls hier im Schutz der Festung. Wenn es uns gelang, diese Festung einzunehmen, könnten wir Haesten arm machen, Dutzende von Geiseln nehmen und die dänische Flotte zerstören. Wenn es uns gelang, Beamfleot einzunehmen, würden wir einen Sieg erringen, mit dem wir die Dänen schrecken und jedes sächsische Herz    zum Jubeln bringen könnten. Dieser Sieg würde vielleicht nicht den Krieg entscheiden, doch er würde Haesten erheblich schwächen. Viele seiner Gefolgsleute würden das Vertrauen zu ihm verlieren und ihn verlassen, denn was für ein Anführer sollte das sein, der nicht imstande war, die Familien seiner Gefolgsleute zu schützen? Æthelred glaubte, dass Merciens Rettung darin lag, darauf zu

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