Das brennende Land
warten, dass Haesten Gleawecestre angriff, ich dagegen glaubte, dass wir Haesten angreifen mussten, und zwar dort, wo er es am wenigsten erwartete. Wir mussten an seinem Stützpunkt zuschlagen, seine Flotte zerstören und uns seine Beute zurückholen.
«Wie viele Männer habt Ihr?», fragte Ralla.
«Bei der letzten Zählung waren es dreiundachtzig.»
Er lachte. «Und wie viele braucht Ihr, um Beamfleot einzunehmen?»
«Zweitausend.»
«Und glaubt Ihr an Wunder?»
Æthelflæd drückte meine Hand. «Die Männer werden kommen», sagte sie, doch sie klang alles andere als überzeugt.
«Mag sein», sagte ich. Ich starrte die Schiffe in ihrem geschützten Wasserlauf an und dachte, dass Beamfleot auf seine Art ebenso unangreifbar war wie Bebbanburg. «Und wenn sie nicht kommen?», sagte ich leise.
«Was wirst du dann tun?», fragte Æthelflæd.
«Euch in den Norden mitnehmen und meine Kinder auch, und dann kämpfen, bis ich genügend Silber habe, um eine Armee aufzustellen, mit der ich Bebbanburg erobern kann.»
Sie sah zu mir empor. «Nein, ich bin jetzt Mercierin, Uhtred.» «Mercierin und Christin», sagte ich säuerlich.
«Ja. Mercierin und Christin. Und was bist du, Herr Uhtred?»
Ich sah zu der alten Festung von Beamfleot hinauf, auf der die Speerspitzen der Wächter im Sonnenlicht blitzten. «Ein Narr», sagte ich bitter, «ein Narr.»
«Mein Narr», sagte sie und stellte sich auf die Zehenspitzen, um mich auf die Wange zu küssen.
«Rudern!», brüllte Ralla. «Rudern!» Er riss das Steuerruder hart herum, sodass sich die
Haligast
südwärts drehte und dann nach Westen. Zwei große, gegnerische Schiffe schoben den Bug aus dem Wasserlauf, glitten an den neuen Schiffs-Festungen vorbei, und in ihren Ruderblättern fing sich die Sonne, als sie nach dem Eintauchen wieder über das Wasser kamen.
Wir flüchteten stromaufwärts.
Und als der Narr, der ich war, träumte ich von der Eroberung Beamfleots.
Zwölf
Am nächsten Tag kam Aldermann Ælfwold nach Lundene. Seine Besitzungen lagen im nördlichen Teil des sächsischen Merciens und waren dänischen Angriffen damit besonders ausgesetzt. Er hatte sein Land nur halten können, indem er Krieger bezahlte, die Dänen bestach und kämpfte. Er war alt, ein Witwer und der ständigen Auseinandersetzungen müde. «Sobald die Ernte eingebracht ist», sagte er, «kommen die Dänen. Ratten und Dänen, sie kommen immer gemeinsam.»
Er brachte beinahe dreihundert Krieger, von denen die meisten gut bewaffnet und ordentlich ausgebildet waren. «Sie können ebenso gut mit Euch sterben, wie in Gleawecestre zu vermodern», bemerkte er. Ælfwold besaß kein Dach mehr über dem Kopf, weil einer von Haestens Verbänden seinen Palas niedergebrannt hatte. «Ich habe den Wohnsitz aufgegeben. Ich bin es gewohnt, ein paar hundert von den Bastarden abzuwehren, aber nicht Tausende.» Er hatte seine Haussklaven, seine Töchter und Enkel in der Hoffnung nach Wessex geschickt, dass sie dort in Sicherheit wären. «Planen die Jarls aus dem Norden wirklich einen Angriff auf Alfred?», fragte er mich. «Ja.»
«Gott steh uns bei», sagte er.
Immer mehr Volk zog in die alte Stadt. Lundene besteht in Wahrheit aus zwei Städten, der römischen, die etwas höher gelegen ist, und, im Westen jenseits des Fleot, der neuen sächsischen Stadt. Die erstere hatte hohe Steinmauern und die verblassende Pracht marmorner Säulen, während die zweite Stadt ein übelriechender Sumpf aus Stroh und Flechtwerk war. Doch die Leute zogen diesen Sumpf vor, weil sie schworen, in den verfallenden römischen Gebäuden gingen Geister um. Aber jetzt, wo sie Haestens Männer mehr fürchteten als jede Spukgestalt, überquerten sie den Fleot, um in den alten Häusern Zuflucht zu suchen. Die gesamte Stadt stank erbärmlich. Die römischen Abwasserkanäle waren eingestürzt, die Jauchegruben waren nicht groß genug, und in den Straßen stand der Unrat knöchelhoch. Vieh wurde in der alten römischen Arena zusammengepfercht, und Schweine streunten durch die Gassen. Weohstans Garnison bemannte die hohe, breite Stadtmauer. Der größte Teil der Wehranlagen stammte aus der Römerzeit, doch wo die Zeit das Mauerwerk angegriffen hatte, waren die Lücken mit Palisaden aus Eichenstämmen geschlossen worden.
Finan ritt jeden Tag mit einigen Kundschaftern nach Norden und Osten und berichtete, dass sich die Dänen regelmäßig Richtung Osten zurückzogen. «Sie bringen die Beute nach Beamfleot», sagte er, «die
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