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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Beute und die Sklaven.»
    «Und bleiben sie dann in Beamfleot?»
    Er schüttelte den Kopf. «Sie reiten gleich wieder nach Mercien.» Er war wütend, weil wir nicht genügend Männer hatten, mit denen er die dänischen Reiter angreifen konnte. Er konnte nichts tun, als ihnen bei ihrem Werk zuzusehen.
    Ralla, der mit der
Haligast
flussabwärts Erkundungsfahrten unternahm, sah weitere Dänen übers Meer herankommen. Die Nachricht, dass sowohl in Wessex als auch in Mercien unsichere Verhältnisse herrschten, hatte sich    schnell verbreitet, und die Schiffsmannschaften hatten es eilig damit, sich einen Teil der Beute zu sichern. Haesten verwüstete weiter die mercischen Äcker, und Æthelred saß in Gleawecestre und wartete auf einen Angriff, der niemals kommen sollte. Und dann, am Tag, an dem Ælfwold seine Haustruppen nach Lundene gebracht hatte, traf die Nachricht ein, die ich erwartet hatte. Die northumbrische Flotte war in Defnascir gelandet und hatte ein Lager über der Uisc errichtet, was bedeutete, dass Alfreds westsächsische Armee loszog, um Exanceaster zu schützen.
    Die Sachsen schienen dem Untergang geweiht. Eine Woche nach meinem Vorstoß flussabwärts saß ich im Saal des Palas und sah den Schatten zu, die das Feuer über die hohe Decke tanzen ließ. Ich hörte die Mönche in Erkenwalds riesiger Kirche neben dem mercischen Palas psalmodieren. Wenn ich auf das Dach gestiegen wäre, hätte ich die Feuer weit draußen im Norden und Westen sehen können. Mercien brannte.
    Das war der Abend, an dem Ælfwold die Hoffnung aufgab. «Wir können nicht einfach nur abwarten», sagte er nach dem Essen, «die Stadt hat genügend Männer zur Verteidigung, und meine dreihundert werden anderswo gebraucht.»
    Ich aß an diesem Abend in meiner üblichen Begleitung, die aus Æthelflæd, Finan, Ælfwold, Pater Pyrlig und Beornoth bestand. «Wenn ich doch nur noch dreihundert weitere Männer hätte», sagte ich, und ich hasste mich dafür, dass ich es sagte. Selbst wenn mir das Schicksal noch dreihundert weitere Krieger brächte, würde ich nicht annähernd genug haben, um Beamfleot einzunehmen. Æthelred hatte gewonnen. Wir hatten ihn herausgefordert, und wir hatten verloren.
    «Wenn Ihr an meiner Stelle wärt», fragte der gewitzte Ælfwold ruhig, «was würdet Ihr dann tun?»
    Ich gab ihm eine aufrichtige Antwort. «Mich wieder Æthelred anschließen und ihn davon überzeugen, die Dänen anzugreifen.»
    Er zerkrümelte einen Bissen Brot und rieb ein abgesplittertes Stückchen Mahlstein, das er darin gefunden hatte, zwischen den Fingern. Er tat das ganz unbewusst. Mit seinen Gedanken war er bei den Dänen, bei der Schlacht, von der er wusste, dass er sie schlagen musste, bei der Schlacht, von der er fürchtete, dass sie verloren würde. Er schüttelte den Kopf. «Morgen führe ich meine Männer nach Westen.» Er sah mir in die Augen. «Es tut mir leid.» «Euch bleibt keine Wahl», sagte ich.
    Ich fühlte mich wie ein Mann, der fast alles beim Würfelspiel verloren und dann, wie ein Narr, das bisschen, was er noch besaß, auf einen letzten Wurf gesetzt hatte. Ich war gescheitert. Was hatte ich mir eingebildet? Dass sich mir die Männer aufgrund meines Ansehens anschließen würden? Sie waren bei ihren Goldgebern geblieben. Æthelred wollte nicht, dass ich Erfolg hatte, und deshalb hatte er seine Silberkästen geöffnet und den Männern, die sich seiner Armee anschl ossen, reiche Entlohnung versprochen. Ich brauchte eintausend Männer, und ich konnte sie nicht bekommen, und ohne sie konnte ich nicht das Geringste ausrichten. Mit Bitterkeit dachte ich an die Prophezeiung, die Iseult vor all den Jahren ausgesprochen hatte - dass Alfred mir Macht geben, dass ich eine metallblitzende Kriegerhorde anführen und dass ich eine Frau aus Gold haben würde.
    In dieser Nacht stand ich in dem oberen Raum des Palas, in dem ich meine Strohmatratze hatte, am Fenster, schaute    zum trüben Schimmer der fernen Brände am Horizont hinüber und wünschte mir, ich wäre in Northumbrien geblieben. Seit Giselas Tod, so dachte ich, war ich immer nur richtungslos dahingetrieben. Ich hatte geglaubt, dass mir Æthelflæds Bitte um Unterstützung einen neuen Lebenszweck gegeben hatte, doch nun sah ich keine Zukunft mehr vor mir. Ich stand an dem Fenster, einem großen Steinbogen, der den Himmel einrahmte, und ich hörte den Gesang aus den Wirtshäusern, die Schreie streitender Männer, das Lachen einer Frau. Alfred hatte mir Macht verliehen und

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