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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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passt schon auf Euch auf.»
    Ich hatte Osferth und seine Leute mitgenommen, weil wir nördlich nach Ostanglien hineinritten. Das war dänisches Gebiet. Ich erwartete keine Schwierigkeiten. Jeder Däne, der gegen die Sachsen kämpfen wollte, hatte sich inzwischen Haesten angeschlossen. Diejenigen, die auf ihrem Besitz geblieben waren, waren kaum darauf aus, am Krieg teilzunehmen. Dennoch war es sicherer, mit einem starken Verband zu reiten. Gerade verließen wir das Dorf in Richtung Norden, als Osferth mich vor einer Reitergruppe warnte. Als ich mich umdrehte, sah ich sie aus den Wäldern um Beamfleot herauskommen.
    Mein erster Gedanke war, dass Haestens Armee weiter westlich entdeckt worden war und diese Reiter zu mir kamen, um mich zu warnen. Doch dann hob einer von ihnen    das Drachenbanner: die Flagge des Æthelings. Edward selbst gehörte ebenfalls zu der Reitergruppe, die aus etwa zwanzig Kriegern und einem Priester bestand. Er war verlegen. «Ich habe noch nicht viel von Ostanglien gesehen, und ich wünsche Euch zu begleiten.»
    «Ihr seid willkommen, Herr», sagte ich in einem Ton, der mehr als deutlich machte, dass dies keineswegs der Fall war.
    «Das ist Pater Coenwulf.» Edward stellte mir den Priester vor, der mir daraufhin knapp zunickte. Er war ein blasser Mann und mochte zehn Jahre älter als Edward sein. «Pater Coenwulf war mein Lehrer», sagte Edward, und es schwang Zuneigung in seiner Stimme. «Nun ist er mein Beichtvater und mein Freund.»
    «Was habt Ihr ihn gelehrt?», fragte ich Coenwulf, der mir jedoch nicht antwortete, sondern mich nur unwillig mit seinen sehr blauen Augen anstarrte.
    «Philosophie», antwortete Edward statt seiner, «und die Schriften der Kirchenväter.»
    «Ich habe als Kind nur eine einzige sinnvolle Lektion gelernt: Hüte dich vor den Hieben unterhalb des Schildes. Das ist Pater Heahberht», sagte ich mit einer Handbewegung zu dem einäugigen Priester, «und das ist unser Ætheling Edward», fuhr ich an den Dorfpriester gewandt fort, der vor lauter Schrecken, solch einem hochgestellten Prinzen zu begegnen, beinahe vom Pferd fiel.
    Pater Heahberht war unser Führer. Ich hatte ihn gefragt, wo in diesem Gebiet Schiffe zu finden seien, und er hatte gesagt, er habe vor kaum einer Woche zwei Handelsschiffe gesehen, die man etwas weiter nördlich ans Ufer eines Flusses gezogen hatte. «Es ist nicht weit, Herr», hatte er mir erklärt. Er sagte, die Schiffe gehörten einem dänischen    Händler und wären zur Ausbesserung auf Grund gesetzt worden. «Sie sind vielleicht nicht seetüchtig, Herr», fügte er ängstlich hinzu.
    «Darauf kommt es nicht an. Bringt uns einfach nur hin.»
    Es war ein warmer, sonnendurchfluteter Tag. Wir ritten über fruchtbares Ackerland, von dem Pater Heahberht sagte, es gehöre einem Mann namens Thorstein, der mit Haesten nach Mercien geritten war. Thorstein hatte es gut getroffen. Sein Land war ausreichend bewässert, er besaß dichte Wälder und gesunde Obstgärten. «Wo ist sein Palas?», fragte ich Heahberht.
    «Wir sind auf dem Weg dorthin, Herr.»
    «Ist dieser Thorstein ein Christ?», wollte Edward wissen.
    «Er sagt es, Herr», stammelte Heahberht und errötete. Offenbar wollte er noch etwas hinzufügen, doch vor lauter Angst fielen ihm die rechten Worte nicht ein, und so starrte er den Ætheling einfach nur mit offenem Mund an. Edward bedeutete dem Priester mit einer Handbewegung, er solle vor uns reiten, doch der arme Mann hatte nicht die geringste Vorstellung davon, wie er sein Pferd antreiben sollte, und deshalb beugte sich Osferth zu ihm und nahm seine Zügel. Dann trabten sie voraus, und Heahberht klammerte sich an den Sattelknauf, als ginge es ums nackte Überleben.
    Edward zog ein Gesicht. «Ein Landpriester», sagte er abschätzig.
    «Sie schaden mehr, als sie nützen», sagte Coenwulf. «Eine unserer Aufgaben wird es sein, Herr, die Landgeistlichen zu erziehen.»
    «Und er trägt die kurze Robe!», bemerkte Edward wissend. Der Papst höchstselbst hatte befohlen, dass Priester    die lange Robe tragen mussten, eine Anordnung, die Alfred mit Begeisterung unterstützte.
    «Pater Heahberht ist ein kluger Mann und ein guter Mensch. Aber er fürchtet sich vor Euch», sagte ich.
    «Vor mir! Warum?»
    «Weil er ein Bauer ist», sagte ich, «aber ein Bauer, der lesen gelernt hat. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie schwer es für ihn gewesen sein muss, Priester zu werden? Und sein ganzes Leben lang haben die Thegn auf ihn herabgesehen

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