Das brennende Land
würde ihn Brida drängen, Exanceaster anzugreifen, doch diese Burgfeste war schwer einzunehmen. Sie lag auf einem Hügel, die Zugänge waren steil, und Alfreds erfahrene Kämpfer bewachten ihre starken Befestigungsanlagen. Das war der Grund dafür, dass die Dänen - jedenfalls, bis Steapa losgeritten war - keinen Angriffsversuch unternommen hatten. «Haesten hat es schlau angestellt», sagte ich.
«Schlau?»
«Er hat die Northumbrier dazu gebracht, einen Angriff vorzubereiten, indem er ihnen zusicherte, Alfreds Armee abzulenken», erklärte ich, «und dann hat er Alfred vor dem Angriff der Northumbrier gewarnt, um auf keinen Fall gegen die Westsachsen kämpfen zu müssen.»
«Er muss gegen uns kämpfen», knurrte Steapa.
«Weil Alfred genauso schlau ist», sagte ich. Alfred wusste, dass Haesten die größere Bedrohung darstellte. Wenn Haesten geschlagen werden konnte, dann würde die Northumbrier der Mut verlassen, und sie würden aller Wahrscheinlichkeit nach wieder fortsegeln. Ragnars Northumbrier mussten unter Beobachtung gehalten werden, deshalb war ein so großer Teil der westsächsischen Armee in Defnascir. Dennoch hatte Alfred seinen Sohn mit zwölfhundert seiner besten Männer nach Beamfleot geschickt. Er wollte, dass ich Haesten schwächte, aber er wollte noch viel mehr als das.
Er wollte durch diesen Sieg dem Ansehen des Æthelings Edward Glanz verleihen. Alfred hätte den Ætheling nicht schicken müssen. Steapa und seine Männer waren mir unentbehrlich, Edward dagegen war eine Last, doch Alfred wusste, dass sein eigener Tod nicht mehr allzu fern sein konnte, und er wollte sicher sein, dass sein Sohn zu seinem Nachfolger wurde. Deshalb musste er Edward den Ruhm eines Kriegers verschaffen. Und aus demselben Grund hatte er mich gebeten, Edward den Treueid zu leisten. Ich dachte mit Bitterkeit darüber nach, dass meine Weigerung Alfred nicht davon abgebracht hatte, mich aus der Entfernung weiter zu beeinflussen. Nun war ich hier, um für die Christen und für Edward zu kämpfen.
Schließlich kam der Ætheling in die Festung und ließ sein Erscheinen von Hörnerklängen ankündigen. Männer beugten die Knie, als er an ihnen vorbei zum Palas ritt, und ich sah ihn die Huldigung würdigen, indem er anmutig mit der Rechten winkte. Er wirkte jung und schmächtig. Ich erinnerte mich an Ragnars Frage, ob ich König von Wessex werden wolle, und da konnte ich nicht anders, als bitter aufzulachen. Finan sah mich neugierig von der Seite an. «Er Will uns im Palas sehen», sagte Steapa.
In dem großen Saal stank es. Die Diener hatten den Pferdemist beiseite geschaufelt und die meiste Binsenspreu hinausgeharkt. Davon ging ein saurer Pissegeruch aus, der noch immer im Saal stand. Überall surrten fette Fliegen. Einst hatte ich hier gefeiert, damals war der Saal von Feuern erhellt und von Gelächter erfüllt gewesen, und ich fragte mich, ob all diese prächtigen Feierhallen mit den hohen Balkendecken dem Verfall preisgegeben waren.
Es gab kein Podest, deshalb war Edwards Sitz auf einen großen Teppich gestellt worden. Daneben saß Æthelflæd auf einem Stuhl. Hinter dem Geschwisterpaar drängten sich dunkel gewandete Priester. Ich kannte keinen von ihnen, doch sie wussten offenbar, wer ich war, denn vier der sechs Kirchenmänner bekreuzigten sich, als ich mich dem behelfsmäßigen Thron näherte.
Steapa kniete vor dem Ætheling nieder, Finan verbeugte sich, und ich nickte knapp. Edward hatte offenkundig mit größerer Ehrerbietung gerechnet und wartete kurz ab, doch als ihm klar wurde, dass ich nicht bereit war, mehr Unterwürfigkeit zu zeigen, zwang er sich zu einem Lächeln. «Ihr habt gut gekämpft», sagte er mit seiner hohen Stimme. Weder Wärme noch Überzeugung lag darin.
Ich schlug Steapa auf den Rücken. «Steapa hat gut gekämpft, Herr», sagte ich.
«Er ist ein treuer Krieger und ein guter Christ», sagte Edward. Er deutete damit an, dass ich weder das eine noch das andere war.
«Und außerdem ist er eine unbarmherzige Bestie», sagte ich, «schon bei seinem Anblick scheißen sich die Dänen vor Angst in die Hose.»
Edward und die Priester zuckten zusammen, und Edward wollte mich gerade tadeln, als Æthelflæds Gelächter durch den Saal klang. Kurz zeigte sich Verärgerung auf Edwards Miene, doch dann nahm er sich zusammen. «Es tut mir leid, dass der Herr Ælfwold umgekommen ist», sagte er.
«Ich teile Euer Bedauern, Herr.»
«Mein Vater hat mich geschickt, um dieses Piratennest
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