Das brennende Land
auszunehmen.» Er sprach auf die gleiche Weise, in der er auf seinem Stuhl saß: steif. Er war sich seiner Jugend und seiner schwachen Stellung schrecklich bewusst, aber er besaß, ebenso wie sein Vater, einen höchst scharfsinnigen Blick. Dennoch wirkte er in diesem Saal vollkommen verloren. Er fürchtete sich vor meinem blutbespritzten Gesicht, und ebenso fürchtete er die meisten der älteren Krieger, die schon Dänen getötet hatten, als er noch an den Brüsten seiner Amme gesaugt hatte. «Die Frage ist nur, wie.»
«Steapa kennt die Antwort schon», sagte ich.
Erleichterung zeigte sich auf Edwards Gesicht. Steapa dagegen sah beunruhigt aus. «Wir müssen den Graben durchqueren und die Palisade überklettern», sagte ich, «und wir können es nur bei Ebbe tun, und das wissen die Dänen. Außerdem wissen sie, dass wir schnell sein müssen.»
Stille breitete sich aus. Ich hatte das Offensichtliche ausgesprochen, und das enttäuschte Edward, aber was hatte er erwartet? Dass ich mit Hexenwerk und heidnischer Zauberkunst zu ihm kommen würde? Oder glaubte er, dass die himmlischen Heerscharen herniederfahren und die Dänen in ihrer Festung angreifen würden? Es gab nur zwei Wege, auf denen Beamfleot einzunehmen war. Der eine bestand darin, die Dänen auszuhungern, aber dafür hatten wir nicht genügend Zeit, und der andere bestand darin, die Palisade zu stürmen. Im Krieg liegt oft in der Einfachheit die richtige Antwort. Meistens ist sie sehr blutig, und alle Männer im Saal wussten das. Sie sahen mich vorwurfsvoll an. Offenbar malten sie sich die Schrecken aus, die es bedeutete, eine hohe, mit blutdürstigen Dänen bemannte Palisade zu erklettern. «Und daher haben wir keine Zeit zu verlieren. Weohstan», ich wandte mich zu ihm um, «Eure Männer werden die Marschen bewachen, um die Boten abzufangen, die aus der Festung kommen. Beornoth, du nimmst die Männer von Herrn Ælfwold und bedrohst die Wachschiffe am Ende des Wasserlaufs. Ihr, Herr», ich sah Edward in die Augen, «Eure Männer müssen anfangen, Leitern zu bauen, und Ihr», ich deutete mit dem Finger auf die sechs Priester, «zu was seid Ihr nütze?»
Edward starrte mich entsetzt an, und die Priester machten gekränkte Gesichter. «Könnten sie nicht beten, Herr Uhtred?», schlug Æthelflæd mit süßer Stimme vor.
«Dann betet so inbrünstig wie noch nie!», entgegnete ich.
Erneut schwiegen alle. Die Männer erwarteten einen Kriegsrat. Edward, der dem Namen nach den Vorsitz innehatte, hätte gern den Eindruck erweckt, dass er es war, der die Entscheidungen traf, doch wir hatten keine Zeit zum Streiten. «Leitern», sagte Edward schließlich verwirrt.
«Darauf steigen wir an der Palisade hoch», sagte ich wild. «Wir brauchen mindestens vierzig.»
Edward blinzelte. Man konnte ihm ansehen, dass er überlegte, ob er mich niederschlagen sollte, doch dann entschied er offenbar, dass der Sieg bei Beamfleot wichtiger war. Er brachte sogar ein Lächeln zuwege. «Sie werden gebaut werden», erklärte er huldvoll.
«Danach müssen wir nichts weiter tun», sagte ich, «als den Graben zu überqueren und die Leitern anzulegen, um über die Palisade zu kommen.» Edwards Lächeln erstarb.
Denn sogar er verstand, dass dabei Männer sterben würden. Zu viele Männer.
Aber es gab keinen anderen Weg.
Die erste Schwierigkeit bestand darin, den Graben zu überqueren. Deshalb ritt ich am nächsten Tag nordwärts. Ich befürchtete, dass Haesten seine Männer zurückbringen würde, um uns anzugreifen. Also schickten wir starke Erkundungsverbände nach Westen und Osten, die nach der zurückkehrenden Armee Ausschau hielten. Doch Haesten kehrte nicht zurück. Offenbar vertraute er so sehr auf Beamfleots Stärke und den Mut seiner Bemannung, dass er, statt uns zu bekämpfen, seine Plünderer immer tiefer nach Mercien hineinschickte. Sie griffen unbefestigte Städte und Dörfer an, die sich in der Nähe der westsächsischen Grenze sicher geglaubt hatten. Den Himmel über Mercien verdunkelten dichte Rauchwolken.
Ich ritt nach Thunresleam und suchte Heahberht den Priester. Ich erklärte ihm, was ich wollte, und Osferth, der die achtzehn Männer anführte, die mich begleiteten, gab dem Priester ein Pferd, das wir für ihn mitgebracht hatten. «Ich werde herunterfallen, Herr», sagte Heahberht ängstlich und starrte mit seinem einzigen Auge zu dem gewaltigen Hengst hinauf.
«Es wird Euch nichts geschehen», sagte ich. «Haltet Euch einfach nur fest. Das Pferd
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