Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
sich an meine Schwerthand hängte und laut zu seinem Gott betete. Auch er weinte. Gisela mochte eine Heidin gewesen sein, doch Beocca hatte sie geliebt. Bischof Asser, der mich hasste, sagte dennoch einige freundliche Worte zu mir, während Bruder Godwin, der blinde Mönch, der Gott belauschte, so lange laute, klagende Töne von sich gab, bis Asser ihn wegführte. Später an diesem Tag brachte mir Finan einen Krug Met und sang seine traurigen irischen Weisen, bis ich zu betrunken war, um auch nur irgendeinen klaren Gedanken zu fassen. Er war der Einzige, der mich an diesem Tag weinen sah. Er hat niemandem davon erzählt.
    «Wir sind nach Lundene zurückbefohlen», erklärte Finan am nächsten Morgen. Ich nickte nur. Die Welt war    mir gleichgültig geworden. Nichts war mehr wichtig. «Der König kehrt heute nach Wintanceaster zurück», fuhr er fort, «und die Herren Æthelred und Edward sollen Harald verfolgen.»
    Der schwerverwundete Harald war von den Männern, die von seiner Kampftruppe übrig geblieben waren, weiter nördlich über die Temes gebracht worden. Vor Schmerzen unfähig, den Weg fortzusetzen, hatte er ihnen dort befohlen, eine Zuflucht zu suchen. Sie hatten sie in einer dornenüberwucherten Insel gefunden, die den naheliegenden Namen Torneie trug. Die Insel lag im Fluss Colne, nicht weit von seiner Mündung in die Temes, und Haralds Männer befestigten Torneie, indem sie zunächst einen hohen Wall aus Dornbüschen und dann ein Erdwerk anlegten. Herr Æthelred und der Ætheling Edward folgten ihnen bis dorthin und belagerten die Insel. Alfreds Haustruppen, unter Steapas Befehl, wandten sich ostwärts nach Cent, vertrieben die letzten von Haralds Männern und gewannen gewaltige Mengen an Beute zurück. Fearnhamme war ein überwältigender Sieg gewesen, und Harald, der Feind, saß auf einer Insel voller Fiebermücken fest. Der Rest seiner Männer flüchtete auf ihren Booten.
    Doch viele von ihnen schl ossen sich Haesten an, der immer noch an der Nordküste Cents lagerte.
    Und ich war in Lundene. Noch immer treten mir die Tränen in die Augen, wenn ich an den Augenblick denke, in dem mir meine Tochter Stiorra zur Begrüßung entgegenlief, meine kleine, mutterlose Tochter, die sich an mich klammerte und mich nie mehr loslassen wollte und die weinte, ebenso wie ich weinte, und die ich festhielt, als sei sie das Einzige, was mich jetzt noch am Leben halten konnte. Osbert, der Jüngste, hatte sich schluchzend in die    Arme seiner Amme geflüchtet. Uhtred, mein ältester Sohn, mochte zwar auch geweint haben, doch er tat es niemals vor mir, und das war kein Zeichen für bewunderungswürdige Selbstbeherrschung, sondern eher ein Zeichen dafür, dass er sich vor mir fürchtete. Er war ein ängstliches, mäkeliges Kind, und damit verdross er mich. Ich bestand darauf, dass er den Schwertkampf erlernte, doch er hatte keine Begabung für die Klinge, und als ich ihn auf dem
Seolferwulf
mitnahm, zeigte er ebenfalls keinerlei Begeisterung für Schiffe oder die See.
    Er war mit mir an Bord des
Seolferwulfs,
als ich Haesten das nächste Mal begegnete. Wir hatten noch bei Dunkelheit in Lundene abgelegt und uns den Weg flussabwärts mit Hilfe des Gezeitenstandes und eines bleichen Mondes gesucht. Alfred hatte ein Gesetz erlassen, denn er liebte es, Gesetze zu erlassen, und dieses Gesetz besagte, dass die Söhne von Aldermännern und Thegns zur Schule gehen mussten. Doch ich verweigerte meine Erlaubnis, als auch Uhtred der Jüngere in die Schule gehen sollte, die Bischof Erkenwald in Lundene eingerichtet hatte. Es kümmerte mich nicht, ob er lesen und schreiben lernte, denn diese beiden Fähigkeiten werden stark überbewertet, was mich jedoch sehr wohl kümmerte, war, dass mein Sohn den Predigten des Bischofs ausgesetzt werden sollte. Erkenwald bestand darauf, dass ich den Jungen zur Schule schickte, doch ich erklärte, Lundene gehöre eigentlich zu Mercien, was zu jener Zeit auch stimmte, und dass Alfreds Gesetze daher für mich nicht galten. Der Bischof funkelte mich wütend an, doch Uhtreds Schulbesuch konnte er nicht erzwingen. Ich zog es vor, meinen Sohn zum Krieger zu erziehen. An diesem Tag auf dem
Seolferwulf
hatte ich ihn in eine Lederjacke gesteckt und ihm einen Schwertgürtel    für Kinder umgelegt, damit er sich daran gewöhnte, eine Kampfausrüstung zu tragen. Doch statt stolz zu sein, sah er nur verlegen aus. «Nimm die Schultern zurück», knurrte ich. «Steh gerade. Du bist kein

Weitere Kostenlose Bücher