Das brennende Land
Schwertgürtel aufgenäht waren. «Euer Sohn, Herr?», fragte er.
«Mein Sohn», sagte ich. «Uhtred.»
«Ein beeindruckender Knabe», log er.
«Uhtred», rief ich. «Komm her!»
Er näherte sich zögernd, und sein scheuer Blick zuckte von links nach rechts, als erwarte er einen Angriff. «Das ist der
Jarl
Haesten, ein Däne. Eines Tages töte ich ihn, oder er tötet mich», erklärte ich. Haesten gluckste in sich hinein, doch mein Sohn starrte nur aufs Deck. «Wenn er mich tötet», fuhr ich fort, «ist es deine Pflicht, ihn zu töten.»
Haesten wartete auf eine Erwiderung Uhtreds des Jüngeren, doch der Junge sah nur verlegen zur Seite. Haesten grinste boshaft. «Und mein Sohn, Herr Uhtred?», fragte er unschuldsvoll. «Er gedeiht, hoffe ich, als Eure Geisel.»
«Ich habe den kleinen Bastard schon vor Monaten ersäuft.»
Haesten lachte über diese Lüge. «Es gab ohnehin keine Notwendigkeit, Geiseln zu verlangen. Ich werde unsere Vereinbarung einhalten. Das wird Pater Willibald bestätigen.» Er machte eine Handbewegung in Richtung des
Drachenfahrers.
«Ich wollte Pater Willibald mit einem Brief nach Lundene schicken», fuhr er fort. «Wollt Ihr ihn vielleicht selbst mitnehmen, Herr?»
«Nur Pater Willibald? Habe ich dir nicht zwei Priester gebracht?»
«Der andere ist gestorben», sagte Haesten unbekümmert, «nachdem er zu viel Aal gegessen hatte. Nehmt Ihr Willibald nun mit?»
«Gewiss», sagte ich und warf einen Blick auf die Flotte, die sich weiter nordwärts bewegte. «Wohin gehst du?»
«Nach Norden. Ostanglien. Irgendwohin. Nicht nach Wessex.»
Er wollte mir sein Ziel nicht verraten, aber es war klar, dass er seine Schiffe nach Beamfleot brachte. Wir hatten dort fünf Jahre zuvor gegeneinander gekämpft, und Haesten verband sicher schlechte Erinnerungen mit diesem Ort, aber Beamfleot, das im Mündungstrichter der Temes am nördlichen Ufer lag, bot zwei unüberschätzbare Vorteile: Der erste war der Wasserlauf namens Hothlege, der hinter der Insel von Caninga verlief. Dieser Wasserlauf konnte dreihundert Schiffen Schutz bieten. Darüber, hoch oben auf einem grünen Hügel, lag die alte Festung. Es war ein sehr sicherer Ort, viel sicherer als das Lager, das Haesten an der Küste von Cent errichtet hatte und das allein dem Zweck dienen sollte, Alfred für Haestens Abzug bezahlen zu lassen. Und jetzt zog er tatsächlich ab, aber nur, um an einem Ort zu lagern, von dem aus er eine noch viel größere Bedrohung für Wessex war. In Beamfleot würde er eine nahezu uneinnehmbare Festung haben und dennoch nahe genug an Lundene und Wessex sein, um jederzeit einen schnellen Angriff durchführen zu können. Haesten war eine Schlange.
Pater Willibald jedoch war ganz anderer Auffassung. Wir mussten die beiden Schiffe so nahe aneinanderbringen, dass sie sich berührten, bevor der Priester von dem einen auf das andere klettern konnte. Schließlich fiel er unbeholfen der Länge nach auf das Deck unseres Schiffes und verabschiedete sich freundlich von Haesten, der mir noch einmal zugrinste, bevor er mit einem Satz zurück an Bord des
Drachenfahrers
sprang.
Auf Pater Willibalds Gesicht malten sich widerstreitende Gefühle. Im einen Moment war seine Miene betrübt, im nächsten hellte sie sich freudig auf. Er zappelte ungeduldig und suchte für beide Stimmungen nach den rechten Worten. Die Betrübtheit gewann. «Herr», sagte er, «sagt mir, dass es nicht wahr ist.»
«Es ist wahr, Pater.»
«Guter Gott!» Er schüttelte den Kopf und bekreuzigte sich. «Ich werde für ihre Seele beten, Herr. Ich werde jeden Abend für ihre Seele beten und für die Seelen Eurer Kinder.» Seine Stimme versiegte unter meinem finsteren Blick, doch dann gewann seine Freude die Oberhand. «Es gibt unfassbare Neuigkeiten, Herr! Ich bringe wahrhaft unfassbare Neuigkeiten!» Dann verlor er den Mut angesichts meiner Miene und bückte sich nach dem elenden Bündel mit seinen Habseligkeiten, das man ihm vom
Drachenfahrer
hinterhergeworfen hatte. «Was für Neuigkeiten?», fragte ich.
«Der
Jarl
Haesten», sagte Willibald eifrig. «Er erbittet für seine Frau und seine beiden Söhne die Taufe, Herr!» Er strahlte mich an, als erwarte er, dass ich seine Freude teilte.
«Er erbittet was?», fragte ich fassungslos.
«Er erbittet die Taufe für seine Familie! Ich habe den Brief für ihn geschrieben. Er ist an unseren König gerichtet! Es scheint, als trügen unsere Predigten Früchte, Herr. Die Frau des
Jarls,
Gott segne
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