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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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kapriziös und voller Boshaftigkeit, und der boshafteste    von ihnen ist Loki. «Und was rät dir Loki jetzt?», fragte ich schroff. «Mich zu unterwerfen.»
    «Ich brauche dich nicht. Also spring. Schwimm. Geh. Verhungre.» «Es ist nicht mein Schicksal», sagte sie erneut. Ihre Stimme war so dumpf, als wäre alles Leben aus ihr gewichen. «Und wenn ich dich stoße?»
    «Das werdet Ihr nicht», sagte sie voller Überzeugung, und sie hatte recht. Ich ließ sie im Bug stehen, als wir das Schiff wendeten und uns von der schnellen Strömung zurück auf die Temes und nach Lundene tragen ließen. An diesem Abend sperrte ich sie nicht mehr in den Vorratsraum ein, der als ihr Gefängnis gedient hatte. Ich erklärte Finan, dass sie von niemandem angerührt oder festgehalten werden dürfe, ich erklärte ihm, dass sie frei war, und am nächsten Morgen saß sie immer noch in meinem Hof, auf den Boden gekauert, und beobachtete mich wortlos.
    Sie wurde zu einer meiner Küchensklavinnen. Die anderen Sklaven und Diener fürchteten sich vor ihr. Sie war schweigsam und wirkte elend, so als habe sie alle Kraft verlassen. Die meisten Angehörigen meines Hausstandes waren Christen, und sie bekreuzigten sich, wenn ihnen Skade über den Weg lief, doch mein Befehl, dass sie nicht belästigt werden durfte, wurde befolgt. Sie hätte jederzeit gehen können, doch sie blieb. Sie hätte uns vergiften können, doch niemand wurde krank.
    Der Herbst brachte feuchtkalten Wind. Gesandte trugen die Nachricht in die Länder überm Meer und in die walisischen Königreiche, dass sich Haestens Familie taufen lassen würde, und luden Abordnungen ein, an der Zeremonie teilzunehmen. Alfred betrachtete Haestens Bereitschaft,    seine Frau und seine Söhne dem Christentum zu opfern, offenbar als mindestens ebenso großen Erfolg wie den Sieg von Fearnhamme, und er befahl, dass die Straßen von Lundene mit Bannern geschmückt werden sollten, um die Dänen willkommen zu heißen. Alfred selbst kam an einem Spätnachmittag bei strömendem Regen in die Stadt. Er eilte in Bischof Erkenwalds Palas, der neben der wiedererrichteten Kirche auf der Spitze des Hügels lag. An diesem Abend wurde ein Erntedankgottesdienst abgehalten, den zu besuchen ich mich weigerte.
    Am nächsten Morgen nahm ich meine drei Kinder mit in den Bischofspalas. Æthelred und Æthelflæd, die bei wichtigen Zeremonien vorgaben, eine glückliche Ehe zu führen, waren ebenfalls nach Lundene gekommen, und Æthelflæd hatte angeboten, dass meine Kinder mit ihrer Tochter spielen konnten. «Bedeutet das, dass Ihr nicht in die Kirche geht?», fragte ich.
    Sie lächelte. «Ich werde ganz gewiss in die Kirche gehen, wenn Haesten kommt.» Jede Kirchenglocke der Stadt läutete, weil die Ankunft der Dänen erwartet wurde, und Menschen drängten sich in den Straßen, obwohl der scharfe Ostwind kalten Regen durch die Stadt peitschte.
    «Er wird kommen», sagte ich.
    «Das weißt du so genau?»
    «Sie sind in der Morgendämmerung aufgebrochen.» Ich hatte Beobachter an der Temes aufgestellt, und die Leuchtfeuer waren beim ersten Tageslicht entzündet worden, um anzuzeigen, dass Schiffe aus dem Wasserlauf von Beamfleot ausliefen und stromaufwärts näher kamen.
    «Er tut es nur», sagte Æthelflæd, «damit mein Vater ihn nicht angreift.» «Er ist ein verschlagener Earsling.»
    «Er will Ostanglien. Eohric ist ein schwacher König, und Haesten will seine Krone.»
    «Vielleicht», sagte ich zweifelnd, «aber noch lieber will er Wessex.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Mein Gemahl hat einen Gewährsmann in seinem Lager, der sicher ist, dass Haesten einen Angriff auf Grantaceaster plant.»
    Grantaceaster war die Hauptstadt des neuen dänischen Königs von Ostanglien, und ein siegreicher Angriff konnte Haesten den Thron dieses Königreiches verschaffen. Er war ganz gewiss auf einen Thron aus, und alle Berichte stimmten darin überein, dass Eohric ein schwacher Herrscher war. Aber Alfred hatte ein Abkommen mit Eohrics Vorgänger Guthrum geschlossen, das besagte, dass Wessex sich nicht in ostanglische Angelegenheiten einmischen würde. Wenn also Haesten darauf aus war, diesen Thron an sich zu reißen, warum sollte er es dann für notwendig halten, Alfred günstig zu stimmen? In Wahrheit wollte Haesten natürlich Wessex, doch Fearnhamme hatte ihn vermutlich davon überzeugt, dass dieser ehrgeizige Wunsch kaum zu erfüllen war. Dann fiel mir ein, dass es noch einen weiteren unbesetzten Thron gab, und mit einem Mal

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