Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
Ägypten mit seinem Suez-Kanal. Nach dem Ersten Weltkrieg kamen noch Palästina, der Irak und Transjordanien als Mandatsgebiete hinzu, die unter geopolitischen Gesichtspunkten ebenfalls die Verbindung nach Indien sichern sollten.
(3) In Westafrika: Sierra Leone, Gambia, Goldküste, British Nigeria, zu dem 1919 der Ostteil der ehemaligen deutschen Kolonie Kamerun geschlagen wurde. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Kolonien gründete auf dem Export typisch tropischer Produkte wie Palmöl, Hölzer, Kakao, Baumwolle und Erdnüsse. Wegen der klimatischen Bedingungen fanden sich hier kaum europäische Siedler.
(4) In Zentralafrika: Süd- und Nordrhodesien sowie Njassaland. Von Bedeutung war hier vor allem, daß sich in Südrhodesien eine dünne Oberschicht weißer Siedler mehr als 50 % des besten Ackerlandes der Region aneignete und eine profitable Plantagenwirtschaft betrieb.
(5) Ostafrika: Uganda, Kenia, Britisch-Somaliland, der ägyptische Sudan sowie nach 1918 Tanganyika (ehemals Deutsch-Ostafrika) waren ebenfalls kaum ökonomisch, wohl aber strategisch bedeutsam.
(6) Gleiches galt für eine Reihe maritimer Stationen zwischen Ostafrika und dem indischen Subkontinent: Aden, Mauritius, die Inselgruppen der Malediven, der Seychellen sowie Ceylon. Die Einrichtung von Protektoraten im Bereich des Persischen Golfs (Kuweit, Qatar, Bahrain) stand im Zusammenhang mit der Entdeckung riesiger Erdöllager in dieser Region.
(7) In Ostasien: Burma, Malaya, Singapur, Nordborneo und Hongkong dienten ursprünglich der Sicherung der indischen Ostgrenze sowie des Handelsweges nach China. Darüber hinaus konnten Burma und Malaya reiche Vorkommen an Erdöl, Zinn und Kautschuk sowie Tropenhölzern vorweisen.
(8) Inselgruppen im Pazifik wie die Salomon Inseln, Tonga, die Cook- und die Fidschi-Inseln dienten z.T. der seestrategischen Absicherung des australischen Kontinents, waren aber auch dem Empire eingegliedert worden, um anderen europäischen Konkurrenten in dieser Region zuvorzukommen, wie z.B. Neuguinea im Wettlauf mit dem Deutschen Reich.
Der territorialen Vielfalt dieses britischen Kolonialreichs entsprach die Vielgestaltigkeit der Organisationsformen kolonialer Herrschaft, wobei sich die Gruppen der Kronkolonien, der Protektorate und später, nach dem Ersten Weltkrieg, auch die der Mandatsgebiete unterscheiden lassen. Wie das Empire als Ganzes keine einheitliche politische Struktur besaß, so galt gleiches für den Bereich der abhängigen Kolonien: Auch hier existierte kein homogenes administratives System, denn im Gegensatz zu den Kolonialreichen der Spanier und Franzosen hatten die Briten darauf verzichtet, ihre überseeischen Besitzungen einer direkten, zentralistisch ausgerichteten Verwaltung zu unterstellen.
Bereits in der Ära des älteren Empire waren die Zuständigkeiten für die Kolonien innerhalb der Londoner Regierung nicht eindeutig zugeordnet, und dabei blieb es auch im 19. Jahrhundert. Während die entsprechenden Gesetze von 1784 und 1853 die Organisation der Herrschaft in Indien geregelt hatten, war nach dem Verlust der amerikanischen Besitzungen für die restlichen Kolonien zunächst das Innenministerium und später das Kriegsministerium zuständig. Erst 1854 richtete man ein eigenes Kolonialministerium ein, dessen Bedeutung gegen Ende des Jahrhunderts dadurch aufgewertet wurde, daß einflußreiche Politiker wie Joseph Chamberlain sich demonstrativ dafür entschieden, dieses Amt zu übernehmen. Dennoch blieb es eine kleine Behörde, die um 1900 lediglich zwanzig Beamte und neunzig weitere Angestellte beschäftigte, die den jährlichen Eingang von über 40.000 Depeschen aus den Kolonien zu bewältigen hatten. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, d.h. am Vorabend der Auflösung des Kolonialreiches, war der Personalbestand des Ministeriums auf den Höchststand von 1661 Mitarbeitern angestiegen. Zudem war, als man sich nach dem Ersten Weltkrieg darum bemühte, die Beziehungen zu den weißen Siedlungskolonien im Verband des Commonwealth neu und dauerhaft zu organisieren, 1925 aus dem Kolonialministerium ein eigenes Dominions Office ausgegliedert worden.
Das Rechtsverhältnis zwischen Metropole und Kolonien wurde zusätzlich dadurch kompliziert, daß im späten 19. Jahrhundert in der Phase der forcierten imperialistischen Expansion die alte Praxis der Chartered Companies wiederbelebt wurde. Ähnlich wie in der Frühphase des Empire, lagen damit die Initiativen und die Verantwortung für die Einrichtung neuer
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