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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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Regierungen wie die des Lord Salisbury, die eine imperialistische Empirepolitik verfolgten, die schließlich im Burenkrieg gipfelte.
    Für die Praxis hieß das, neben weiterer imperialer Expansion vor allem die Konsolidierung des bestehenden Reiches anzustreben. Zu diesem Zweck, nämlich mit dem Ziel einer effektiven föderalen Organisation des Reiches, wurde 1884 die Imperial Federation League gegründet. Sie machte sich die Forderung eines ihrer prominentesten Mitglieder, Sir Robert Seeleys, zu eigen, der eine engere Gemeinschaft mit den überseeischen Besitzungen auf die ‹weißen› Siedlungskolonien beschränken wollte. Denn so könne sich der Verbund auf bestehende nationale Gemeinsamkeiten gründen. Das Fernziel war es, eine symbiotische Verbindung mit den britischen Siedlungskolonien in Form eines ‹Greater Britain› zu schaffen, wie der Titel eines von dem liberalen Politiker und Publizisten Charles Dilke 1868 veröffentlichten Buches lautete.
    Doch solchen utopischen Plänen stand die Erfahrung des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges entgegen, die in England zu der überwiegenden Meinung geführt hatte, daß die großen Auswandererkolonien der ‹weißen›, speziell der britischen Siedler letztlich dazu berufen seien, ihre Geschicke selbst zu bestimmen. Dementsprechend waren vor 1914 Kanada, Australien, Neuseeland und schließlich auch die Südafrikanische Union mit der Einrichtung parlamentarischer Verfassungen als ‹Dominions› auf den Weg der politischen Selbständigkeit gebracht worden. Doch selbst wenn im Zuge dieser Entwicklung diese weißen Siedlungskolonien jetzt im Begriffe waren, ihre jeweils eigene Nationalität auszubilden, so hinderte dies die Verfechter einer imperialistischen Reichsreform nicht daran, danach zu streben, im Rahmen einer föderativen Struktur die Beziehungen zwischen London und seinen Dominions enger und effektiver zu gestalten.
    Dies war das erklärte Ziel Joseph Chamberlains (1836–1914), der um die Jahrhundertwende mit seinen Reformvorschlägen den politischen Diskurs in England maßgeblich bestimmte und dessen politischer Weggefährte Charles Dilke war. Chamberlain entstammte dem bürgerlichen Milieu und fand als erfolgreicher Unternehmer über das Amt des Bürgermeisters von Birmingham den Weg in die große Politik. Als Angehöriger der Liberalen Partei hatte er zunächst radikale Reformen im Bereich der Kommunalpolitik durchgesetzt und war unter Gladstone zum Handelsminister aufgestiegen. Als er durch dessen Irland-Politik den Zusammenhalt des Empire gefährdet sah, ging er als Führer der sogenannten Liberal Unionists mit den Konservativen ein Bündnis ein und übernahm 1895 unter dem Premier Lord Salisbury demonstrativ das bislang wenig angesehene Amt des Kolonialministers. Bis zu seinem Rücktritt 1903 übte er in dieser Funktion maßgeblichen Einfluß auf die Politik der Regierung aus und trat vor allem als entschiedener Befürworter des Krieges gegen die Burenrepubliken hervor. Stets verfolgte er als oberstes Ziel die Wahrung und Festigung der Einheit des Empire, dessen zivilisatorische Mission für ihn außer Frage stand und dessen Weltgeltung er wie der von ihm bewunderte Seeley durch den Aufstieg der neuen Großmächte gefährdet sah. Um dem entgegenzuwirken, strebte er als ersten Schritt eine engere Verbindung der Dominions und des Mutterlandes durch eine Zollunion und eine gemeinsam organisierte Verteidigung an. Als Vorbild diente ihm der Deutsche Zollverein, den er als Etappe auf dem Weg zum späteren politischen Zusammenschluß der deutschen Staaten im Deutschen Reich sah. Mit beiden Projekten stieß Chamberlain jedoch sowohl in den Dominions als auch in England auf letztlich unüberwindbare Widerstände.
    Mit seinen Vorschlägen für eine gemeinsame Verteidigung des Empire durch die Koordination und enge Kooperation der Seestreitkräfte Großbritanniens und der Dominions wollten Chamberlain und seine Mitstreiter vor allem dem Umstand Rechnung tragen, daß die bislang unangefochtene Vorrangstellung der britischen Seemacht durch die Rüstungspolitik der übrigen Großmächte ernsthaft in Frage gestellt war. 1897 war schließlich eine Situation entstanden, in der Großbritannien erstmals seit langem über weniger Schlachtschiffe verfügte (62) als die übrigen Großmächte zusammengenommen (97). Um dem zu begegnen, entwickelte die britische Admiralität ein neues strategisches Konzept. Bislang hatte sie die Praxis verfolgt, durch weltweit stationierte

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