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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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schließlich auch Südafrika in den Dominion-Status, durch den eine einseitige politische Führung der Metropole zunehmend durch freiwillige Gefolgschaft auf der Basis gemeinsamer Interessen und vor allem einer gemeinsamen Kultur ersetzt wurde. Was Edmund Burke in einer großen Rede vor dem Unterhaus am 22. März 1775 bereits angesichts der rebellierenden amerikanischen Kolonien gefordert hatte, nämlich die Einheit des Reiches durch Freiheit zu sichern, war nun weitgehend Wirklichkeit geworden. «Mein Mittel, die Kolonien festzuhalten, ist die enge Bindung, die aus gemeinsamem Namen, aus verwandtem Blut, aus ähnlichen Freiheitsrechten und aus gleichem Schutz hervorwächst», und es folgte die berühmte, oft zitierte Formel: «Dies sind Bande, die, obwohl sie so leicht wie die Luft sind, dennoch die Stärke von eisernen Fesseln besitzen. (These are ties which, though light as air, are strong as links of iron.)»[ 37 ] Diesem Grundsatz folgend war im 19. Jahrhundert bei der Neugestaltung der Beziehungen zwischen den Dominions und Großbritannien der Weg zur Formierung des Commonwealth beschritten, das in seinen Anfangsjahren den Fortbestand des Empire in veränderter Form zu gewährleisten schien.
    Doch mehr noch als sein Vorläufer, das merkantile Imperium des 18. Jahrhunderts, war das Empire des 19. Jahrhunderts ein vielfältiges Gebilde, innerhalb dessen die Dominions zwar eine wesentliche Rolle spielten, dessen Machtzentrum jedoch das direkt verwaltete Indien bildete und in dem Kolonien, Protektorate und später auch Mandatsgebiete über den gesamten Globus verteilt waren. Damit war auch dieses ‹jüngere Empire› nicht frei von Spannungen und Gegensätzen. Während man den Bund mit den weißen, vorwiegend britischen Siedlungskolonien auf die gemeinsame Herkunft und Kultur, vor allem aber auf das Band der gemeinsamen britischen ‹Rasse› gegründet sah, glaubte sich Großbritannien darüber hinaus auf Grund der spezifischen Eigenschaften dieser Rasse dazu berufen, Völker in Übersee durch seine Herrschaft auf eine höhere Stufe der Zivilisation zu führen. So sahen es zumindest die einflußreichen Repräsentanten des englischen Imperialismus. Wo Briten als Eroberer oder als ‹Schutzmacht› über fremde, vorwiegend außereuropäische Völker herrschten und daraus vielfältigen Nutzen zu ziehen verstanden, rechtfertigten sie dies damit, daß sie in der Pflicht stünden, den ‹Eingeborenen› die Segnungen britisch geprägter Zivilisation, und d.h. besonders britischer Verwaltung, zuteil werden zu lassen. Dementsprechend richteten sie in diesen Gebieten eine autokratische Kolonialherrschaft ein, statt die Grundlagen für ein System freiheitlicher Selbstbestimmung zu schaffen. Bereits Seeley hatte in seinen Reflexionen über Die Ausbreitung Englands darauf verwiesen, daß Großbritannien zwar in Australien die Demokratie eingerichtet habe, in Teilen Asiens aber eine despotische Herrschaft ausübe, daß es im Westen zu Recht als der Vorkämpfer der Freiheit gelte, im Osten jedoch als imperialistische Militärmacht herrsche.
    Auch das klassische Empire des 19. Jahrhunderts stand somit unter der Spannung von Freiheit und Autokratie, doch diese Konstellation ähnelte nur bedingt der Lage, in der sich das ältere Empire am Vorabend der amerikanischen Revolution befunden hatte. Der Unterschied bestand nicht nur in der Existenz der Dominions als Nukleus der Commonwealth-Alternative, sondern auch in dem strukturellen Unterschied zwischen dem Widerstandspotential der amerikanischen Kolonisten des späten 18. Jahrhunderts und der Situation der unterworfenen oder zumindest abhängigen indigenen Völker, die durch ein eindeutiges Machtgefälle zwischen Kolonialmacht und Beherrschten gekennzeichnet war. Außerdem wurde, besonders während der liberalen Periode zu Beginn des Jahrhunderts, koloniale Herrschaft wie etwa in Indien als notwendiges Instrument einer allgemeinen zivilisatorischen Aufgabe angesehen. Autokratie in Übersee diente so betrachtet keineswegs den Eigeninteressen der Metropole, sondern stand im Dienst von Englands welthistorischer Mission. Dies implizierte, daß die Kolonialherrschaft zeitlich begrenzt sein müsse und daß sie notwendig ende, sobald die Erziehung abgeschlossen sei, mit deren Hilfe der koloniale Zögling auf das Niveau britischer Kultur geführt werden solle. Doch selbst wenn dieses Rechtfertigungsargument niemals ganz aufgegeben wurde, wurde der Zeitpunkt für eine Entlassung in

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