Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
polnische Juden ins Land, und im August 1929 konnten britische Polizei und Militär nur mit Mühe den ersten gewaltsamen Konflikt größeren Ausmaßes beenden, dem 133 Juden und 87 Araber zum Opfer fielen. Als bald darauf die Zahl der Juden, die inzwischen ihre eigene bewaffnete Streitkraft organisiert hatten, fast 30 % der Bevölkerung erreichte, forderten die Sprecher der Araber 1936 einen sofortigen Einwanderungsstop, und es kam abermals zu langanhaltenden gewalttätigen Aktionen, die auf beiden Seiten zahlreiche Opfer forderten. Nun wurde der britischen Regierung endgültig bewußt, daß sie angesichts der wachsenden Konfrontation zwischen den beiden Volksgruppen ihr Ziel, die Errichtung eines arabisch-jüdischen Staates, nicht werde erreichen können. Die politischen Führer beider Gruppen waren unter keinen Umständen bereit, in einer gemeinsamen gesetzgebenden Versammlung die weitere Zukunft eines gemeinsamen Staatswesens in Angriff zu nehmen. Daher schlugen die Briten 1937 auf der Basis eines Kommissionsberichts schließlich die Teilung des Landes vor; doch angesichts heftiger Reaktionen seitens der Araber mußte man diesen Plan rasch wieder fallen lassen. Gleichzeitig sahen sich die Briten außerstande, angesichts der massiv einsetzenden Judenverfolgung in Deutschland gerade jetzt arabischen Forderungen nachzugeben und die Zahl der jüdischen Einwanderer spürbar zu limitieren. Die Folge war, daß bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Zahl der Juden auf 450.000 anstieg, so daß sie nun ein Drittel der Bevölkerung Palästinas stellten.
1939 spitzte sich die Situation weiter zu. Angesichts der drohenden Kriegsgefahr suchte sich Großbritannien abermals der Solidarität der Araber zu versichern und nahm deswegen einen deutlichen Kurswechsel seiner Palästinapolitik vor. Jetzt erklärte London in aller Form, daß es in keinem Fall Ziel der britischen Politik sei, Palästina in einen jüdischen Staat zu verwandeln. Gleichzeitig ging man – ausgerechnet zu einer Zeit, als Hitlers Judenverfolgung in den Genozid mündete – daran, die Zahl der jüdischen Einwanderer drastisch zu begrenzen, was auf jüdischer Seite zu erbitterten Reaktionen führte und zugleich in den USA für erhebliche Irritationen sorgte. Doch die infolge des Krieges verstärkte Präsenz britischer Truppen in der Region verhinderte zunächst einen erneuten offenen Ausbruch des jüdisch-arabischen Konflikts.
Am Ende des Krieges hatte die britische Machtposition im Nahen Osten ihren Höhepunkt erreicht: In Nordafrika hielten britische Truppen die ehemals von Italien beanspruchten Gebiete besetzt, und Syrien wie auch große Teile des Iran standen zumindest vorübergehend unter britischer Kontrolle. Doch bereits unmittelbar nach Kriegsende stellte sich das Palästina-Problem abermals in unverminderter Schärfe: Die Araber lehnten nach wie vor jede Teilung des Landes kategorisch ab; dagegen bestanden die Zionisten weiterhin auf ihrem eigenen Staat und konnten sich darüber hinaus der Unterstützung der USA versichern, die 1945 darauf drangen, daß sofort 100.000 Juden ins Land gelassen würden. Die 1931 gegründete extremistische zionistische Organisation Irgun begann jetzt mit gezielten Terrorakten gegen die Briten zu operieren. Im Juli 1946 sprengte sie das im King David Hotel in Jerusalem stationierte Hauptquartier des britischen Militärs in die Luft. Und als im folgenden Jahr drei Mitglieder der Irgun durch ein britisches Militärtribunal zum Tode verurteilt wurden, nahmen jüdische Terroristen zwei britische Sergeanten gefangen, und als die Briten die Urteile vollstreckten, ermordeten sie ihrerseits ihre Gefangenen.
Auch die neue Labour-Regierung, die wie ihre Vorgängerin prinzipiell Palästina als britische Machtbasis im Vorderen Orient zu erhalten suchte, sah keine Möglichkeit, hier eine halbwegs friedliche Lösung herbeizuführen. Zudem drängte die britische Öffentlichkeit unter dem Eindruck der zunehmenden Gewalt auf einen Rückzug der Truppen. Vor allem angesichts der pro-jüdischen Haltung der USA sah Außenminister Bevin schließlich keine andere Möglichkeit, als im Februar 1947 die Verantwortung für das Mandatsgebiet an die UNO zurückzugeben. Als sich daraufhin die Vereinten Nationen für eine Teilung des Landes aussprachen, weigerte sich Großbritannien in Anbetracht des zu erwartenden Widerstands der Araber, diesen Plan durchzusetzen. Statt dessen zog es im Mai 1948 seine Truppen aus Palästina ab und überließ
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