Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
Hudson Bay, Neufundland und Neuschottland trat Frankreich ebenso ab wie seinen Anteil an der karibischen Insel St. Kitts. Noch bedeutsamer war der Erwerb des sogenannten Asiento. Dieser Begriff bezeichnete die zuvor von Spanien an Frankreich abgetretene Lizenz für den Import von afrikanischen Sklaven in den Monopolraum der spanischen Kolonien Lateinamerikas. Hinzu kam das Recht, einmal im Jahr ein Handelsschiff mit Waren nach Vera Cruz oder Puerto Belo entsenden zu dürfen und damit zumindest begrenzten Zugang zu dem ansonsten noch weitgehend abgeschotteten lateinamerikanischen Markt zu gewinnen.
Hatte bei den englisch-französischen Kriegen bis zum Frieden von Utrecht der kontinentale Aspekt im Vordergrund gestanden, so überwogen in den folgenden fünfzig Jahren eindeutig die kolonialen Interessen. Als 1739 die britische Regierung unter der Führung des langjährigen Premierministers Robert Walpole Spanien den Krieg erklärte, geschah dies unter dem starkem Druck einer britischen Öffentlichkeit, mit deren Hilfe eine einflußreiche Gruppe westindischer Plantagenbesitzer und im Karibikhandel engagierter Kaufleute ihre kommerziellen als nationale Interessen zu propagieren verstand. Als ihr Sprecher forderte der junge William Pitt, der später im Siebenjährigen Krieg das erste Empire auf den Gipfel seiner Macht führen sollte, im Parlament die Kriegserklärung an Spanien. Eine wohlinszenierte Kampagne, in der die Grausamkeiten spanischer Küstenwachen angeprangert wurden, gipfelte schließlich in dem bühnenreifen Auftritt des Kapitäns Robert Jenkins, der 1738 vor dem Unterhaus erschien, um sein in Brandy konserviertes und in einer Mahagonidose sorgsam aufbewahrtes Ohr vorzuweisen, das ihm seiner Schilderung zufolge 1731 die Spanier vor der kubanischen Küste abgeschnitten hatten, nachdem er zuvor an den Mast seines Schiffes gebunden worden war. Und demnach hieß der nun folgende Krieg im britischen Volksmund: ‹War of Jenkins’ Ear.›
In der Tat hatten sich die im Frieden von Utrecht den Engländern zugestandenen Handelsprivilegien als der Anlaß für kontinuierliche Streitigkeiten erwiesen. Nachdem britischen Händlern die Tür zur reichen Schatzkammer Südamerikas eine Spalt weit geöffnet worden war, suchten sie diese vollends aufzustoßen. Der im Asiento geregelte und für sich genommen nicht sonderlich ertragreiche Sklavenhandel diente zum Teil dem Schmuggel anderer, lukrativerer Waren. Und das jährlich zugelassene Handelsschiff wurde stets von ‹Versorgungsschiffen› begleitet, die ebenfalls Schmuggelware an Bord hatten und nachts die Bestände des regulären Frachters regelmäßig auffüllten. Die Spanier ihrerseits reagierten auf dergleichen ungesetzliche Handelspraktiken mit schikanösen Kontrollen, die oftmals nicht zwischen Schmugglern und regulären Handelsschiffen unterschieden und friedliche britische Schiffe schlichtweg konfiszierten. Dies wiederum nahm das englische Parlament zum Anlaß, den von ihm erklärten Handelskrieg als Krieg für das Recht auf freie Schiffahrt zu rechtfertigen.
Während in der Karibik um merkantile Interessen gestritten wurde, ging es in Nordamerika um Land. Hier führten die Expansionsbestrebungen der ansässigen Siedler immer häufiger zu Konflikten, die selbst in Zeiten des Friedens zwischen den europäischen Mächten in bewaffnete Auseinandersetzungen mündeten. Als etwa die Franzosen im Tal des Ohio eine Reihe von militärischen Stützpunkten errichteten, um die strategisch wichtige Verbindung zwischen ihren kanadischen Besitzungen und der Kolonie Louisiana zu sichern, ließ sich gleichzeitig eine Gruppe von einflußreichen Bodenspekulanten in Virginia 1748 einen königlichen Freibrief für Landerwerb im Ohiotal ausstellen. Und als daraufhin eine Expedition unter Führung des jungen virginischen Plantagenbesitzers und Landvermessers George Washington in Richtung des französischen Forts Duquesne marschierte, mußte sie 1754 vor überlegenen französischen Kräften kapitulieren.
Sowohl der Krieg in der Karibik als auch die nahezu kontinuierlichen Scharmützel mit den Franzosen in Nordamerika erlangten schon bald ihre europäische Dimension. Der Krieg um ‹Jenkins’ Ear› führte 1743 auf Grund der spanisch-französischen Allianz zu Großbritanniens offizieller Teilnahme am Österreichischen Erbfolgekrieg (1740–1748). Der von den amerikanischen Siedlern so benannte ‹French and Indian War› (1754–1763), der später den Stoff für J. F. Coopers
Weitere Kostenlose Bücher