Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
‹Lederstrumpf›-Romane lieferte, war die atlantische Variante des europäischen Siebenjährigen Krieges (1756–1763). Aus deutscher Sicht waren diese Auseinandersetzungen vor allem durch den preußisch-österreichischen Konflikt um Schlesien bestimmt, aus einer erweiterten Perspektive erweist sich allerdings der weltweit ausgetragene britisch-französische Gegensatz als die bestimmende Konstante im Wechselspiel der Allianzen jener Jahrzehnte.
Im Gegensatz zu dem vorangegangenen Spanischen Erbfolgekrieg lag für die Briten diesmal der Schwerpunkt des militärischen Engagements in Übersee. Schon seit geraumer Zeit standen sich nämlich in England zwei unterschiedliche strategische Konzepte gegenüber. Auf der einen Seite waren es die Verfechter einer Außenpolitik, die die Wahrung des europäischen Gleichgewichts durch enge Allianzen mit europäischen Partnern und – im Falle eines Krieges – den Einsatz britischer Truppen auf dem Kontinent sichern wollten; eine solche Politik hatten z.B. Wilhelm III. und nach ihm der Herzog von Malborough praktiziert. Gegen diese Kontinentalstrategie propagierten die Verfechter des Primats der Seekriegsführung die sog. ‹blue water-policy›, mit dem Ziel, durch maritime Aktionen und militärischen Einsatz in den Kolonien die britische Position in Übersee zu stärken. Sie bestimmten in der Mitte des 18. Jahrhunderts den Gang der britischen Außenpolitik, vertraten neben den Interessen des Handels vor allem die der konservativen kleinen Landedelleute und besaßen in William Pitt d. Ä. einen wortgewaltigen charismatischen Sprecher, der, als der Krieg mit einer Serie von militärischen Fehlschlägen begann, 1757 die Leitung der Kriegsführung übernahm und selbstbewußt verkündete: «I know that I can save this country, and I know that no other man can.»[ 17 ] In seinem weltumspannenden strategischen Konzept stand das überseeische Empire an erster Stelle, und dementsprechend war das Schwergewicht der militärischen Aktivitäten nach Amerika verlagert. Bald waren entscheidende Siege erfochten. 1758 fiel das wichtige Fort Duquesne, dessen Eroberung drei Jahre zuvor kläglich gescheitert war, in britische Hände, ein Jahr später mit Québec die Schlüsselposition für das Tal des St. Lorenz-Stroms, womit der Kampf um Kanada praktisch entschieden war. Zur gleichen Zeit triumphierten in Indien die Truppen und Verbündeten der East India Company unter der Führung Robert Clives über ihre französischen Gegner. All diese Siege fanden dann 1763 im Frieden von Paris ihren Niederschlag: Abgesehen von New Orleans und dessen Umland erhielt Großbritannien nun das gesamte nordamerikanische Festland östlich des Mississippi einschließlich Floridas, das von Spanien abgetreten wurde. Und obwohl Frankreich u.a. die zwischenzeitlich von den Briten eroberten reichen Zuckerinseln Martinique und Guadeloupe zurückerhielt, verlor es mit diesem Frieden sowohl im atlantischen wie auch im indischen Raum seinen Status als Kolonialmacht.
Wenn Großbritannien damit 1763 seinen bislang größten Sieg feiern konnte, der den einstweiligen Höhepunkt der Ausdehnung und Machtposition des Empire markierte, war dieser allerdings nicht ausschließlich der Hinwendung zur ‹blue water›-Strategie zuzuschreiben. Pitt wußte sehr wohl, daß der Krieg des auf den ersten Blick schwächeren England mit seinen knapp sechs Millionen Einwohnern gegen das mehr als doppelt so große Frankreich mit seinen damals 26 Millionen an zwei Fronten geführt werden mußte. Nur wenn die französischen Kräfte gleichzeitig auf dem Kontinent gebunden waren, konnte Großbritannien zur See und in Übersee die entscheidenden Erfolge verbuchen. Letztlich schlossen sich kontinentale und ‹blue water›-Strategie nicht aus, sondern ergänzten einander, denn nur wenn auf dem europäischen Kontinent das Gleichgewicht der Mächte herrschte, hatten die Briten den Rücken frei, um sich vorwiegend ihrem Empire zu widmen. Allerdings blieb das eigene direkte militärische Engagement auf Aktionen zur Sicherung Hannovers beschränkt, das als Stammland des Herrscherhauses mit England in Personalunion verbunden war. Ansonsten ließ man kämpfen, indem man nach bewährtem Muster weitere Gegner Frankreichs durch Subsidienzahlungen als Bundesgenossen gewann. Im Siebenjährigen Krieg war dies in erster Linie Preußen. Es gelang Pitt vier Jahre hindurch, das Londoner Parlament dazu zu bewegen, jährlich 675.000 Pfund für Zahlungen an Friedrich
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