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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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Kolonialministers Joseph Chamberlain. Er setzte dabei auf die große Zahl der britischen Uitlanders in Transvaal, die längst die Wirtschaft der Republik weitgehend kontrollierten, aber, obwohl zur Zahlung von Steuern verpflichtet, von der politischen Mitbestimmung ausgeschlossen blieben. Der Einmarsch einer kleinen Schar bewaffneter Freischärler unter der Führung von Rhodes’ Agenten Dr. Jameson am 29. Dezember 1895 sollte sie zum Aufstand provozieren.
    Das Unternehmen scheiterte kläglich, allerdings mit beträchtlicher politischer Resonanz. Das wilhelminische Deutschland bekundete in der berüchtigten Krüger-Depesche seines Kaisers dem Buren-Präsidenten demonstrativ seine Solidarität. Rhodes mußte als Ministerpräsident zurücktreten; in London geriet Chamberlain in beträchtliche Schwierigkeiten. Einer Union auf friedlicher Basis war nun erst recht der Weg verstellt. Statt dessen verstärkte Kruger die militärische Aufrüstung der Republik. Für Großbritannien stellte sich nun die Machtfrage, denn es sah sich in der Gefahr, als imperiale Weltmacht sein Gesicht zu verlieren. In Südafrika übernahm der zum Gouverneur der Kapkolonie und Hochkommissar von Südafrika ernannte Alfred Milner die Führung der Politik. Als ebenso entschlossener Imperialist wie Rhodes knüpfte er nahtlos an dessen strategische Ziele an. Gemeinsam mit Chamberlain suchte er bewußt den militärischen Konflikt mit den Buren. Auch ihm diente die Situation der Uitlanders in Transvaal, die im Gegensatz zu den in der Kapkolonie lebenden Buren keine politische Gleichberechtigung genossen, als Argument für eine ständige Eskalation letztlich unannehmbarer Forderungen. Wie so oft provozierte auch hier der wahre Aggressor sein Opfer zu einem verzweifelten Präventivschlag: Am 9. Oktober 1899 kam Präsident Kruger den Briten mit seinem Ultimatum zuvor – der Kampf um die Vorherrschaft in Südafrika hatte begonnen.
    Angesichts der Kräfteverhältnisse konnte dieser Krieg nur mit einer Niederlage der Buren enden. Doch wer auf britischer Seite mit einem raschen, leichten Sieg nach dem üblichen Muster der Kolonialkriege des 19. Jahrhunderts rechnete, sah sich alsbald getäuscht. Die Kämpfe dauerten fast drei Jahre, und statt der ursprünglich veranschlagten 75.000 Mann kamen auf britischer Seite 450.000 Soldaten aus dem gesamten Empire zum Einsatz, denen lediglich ca. 60.000 Buren gegenüberstanden. Am Schluß beliefen sich die Kosten für die Briten auf 230 Mio. Pfund, ihre Verluste auf 22.000 Soldaten, von denen die Mehrzahl, wie schon im Krimkrieg, grassierenden Krankheiten zum Opfer fielen. Auf seiten der Buren zählte man ca. 34.000 Tote, von denen knapp 28.000, vorwiegend Frauen und vor allem Kinder, als Zivilgefangene in sogenannten ‹concentration camps› umkamen. Denn als die Buren angesichts ständig zunehmender militärischer Überlegenheit des Gegners zu einem erfolgreichen Guerilla-Krieg übergingen, begegnete die britische militärische Führung dem mit einer Politik der verbrannten Erde, in deren Vollzug ca. 30.000 burische Farmen niedergebrannt und deren Bewohner in großen Lagern interniert wurden, wo angesichts der unzureichenden Ernährung und der katastrophalen sanitären Verhältnisse 1901 die Sterberate auf über 30 % anstieg. Dies war nicht einer Politik des gezielten Genozids zuzuschreiben, aber die Folge einer rigorosen Kriegsführung, die Repressalien gegenüber der Zivilbevölkerung in ihre Strategie mit einbezog, ohne deren Folgen planerisch und verwaltungstechnisch bewältigen zu können. Erst als britische humanitäre und pazifistische Organisationen, mit der Pfarrerstochter Emily Hobhouse an der Spitze der Bewegung, sich für die armen Opfer einsetzten und in England eine Kampagne der moralischen Empörung entfachten, besserte sich die Situation in den Lagern – für viele allerdings viel zu spät.
    Der Friede von Vereeniging besiegelte schließlich das Schicksal der selbständigen Burenrepubliken, die nun als Kolonien der britischen Krone dem Empire eingegliedert wurden, ohne wie ihre Nachbarn, die Kapkolonie und Natal, das Recht auf politische Selbstbestimmung zu besitzen. Die Einrichtung einer politischen Union wurde vertagt, zumal Milner darauf setzte, daß in absehbarer Zukunft die britischen Siedler die Buren majorisieren würden. Allerdings ließ sich dieses Ziel nicht verwirklichen, denn Südafrika bildete nach wie vor kein attraktives Ziel für britische Auswanderer. Wenn es dennoch schon

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