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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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Invasion der Trecker in langanhaltende Kämpfe mit den dort ansässigen Stämmen mündete, die sich auf das Gebiet der Kapkolonie auszudehnen drohten. Andererseits entsprach es der Grundüberzeugung liberaler Kolonialpolitik, wegen der damit verbundenen Kosten und Verpflichtungen nach Möglichkeit auf weitere territoriale Expansion zu verzichten. Schließlich entschied man sich nach einigem Hin und Her in der Sand River Convention des Jahres 1852 dafür, sich künftig jeglicher Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Burenrepublik Transvaal zu enthalten, und zwei Jahre später erhielt der Orange Freistaat die gleiche Zusicherung. England verzichtete damit auf seine koloniale Oberherrschaft über die Buren um den Preis, künftig nicht mehr für deren militärische Verteidigung aufkommen zu müssen. Lediglich im Küstengebiet hatten die Briten 1843 mit Natal ein Territorium annektiert, das die Nordostflanke der Kapkolonie sichern sollte.
    Um die Jahrhundertmitte existierten somit statt einer britischen Kolonie in Südafrika vier Siedlungseinheiten. Zudem hatten sich die beiden Burenrepubliken geschriebene Verfassungen gegeben, die einerseits die Demokratie auf das Prinzip der Volkssouveränität gründeten, andererseits jedoch diese nur dem weißen Bevölkerungsteil zuerkannten und die schwarze Majorität durch die Errichtung einer unüberwindbaren Rassenschranke von jeglicher politischer Partizipation ausschlossen. «Das Volk wünscht keine Gleichstellung zwischen farbigen und weißen Einwohnern, weder in der Kirche noch im Staat», hieß es in der Verfassung von Transvaal. Auch in der erst kurz zuvor eingerichteten Kolonie Natal, wo nach dem Exodus der meisten Buren die britischen Einwanderer überwogen, herrschten ähnliche Verhältnisse. Denn die schwarzen Einheimischen bildeten zusammen mit den asiatischen Einwanderern die Mehrheit der Bevölkerung, und beide Gruppen blieben von der Beteiligung an der 1856 hier eingeführten Selbstverwaltung ausgeschlossen. Anders hingegen in der Kapkolonie, wo die 1852 eingeführte Repräsentativverfassung zwar das Wahlrecht durch einen Zensus, aber bis zum Jahre 1951 nicht durch eine Rassenschranke eingrenzte.
    Angesichts dieser Gemengelage von Siedlungseinheiten, die in ihrer demographischen Zusammensetzung und ihrer politisch-gesellschaftlichen Struktur so gravierende Unterschiede aufwiesen, konnten auf Dauer keine stabilen Verhältnisse bestehen. Diese besondere Situation trug vielmehr dazu bei, daß gerade in Südafrika die britische Empire-Politik durch häufige und gelegentlich abrupte Kurswechsel gekennzeichnet war. Wenn sie dabei zwischen kolonialpolitischer Abstinenz und imperialer Expansion, zwischen militanter Aggression und einer Politik des friedfertigen Ausgleichs oszillierte, war dies allerdings nur in seltenen Fällen das Ergebnis in London gefaßter Kabinettsbeschlüsse oder gar einsamer Entscheidungen einzelner leitender Minister. Vielmehr waren auch hier die Wechselfälle der Politik das Ergebnis des Zusammenspiels einer ganzen Reihe von Faktoren. Dazu zählten – wie zumeist und fast überall im Empire – in erster Linie die Entscheidungen und Aktionen der ‹men on the spot›, der Gouverneure und Militärs der Kapkolonie, wenn sie kurzfristig auf situationstypische Entwicklungen reagierten. Das waren vor allem die nahezu ständigen Konflikte mit den kriegerischen schwarzafrikanischen Stämmen der Region und die fortwährenden Spannungen zwischen Buren und Engländern. Und später galt es, sich mit den Folgen der plötzlichen Entdeckung reicher Bodenschätze auseinanderzusetzen und auf die Bedrohung durch konkurrierende europäische Kolonialmächte zu reagieren, die in den südafrikanischen Raum einzudringen begannen.
    Als 1874 die Konservativen unter der Führung Disraelis in London das liberale Kabinett Gladstones ablösten, übernahm Lord Carnarvon das Kolonialministerium. Er hatte seinerzeit wesentlich zur Gründung der kanadischen Föderation beigetragen und hegte daher die Überzeugung, daß allein eine vergleichbare Union der südafrikanischen Kolonien und Republiken in Zukunft als unverzichtbarer Eckpfeiler für die Sicherheit und den Bestand des Britischen Empire dienen könne. Doch die politische Entwicklung vor Ort folgte ihren eigenen Gesetzen. Hier nahm der britische Regierungsagent den fortwährend schwelenden Konflikt zwischen den Buren und den kriegerischen Zulus, denen die bankrotte Republik Transvaal militärisch zu unterliegen

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