Das Buch Der 1000 Wunder
größer als der Ätna aufzutürmen. 12 000 Menschen kamen auf der Insel Sumbawa allein durch den Aschenregen um, und auf der mehr als 120 Kilometer davon entfernten Insel Lombock erlitten 40 000 weitere den Hungertod, weil die 60 Zentimeter mächtige Aschenschicht, von der dieses Eiland bedeckt wurde, die ganze Ernte vernichtet hatte.
Das Gedächtnis an diese »Schreckensnacht der Aschen« ist heute noch auf den Sundainseln lebendig.”
233. Die Glutwolken des Mont Pelée
Quelle: Dr. Hippolyt Haas: »Die vulkanischen Gewalten der Erde und ihre Erscheinungen«, 38. Bändchen der Sammlung »Wissenschaft und Bildung«. Verlag Quelle & Meyer, Leipzig, 1909. Z.
Zu den furchtbarsten Ereignissen, die je auf Erden sich zugetragen haben, gehört der Ausbruch der Glutwolken, die der Mont Pelée im Jahre 1902 auf das unglückliche St. Pierre , das Handelsemporium von Martinique, geschleudert hat. Der Vorgang sei hier mit den Worten von Professor Haas in seinem Buch »Vulkanische Gewalten« geschildert:
„St. Pierre ist eine blühende, etwa sechs Kilometer in der Luftweite vom Vulkan gelegene Stadt gewesen, die es durch den Export des auf Martinique erzeugten Zuckers und Rums zu großer Wohlhabenheit gebracht hatte, mit gut gebauten steinernen Häusern, schön angelegten Straßen und freien Plätzen, und mit vielen massiven öffentlichen Gebäuden, so der Kathedrale, dem Bischofspalast, der Bank, dem Rathaus, Justizpalast, Theater. Sie dehnte sich längs des Meerufers aus, umgeben von großen Gärten und Pflanzungen, in denen eine üppige Vegetation entfaltet war. Kurz vor seiner Vernichtung beherbergte St. Pierre laut den genauen Ergebnissen einer Volkszählung 26 011 Einwohner, und 4620 Menschen bewohnten den noch näher an dem Mont Pelée erbauten Ort Le Précheur.
Vor seiner letzten Eruption besaß der genannte Berg eine Höhe von 1351 Metern. In den Jahren 1792 und 1851 hatte er verhältnismäßig geringfügige Ausbrüche erlitten. Bereits im Jahre 1889 konnte man in seinem Gipfelkrater eine stärkere Entwicklung von Schwefelwasserstoffgasen beobachten, die zu Anfang des Jahres 1892 in Le Précheur sehr lästig wurden und sich auch bald darauf 326 in St. Pierre selbst unangenehm bemerkbar machten. Am 22. April brach das Fort de France, die Hauptstadt von Martinique, mit Guadeloupe verbindende Kabel entzwei, und am folgenden Tag wurde Le Précheur von einem leichten Erdbeben betroffen. Dann stieg zwei Tage darauf eine etwa 5 bis 600 Meter hohe Aschensäule aus dem Krater, die den genannten Ort mit einem starken Aschenregen bedeckte. Danach nahm sonderbarer Weise die Tätigkeit des Vulkans wieder ab, und zahlreiche Bewohner St. Pierres machten sogar einen Ausflug auf den Vulkan, um die Vorgänge im Krater zu beobachten, wo eben ein kleiner Aschenkegel in Bildung begriffen war.
Aber bereits wieder am 28. April ertönte starkes Donnern aus dem Innern des Bergs, dessen Leistungen bedeutend anwuchsen, während aus dem Krater dunkle, von Blitzen durchzuckte Aschenwolken aufstiegen. Trotz allem wurde die Bevölkerung kaum beunruhigt, weil von offizieller Seite aus versichert wurde, die Sache hätte nicht viel auf sich, und der ganze Ausbruch würde nicht viel schlimmer verlaufen als derjenige von 1851.
In der Nacht des 2. Mai ging ein starker Aschenregen auf St. Pierre nieder, und etwa die ganze Insel Martinique wurde von seinem Aschenstaub bedeckt. Auch diese Ereignisse übten keinerlei beängstigende Wirkungen auf die Bewohner aus, denn das alles hatte man ja auch schon 51 Jahre früher erlebt. Erst als in der Nacht vom 4. zum 5. Mai ein gewaltiger, siedend heißer Schlammstrom sich von den Flanken des Bergs mit rasender Geschwindigkeit herabwälzte, ein Fabrikgebäude zerstörte und 25 Menschenleben zum Opfer forderte, erschienen die Vorgänge, die sich eben am Mont Pelée abspielten, den Einwohnern von St. Pierre doch in etwas bedenklicherem Licht, zumal als sich im Verlauf der nächsten Tage diese Schlammströmungen wiederholten und zugleich mehrere Kabelbrüche gemeldet wurden. Die immer heftiger werdenden Aschenregen vernichteten die Vegetation von St. Pierre, und die Bäume fingen an, unter der Last der auf sie niederfallenden vulkanischen Auswurfsmassen zusammenzubrechen; feuriger Wiederschein stieg aus dem Krater empor, und große glutige Blöcke wurden daraus fortgeschleudert.
Nun erfaßte die Einwohner von St. Pierre doch eine ziemliche Panik, und verschiedene Leute verließen sogar die Stadt,
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