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Das Buch Der 1000 Wunder

Titel: Das Buch Der 1000 Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Artur Fuerst , Alexander Moszkowski
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Laut. Und sofort macht sich eine eigenartige Unruhe im Stock bemerkbar. Eine große Zahl der Bienen sammelt sich um die 83 alte Königin und fliegt plötzlich mit ihr aus. Die schwerfällige Königin setzt sich bald auf einen Ast nieder, und rings umher klammern sich in Traubenform dicht aneinander alle ausgeflogenen Bienen an. Der Imker fängt diese Schwarmtraube dann ein und birgt sie in einem neuen Stock. Die erstgeborene junge Königin kann im alten Reich also sofort wieder ein monarchisches Regiment antreten. Meistens fliegt aber auch sie nochmals mit einem Nachschwarm aus, um einer anderen jungen Königin das alte Reich zu überlassen. Die ferner dann noch auskriechenden Königinnen werden von den Arbeitsbienen getötet.
    Wenn die Bienen einen neuen Stock bezogen haben, so kriechen sie zunächst rückwärts aus dem Flugloch, um das Bild der Umgebung sich einzuprägen. Sie machen dann eine Anzahl kreisförmiger Orientierungsflüge, um schließlich pfeilgerade zu den Nahrungssammelstellen hinzufliegen. Ebenso verläßt jede junge Biene, wenn sie zum ersten Mal ausfliegt, den Stock rückwärts, orientiert sich kurz und kann dann bald von kilometerweiten Entfernungen her zu ihrem Stock zurückfinden. Über einen besonders eigenartigen Vorgang bei dieser Orientierung berichtet der folgende Abschnitt.

58. Biene und Geometrie
    Ein Bienenvolk schwärmt aus und ist sich bei der Rückkehr »in seinem dunkeln Drang des rechten Weges wohl bewußt«. Schiebt man aber während des Ausflugs den Bienenkorb um etwa einen Meter zurück, so läßt sich (nicht immer, indeß unter gewissen Bedingungen) folgendes beobachten: Die Bienen versammeln sich anstatt bei A', dem nunmehrigen Eingang, bei A'', d. h. bei einem Punkt in der Luft, der vom Korb einen Meter entfernt liegt. Sie suchen den » geometrischen Ort «, der bei den sonstigen Flügen direkt in den Korb leitete, nunmehr aber, nach der Verrückung, nicht mehr zum Ziel führt.

    Hieraus haben mehrere Forscher den Schluß gezogen, daß es den Bienen an Intelligenz fehle, ja daß sie, genau genommen, nicht einmal auf »Instinkt« Anspruch hätten. Denn es wäre töricht von ihnen, die Verschiebung nicht zu 84 bemerken und einen Punkt im Raum zu umschwärmen, der für sie jede praktische Bedeutung verloren habe.
    Richtiger wäre es, zu dem entgegengesetzten Schluß zu gelangen und das Experiment als einen Intelligenzbeweis gelten zu lassen. Die Biene orientiert sich im Raum und trägt in ihrem Bewußtsein ein genaues Abbild der Raumkoordinaten, bezogen auf die ihr zugängliche Naturumgebung. Wenn sie nach der Verschiebung des Korbs den Punkt A'' aufsucht, so handelt sie zwar für den Augenblick nicht zweckmäßig, aber exakt wissenschaftlich, als gute Mathematikerin, wie sie sich ja auch beim Bau der Zelle auf das ideale Sechseck versteht. Es ließe sich also höchstens behaupten, daß in diesem besonderen Fall die mathematische Beanlagung stärker in ihr wirkt als der Sinn für das augenblicklich Zweckmäßige.
    Man könnte ferner das Beispiel des Archimedes zitieren, der, anstatt sich zweckmäßig an einen anderen Ort zu verfügen, seine mathematischen Studien fortsetzte und sich mit dem Ausruf: »Störe mir meine Kreise nicht!« von dem Krieger des Marcellus niederstoßen ließ.

59. Im Reich der Ameisen
    Quelle: Dr. Franz Doflein: »Das Tier als Glied des Naturganzen«, zweiter Band des Werks: »Tierbau und Tierleben in ihrem Zusammenhang betrachtet«, von Dr. Richard Hesse und Dr. Franz Doflein. Verlag von B. G. Teubner, Leipzig und Berlin 1914.
    Aus dem unerschöpflichen Wunderfüllhorn der Natur sind über alle Wälder in Milliarden Exemplaren die Ameisen ausgeschüttet. Der Erforschung ihres Treibens haben nicht wenige Gelehrte ihre gesamte Lebensarbeit gewidmet, und so ist es gelungen, hinter eine große Zahl ihrer Geheimnisse zu kommen. Der Vorhang ist fortgezogen von einem Stück Leben, dessen Anblick uns zu ehrfürchtigem Staunen vor der Schöpferkraft der Natur nötigt, die in so unscheinbaren Tierleibern so viel Klugheit, Organisationstalent und mannigfache Charaktereigenschaften vereint hat.
    Im Gegensatz zum Bienenstaat (siehe Abschnitt 57) findet man in einer Ameisenkolonie meist mehrere Königinnen, d. h. fortpflanzungsfähige Weibchen. Von einem Alleinherrschertum ist also hier nicht die Rede. Aber genau wieder wie bei den Bienen gibt es im Ameisenhaufen die verkümmerten Weibchen als Arbeiterinnen und die faulen, zu keiner Tätigkeit tauglichen Männchen,

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