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Das Buch der Gleichnisse

Das Buch der Gleichnisse

Titel: Das Buch der Gleichnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Olov Enquist
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damit dem Schriftsteller Kipling, der ansonsten als größer angesehen wurde als Bernard Nordh, eine Rüge erteilte.
    Er las Kim dreimal, bevor das Buch weggeschlossen wurde, nach dem Betrug mit der falschen Krankheit (darüber später mehr). Danach noch zweimal. Später wurde der Band vielleicht verbrannt.
    Es gab viel Poesieverbrennung in diesem seinem Lebenslauf, wirklich.
    Kim handelte von einem kleinen Jungen, der zusammen mit einem indischen Lama, der nach Der Einsicht suchte, auf Wanderschaft war oder eher, um genau zu sein, ihm das Geleit gab. Wenn man zur Einsicht gelangte, würde man alles verstehen. Die Einsicht fand sich in etwas, das Das Rad der Dinge hieß. Und der alte Lama, der ging und den kleinen Jungen an der Hand hielt, es war bestimmt die rechte Hand, dieser Handhalter suchte nach Dem Fluss des Pfeils. Und darum herum waren englische Spione. Und der Lama ähnelte Kapitän Nemo, als dieser in seinen alten Tagen in der Mitte des Vulkans eingeschlossen war, ein Wohltäter, dem er später (ungebeten!) in einer Schrift gedankt hatte, die er verfasste, nachdem er aufgehört hatte zu schnapsen, genug jetzt.
    Genug jetzt. Seine manischen Wiederholungen übertönen beinahe die Rufe der Freunde am Ufer des Flusses.
    Aber der Lama war eigentümlich unbeholfen, es war meistens der Junge, der die Dinge in die Hand nahm und sie rettete. Und Gefahren lauerten überall. Aber sie hielten einander die ganze Zeit an der Hand, und am Ende senkte sich der Vater, also der Lama – er war kein richtiger Vater, denn dieser war mausetot, schon als der Junge ein halbes Jahr alt war – er senkte sich hinab in den Fluss des Pfeils. Und der war ungefähr so was wie der Bach, der durch das Hobelwerk rann, unterhalb des Grünen Hauses, von Sjön hinunter in den Burälven nahe beim Konsum, aber vor dem Zigeunerhaus. Und als der Lama sich in den Fluss des Pfeils hinabgesenkt hatte, verstand er plötzlich alles. Es gab nichts, was als Rest blieb.
    Das war das Große. Er war gleichsam ein Reisegefährte für den Jungen, der jedoch derjenige war, der den Gefährten stützte und Gefahren und Sorgen aus dem Weg räumte, als wäre Kim ein Vater und hielte auf der gesamten Wanderung den Lama an der Hand. Und am Ende senkte er sich hinab, und da verstanden sie beide.
    Das war Die Einsicht.
    Nemo und der Lama. Nicht ein Wort vom Erlöser in einer dieser Schriften! Wenige Jugendliche durften eine geborgenere Kindheit erleben.
    *
    Auf gewisse Art und Weise spürt er Zorn.
    Dieses Schweigen, dieses ausweichende Kopfschütteln, nein, niemand weiß, niemand will wissen, jetzt zu etwas ganz anderem, nein. Wenn nun der Vater so geheimnisvoll war, besonders was die körperliche Liebe betraf, und aus chronologischen und geistlichen Gründen keineswegs als schuldig am Unglück von Burmans ältester Tochter bezeichnet werden konnte (es war wohl Stefan!), meint das Kind jetzt zweifellos, dass es in Zukunft, wenn nur die Kraft da wäre!, dazu berechtigt ist, den Inhalt der neun verschwundenen Blätter zu rekonstruieren . Dies würde vielleicht zu einer grundlegenden Erklärung des Wesens der Liebe führen, zu der er selbst nicht taugte.
    Er spürt jedoch Zorn. Natürlich könnte er die Fotografien benutzen, wenn er sich so über den Nekrolog ärgerte. Aber nach dem Leichenfoto gab es ja keine Bilder mehr vom Vater. Die Bilder vorher waren einander auch seltsam ähnlich. Entweder zeigten sie die Stauermannschaft unten im Hafen von Bureå oder die strahlende und aufrechte Gestalt im Cheviotanzug. Wo waren die Fotografien, die den Verrückten! dokumentierten, den es, wie alle durchblicken ließen , auch gegeben hatte!
    Und der die Wurzelfasern zum Schriftsteller mit sich herumschleppte, oder auf jeden Fall zum Verkünder, im schlimmsten Fall zu einem, der das Zeug zum Prediger hat und in Johannelund da im Süden Richtung Stockholm seine Ausbildung macht.
    Er selbst befand sich jetzt an der Grenze , und die Zeit wurde knapp. Und schon in der Rede im Gemeindehaus, wo er wahr, doch allzu humoristisch über sein Leben Rechenschaft abgelegt hatte, eine Schilderung, die untadelig wahrheitsgemäß war bis zum Februar 1990 – schon dort hatte er das rätselhafte und überraschende Dunkel angedeutet. Das Unerklärliche am Ende der achtziger Jahre. Das eiskalte Dämmerungslicht, all das Tadelnswerte , das er hinter sich gelassen hatte, das aber plötzlich einem unerklärten schwarzen Nebel gleich aufstieg, der das Revidierte verdeckte, das jetzt noch

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