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Das Buch der Gleichnisse

Das Buch der Gleichnisse

Titel: Das Buch der Gleichnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Olov Enquist
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dreiundzwanzig, die nichts bekommen hatten. Es war genauer gesagt der Rest der Irren, hatte der Junge angemerkt. Die nichts bekamen waren Kontrolle. Gleichsam zu Nichts ausersehen . Und das war ja auch eine Aufgabe.
    Dann kam dieser Hass auf. Es war ein unbegreiflicher Hass bei denen, die das Wort Nichts entdeckt hatten.
    Wenn man genauer nachdachte, war es ja bemerkenswert, dass die Kontrolle nicht ständig aufbegehrte. Das war wohl eher ein politischer Gedanke, hatte der Junge angemerkt, und Lisbeth hatte ungeduldig gesagt, dass kein politischer Gedanke dahinterlag, der Kontrolle nichts zu geben.
    Und das ist ja wahr.
    Wenn er an den Jungen dachte, stellte er sich ihn zuweilen als einen Auserwählten vor.
    Selbst war er ja eigentlich auch auserwählt, es war in dem Jahr gewesen, als er die sechste Klasse der Volksschule absolviert hatte und im Normalfall anschließend seinen Platz unter der dröhnenden Rindentrommel in der Papiermassefabrik Bureå hätte einnehmen sollen, um die Rinde wegzukarren, was er schon zwei Sommer lang getan hatte.
    Es war nach und nach dazu gekommen, dass er das Leben unter der Rindentrommel als sein Schicksal betrachtete.
    Es war das einzige Leben, das es gab, in dem man den Höhepunkt seiner Karriere bestenfalls als Vorarbeiter eines Stauertrupps im Hafen erreichen konnte, was der Vater bestimmt anvisiert hatte, bevor er heimgerissen wurde; aber in dem Jahr, als er die Volksschule beendete, 1947, war durch das Eingreifen einer höheren Macht in Bureå eine Höhere Volksschule eingerichtet worden, wo die achtundzwanzig begabtesten Kinder des Kirchspiels noch vier Jahre Weiterbildung erhalten sollten und ihren Realschulabschluss ablegen konnten. Die graue Mütze.
    Er war auserwählt worden. Und danach war es ja nur weitergegangen.
    Achtundzwanzig in der Versuchsgruppe. Einige Hundert nicht so Glückliche in der Kontrolle , die nicht herausgesiebt worden waren, die zum Leben unter der Rindentrommel hingelenkt worden waren. So dachte er sich ihr Leben, oder sein ursprüngliches. Obwohl er ja Glück gehabt hatte. Man hatte ausgesiebt. Nicht den Begabtesten in jedem Dorf, aber vielleicht den Rastlosesten, mit Ausnahme derer, die so fromm waren, dass sie aus Angst davor, den Glauben wegzustudieren , von dieser Weiterbildung Abstand nahmen.
    Wer hatte ihn davor gerettet, in der Kontrolle zu landen?
    Plötzlich wusste er es fast ganz sicher. Es war die Mutter gewesen, die ihn aus der Kontrolle gepresst hatte! Als sie den Notizblock verbrannte und es dann plötzlich bereute, und mit der bloßen Hand in die lodernden Flammen griff! Und so weiter, und so weiter, wie er stets beinahe manisch wiederholte.
    Er hatte sie also belogen!
    Sie hatte sein Leben gerettet. Er hatte ahnungslos nach einer unsichtbaren Schrift auf den Seiten eines fast verbrannten Notizblocks gesucht, wie um die Mutter zu brandmarken!, die seine Retterin war!, aber es gab ja keine Zeichen auf den neun Seiten!
    Aber vielleicht in den Briefen des Jungen! Den Briefen des Jungen! Der schwarze Teppich überschriebener Zeichen!
    Die Grenzen zwischen dem Jungen und ’m Elof und ihm selbst und seinem eigenen Sohn immer undeutlicher. Er scheint sich an der Frau vom Larssonhof festzuhalten wie an einer Rettungsleine, voller Angst, dass sie reißt.
    Der Junge Siklund hatte eine Botschaft, und er selbst hatte eine Bitte und eine Frage, eine angsterfüllte, die er nach der Nacht auf Island wiederholte und deren Echo er bei allen hörte, die fragten: Weißt du jetzt, warum?
    Noch nicht.
    Der Junge hatte seine Katze geliebt. Genauso sehr, wie er selbst in Paris seine Katze geliebt hatte. Und dann hatte Eriksson, der Kontrolle war, die Katze gestohlen und sie dem Fuchs geopfert, und so war die Katze gestorben, obwohl sie völlig unschuldig war hinsichtlich dieser Beschuldigung, auf den Eisenherd geschissen zu haben!
    Die Projektionsschirme, die Antwort auf die beharrliche Frage War dies das Leben geben sollten, glitten immer halluzinatorischer ineinander. Seine Aufgabe jetzt am Ende seines Lebens war es, die Wiederauferstehung zu verstehen. Nur das. Am Ufer des Flusses. Dann würde er ruhig sein. Das Wunder war möglich. Und der Junge würde ihn genau zu diesem Zweck an der Hand halten, es war die rechte Hand, und gemeinsam würden sie zum Fluss des Pfeils wandern.
    Ja, gemeinsam.
    Er würde das Manuskriptbündel mit Christian IV . vernichten, und auch das von dem Jungen, der von seiner Katze erlöst wurde, das bewiesen hatte, dass das Wunder

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