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Das Buch der Gleichnisse

Das Buch der Gleichnisse

Titel: Das Buch der Gleichnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Olov Enquist
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möglich war. Es war eine Sackgasse! Verbrenn es! Verbrenn es! Und also suchte er nach einem Platz, wo er die Hunderte von Seiten verbrennen konnte. Ein Eisenherd zum Verfeuern von Sackgassen existierte jedoch nicht. Mit Angst in seinem ausdruckslosen Gesicht erinnert er sich an das Zögern der Mutter: verbrennen, retten, die bloße Hand in die lodernden Flammen stecken.
    Kim, Kim. Wohin gehen wir. Wohin führst du mich.
    *
    Die Katze, die dem Jungen zugeteilt worden war, um sein Lebensgefühl oder seine Lebensbejahung zu stärken, nach einer Idee des späten Albert Schweitzer, hatte ein kräftiges rotes Fell, war länglich schmal mit einem etwas spitzen Kopf, einem fuchsähnlichen Aussehen, und wurde Kim genannt.
    Erst später verstand er, was der Junge empfunden hatte, damals nicht. Das Einzigartige an der Katze war ja, dass sie nicht tadelte. Sie hatte nichts Vorwurfsvolles an sich, keine Fragen, kein Abstandnehmen.
    Sich nicht der Gnade verdient machen zu müssen.
    Agape, hieß es nicht so?
    Er hatte ja viel später das Gleiche in Paris erlebt; die gigantische Wohnung, die Streifzüge zwischen den Zimmern, die Angst, dass alles zu Ende war, die Katze, die August hieß und auch gigantisch war, wie ein Luchs, und die ihn mit klugen, ruhigen Augen betrachtet hatte, die sagten, Ich tadele dich nicht! Du taugst! Du hast keine Schuld! Ich habe keine Fragen! Und die sich langsam und gravitätisch um die Schreibmaschine drapiert hatte, das Arbeitsgerät, das er nicht mehr benutzte, das schweigend und vielleicht anklagend dastand; aber die Anklagen wurden von der Anwesenheit der gigantischen schlafenden Katze gemildert, die sich um die Schreibmaschine drapiert hatte, und deren tiefer Schlaf nur ausdrückte: Schlaf! Fühl keine Schuld! Du vergeudest dein Leben, aber du taugst trotzdem!
    »Willst du denn nicht erzählen«, hatte er zu dem Jungen gesagt, als er ihn bei diesem ersten Mal im Irrenhaus besuchte.
    »Was«, hatte dieser erwidert.
    »Von Eriksson.«
    Obwohl er es ja schon wusste. Der Aufruhr derer, die Nichts hatten. E selbst hatte alles, war nicht einmal Kontrolle, und dennoch war alles zusammengekracht und er hatte sich mit Mühe und Not gerettet. Würde es zurückkommen .
    Selbsterlöst reichte vielleicht nicht.
    So still an diesem Abend!
    Der Junge zusammengekauert auf dem Bett, und das Experiment mit der Katze war gescheitert. Den Erzählungen von Tieren zuzuhören! Den unschuldigen Tieren, die eine Rettung bieten sollten, und eine Richtung! Lebensglauben! Rettung aus den lodernden Flammen! Mit bloßer Hand!
    Menschen, die von Tieren erzählten, besaßen oft eine Art Heiligkeit. Wenn Großvater P.W. vom Abenteuer des Kreuzfuchses erzählt hatte, war er gleichsam von einer Heiligkeit der Sprache ergriffen worden, und er bekam nur mit großer Mühe Luft in die Lungen, wenn er das Schreckliche oder Übernatürliche in den Erfahrungen dieses Kreuzfuchses zum Ausdruck bringen wollte. Als der Junge von Eriksson sprach, und von dessen Übergriff auf die arme Katze, einem Übergriff, der so entsetzlich war, dass er mit dem biblischen Entsetzen verglichen werden konnte, das alle gepackt hatte, als die Mutter, die er so liebte, Onkel Ansgar aufforderte, die arme Katze, die auf den Herd geschissen hatte, mit der Axt zu ermorden – da war es, als ob zwei Gleichnisse einander überschrieben hätten. Wie Siklunds Gleichnis. Und das des Kreuzfuchses.
    Ich kenne doch Eriksson, hatte der Junge ganz schlicht gesagt und mit einigen kurzen Worten seinen festen Glauben zusammengefasst. Eriksson wurde eifersüchtig! Er war Kontrollgruppe, und ich war außerdem der Einzige in der Versuchsgruppe, der so gestört war, dass ich eine Katze haben durfte. Die anderen bekamen Schnecken und Kakadus und so, aber alle wollten ja eine Katze haben, und besonders eine, die so schön war wie Kim. Eriksson wollte ein Tier haben, aber am liebsten eine Katze, und besonders Kim. Eriksson kam in der Kantine immer vorbei und schleimte sich ein und wollte sich Kim ausleihen. Nur eine Weile. Aber das durfte er ja nicht. Es wäre gegen die Regeln gewesen, das hatte Lisbeth gesagt. Eriksson sollte Kontrolle sein und nicht den Unterschied verwischen zwischen denen, die Versuch waren, und denen, die als Kontrolle eingeteilt waren.
    E hatte die Geschichte mit der Katastrophe schon gehört, am Telefon. Aber nicht von dem Jungen. Von Lisbeth. Jetzt taugte er. Jetzt taugte er.
    *
    Es war übrigens verblüffend, dass Lisbeth, damals nach der Begegnung in

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