Das Buch Der Hundert Vergnügungen
Nichtige der vielen kleinen Ideen des menschlichen Erfindungsgeistes zu lachen.
TH
DRAUSSEN SCHLAFEN
Wir alle werden schlussendlich bei den Würmern schlafen, weshalb es durchaus seinen Reiz hat, das schon einmal zu probieren, solange wir noch quicklebendig sind. Ob im Wald bei einem Lagerfeuer mit Freunden oder im eigenen Garten an der alten Landstraße in einer heißen Sommernacht, die nächtlichen Geräusche der zwielichten Dämmerwelt sind die idealen Schlafbegleiter. Die beste Wirkung allerdings erzielt man, wenn man sich einfach unter einer alten Decke ins Gras legt, um Mitte August gegen Mitternacht nach dem Perseidenregen Ausschau zu halten. Jedes Jahr erfüllt dieser Meteorstrom den Sommernachtshimmel mit seinen Sternschnuppen. Trommeln Sie Ihre Freunde und Familie zusammen, legen Sie sich alle gemeinsam im Kreis ins Gras wie die Speichen eines Rades, die Köpfe zusammengesteckt, und verfolgen Sie mit offenem Mund und »Ohs« und »Ahs«, wie der Himmel ein Feuerwerk versprüht.
DK
TRÄUMEN
Das Land der Träume ist der ursprüngliche Cyberspace, unsere eigene virtuelle Realität, die in unsere Köpfe eingebaut ist. Unsere Träume entführen uns in andere Welten, alternative Wirklichkeiten, die uns den Alltag verstehen lassen. Wenn wir träumen, treten wir in Verbindung mit unserem Unterbewusstsein, mit uns selbst. Und, wie Debbie Harry sehr richtig bemerkte, es kostet nichts. Ist es nicht verblüffend, dass eine Beschäftigung, die innerhalb unseres Lebens so großen Raum einnimmt, meist für mehr oder weniger bedeutungslos erachtet wird? Träume sind die Grundlage, der Mittelpunkt unseres Seins. Hören Sie auf sie.
TH
GESCHICHTEN ERZÄHLEN
Noch so eine Kunst, die verloren gegangen ist in der Flut von Büchern, Hörspielen, DVDs, Websites und Fernsehsendungen. Sie alle delegieren das Geschichtenerzählen an einen eigens hinzugezogenen »Experten«. Dabei bereitet es das allergrößte Vergnügen, am Abend jemandem etwas vorzulesen, und zwar nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen. Darüber hinaus ist das Erzählen von Geschichten dem Fernsehen bei weitem vorzuziehen, denn hier können Sie selbst bestimmen, was Sie lesen, statt sich einfach dem Diktat der Programmgestalter zu unterwerfen. Erstaunlicherweise fällt es auch gar nicht so schwer, sich eigene Geschichten auszudenken, und Kinder haben offenbar viel mehr Freude an neuen, improvisierten Geschichten als an solchen, die man ihnen aus einem Buch vorliest.
TH
DEN WIND IN DEN HAAREN SPÜREN
Der Gipfel der Klippe ist zum Greifen nah. Sie stützen die Hände auf Ihre Oberschenkel, während Sie nach Luft schnappen, um mehr Sauerstoff in Ihre Lungen zu saugen. Stolz blicken Sie zurück auf den Weg, den Sie schon hinter sich gebracht haben. Nur ein kleines Stück noch, dann sind Sie am Ziel. Wenn Sie genug Kraft geschöpft haben, gehen Sie weiter, Schritt für Schritt. Die leichte Brise wird stärker mit jedem Meter, den Sie sich dem Gipfel nähern. Auf einmal fällt das Terrain steil zum Meer hin ab, und der Wind, der darüberfegt, peitscht Ihnen die Luft ins Gesicht. Die Aussicht ist grandios, aber noch mehr genießen Sie es – die Arme triumphierend in die Höhe gereckt, die Augen geschlossen –, wie der wirbelnde Wind um Ihren Kopf braust. Dieser Wind, der sich weit draußen über dem Meer sammelt und auf seinem tanzenden, krachenden Weg über die Wellen an Stärke gewinnt, erreicht schließlich den Strand und hält Sie für einen Moment in seinem Griff gefangen. Der Knall, wenn er Sie passiert, dröhnt in Ihren Ohren, und allmählich umfängt er Sie ganz – ein unablässiger Luftstrom, der Ihr verzücktes Gesicht liebkost.
DK
AUS DEM FENSTER STARREN
Sie sind drinnen, die Welt ist draußen. Aus dem Fenster zu starren eröffnet Denkern und Träumern beispiellose Möglichkeiten zum Sinnieren, und in der besten Tradition der Vermenschlichung der Natur wird das, was wir hinter der Scheibe sehen, stets unsere Stimmung reflektieren. Fühlen wir uns heiter und optimistisch, werden wir die Vögel zwitschern und die Kinder spielen sehen. Wenn wir uns jedoch elend und düster fühlen, wird es regnen, und die Bäume sind nackt und kahl. Regelmäßige Fenstergucker werden allerdings der Überzeugung sein, dass es ständig regnet und die Bäume immer nackt und kahl sind. Aus dem Fenster zu starren ist nämlich etwas für melancholische Gemüter. Nur wenn wir uns ihm immer wieder mit Fleiß und Hingabe widmen, wird es uns irgendwann gelingen, das
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