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Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)

Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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geteilt wurden oder bei Ritualen Verwendung fanden. Es folgten der metallische Geschmack von Blut, kupfrig und scharf, bei dem mein Magen brannte, und ekelhafte Gerüche nach Krankheit, eitrigem, faulendem Fleisch. Ich keuchte und wäre am liebsten weggelaufen.
    » Lass es kommen«, flüsterte Alyce und ihre Stimme brach.
    Ich wollte etwas sagen, wollte sagen, dass es zu viel war, wollte es langsamer machen, damit ich mehr Zeit hatte, denn ich drohte schier darin zu ertrinken, doch aus meinem Mund kamen keine Worte, die ich hören konnte, und immer noch drang Alyce’ Wissen auf mich ein. Ihre tiefe, persönliche Selbsterkenntnis rann über mich wie ein warmer Fluss, und ich tauchte hinein, tauchte in die Kraft, die selbst wie Magie ist, die Kraft der Weiblichkeit, der Schöpfung. Ich spürte Alyce’ tiefe Verbindung zur Erde und zu den Zyklen des Mondes. Ich sah, wie stark wir Frauen sind, wie viel wir tragen können, wie sehr wir uns an der archaischen Kraft der Erde nähren können.
    Die Augen noch geschlossen, spürte ich ein Lächeln auf meinem Gesicht, Freude wallte in mir auf. Alyce war ich und ich war Alyce und wir waren zusammen. Es war wunderschöne Magie, umso schöner, als mir aufging, dass Alyce sie zu mir schickte und ich sie zu ihr. Ich sah ihre Überraschung, ja, ihre Bewunderung über meine magische Kraft– die ich allmählich entdeckte und an die ich mich langsam gewöhnte. Eifrig nährte sie sich von meiner Seele, und ich war entzückt, wie aufregend sie die Breite und Tiefe meiner magischen Kraft fand, meine Magie, deren Wurzeln über meinen Clan tausend Jahre in die Vergangenheit reichten. Sie teilte meine Trauer um Cal und freute sich mit mir über die Entdeckung meiner Liebe zu Hunter. Sie sah die Fragen, die ich mir über meine leiblichen Eltern stellte, und wie sehr ich mir wünschte, ich hätte sie kennenlernen können. Ich zeigte es ihr mit Freude, öffnete mich ihren Gedanken, teilte mein Erbe und mein Leben mit ihr.
    Und indem ich meine Seele öffnete, um sie mit Alyce zu teilen, sah ich mich selbst: Ich sah, wie stark ich sein konnte, und erkannte mein Potenzial. Ich sah den gefährlich schmalen Grat zwischen Gut und Böse, den ich mein ganzes Leben lang wandeln würde; ich sah mich als Kind, so, wie ich jetzt war, und als Frau, die ich sein würde. Meine magischen Kräfte würden schön sein, ehrfurchtgebietend, wenn ich nur einen Weg fand, mich zu einem Ganzen zu machen. Ich brauchte Antworten. Vage spürte ich warme Tränen auf meinen Wangen, die mir salzig in den Mund tropften.
    Ganz langsam und behutsam trennten wir uns wieder in zwei Wesen, unser gemeinsames Ganzes teilte sich in zwei, wie bei der Zellteilung. Die Trennung unserer Seelen war so schmerzhaft und unangenehm wie die Vereinigung, und ich trauerte, als Alyce sich aus meiner Seele zurückzog, und spürte, dass sie um mich trauerte. Wir lösten die Hände von unseren Schultern. Dann richtete ich mich auf und riss mit gerunzelter Stirn die Augen auf.
    Ich sah Alyce an und sah, dass auch sie eine dritte Präsenz spürte: Da war Morgan, und da war Alyce, und da war eine dritte, namenlose Kraft, die die Hände nach mir ausstreckte, deren dunkle Ranken sich begierig nach meiner Seele reckten.
    » Selene«, keuchte ich, und schon war Alyce da und zog Blockaden hoch gegen die dunkle Magie, die um uns gekrochen war wie ein Irrlicht, wie Rauch, wie ein giftiges Gas. Der Abwehrzauber kam mir mühelos in den Sinn– erinnert und der Vergessenheit entrissen–, und ohne Mühe sagte ich die Worte, zeichnete Sigillen und zog meine eigenen Blockaden hoch gegen das, was da auf mich zukam. Alyce und ich kannten einander, hatten das Wissen und das Wesen der anderen in uns aufgenommen, und schon konnte ich mich auf dieses frisch erworbene Wissen berufen, um mich gegen Selene zu schützen, die wahrsagte, um mich zu finden, die die Hände gierig nach mir ausstreckte, um mich zu kontrollieren.
    Im nächsten Augenblick war sie fort.
    Als ich die Augen noch einmal aufschlug, war die Welt wieder relativ normal: Ich saß Alyce gegenüber auf dem Holzboden von Skys und Hunters Haus, die am Rand des Kreises knieten und uns beobachteten. Alyce schlug die Augen auf und atmete tief durch.
    » Was war das?«, fragte Sky.
    » Selene«, antwortete ich.
    » Selene«, sagte Alyce gleichzeitig. » Sie hat nach Morgan gesucht.«
    » Warum muss sie nach mir suchen?«, fragte ich.
    » Es ist eher so, dass sie versucht, in Verbindung mit deiner Seele zu

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