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Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)

Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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Händen, und ich überlegte, ob meine unter ihren Händen knochig und rau waren.
    Zu meinem Erstaunen fing sie dann an, mein persönliches Kraftlied zu singen, genau das Lied, das mir vor einigen Wochen zugeflogen war.
    » An di allaigh an di aigh
    An di allaigh an di ne ullah
    An di ullah be nith rah
    Cair di na ulla nith rah
    Cair feal ti theo nith rah
    An di allaigh an di aigh.«
    Ich fiel in ihren Gesang ein, und wir sangen gemeinsam, bis der uralte Rhythmus unser Blut durchströmte wie ein Herzschlag. Mein Herz erhob sich mit meiner Stimme und ich sah die Freude in Alyce’ Miene. Es machte sie schön und ihre blauvioletten Augen waren voller Weisheit und Trost. Wir sangen, zwei Frauen, verbunden durch eine Kraft, durch Wicca, durch Freude und Vertrauen. Und langsam, ganz allmählich wurde mir bewusst, dass die Grenzen zwischen unseren Seelen sich auflösten.
    Das Nächste, was ich bemerkte, war, dass ich die Augen geschlossen hatte– und falls sie nicht geschlossen waren, dann sah ich jedenfalls nicht mehr, was um mich herum war, und war mir nicht länger bewusst, wo ich war. Einen Augenblick überlegte ich voller Panik, ob ich blind war, doch dann überließ ich mich dem Staunen. Alyce und ich schwebten, zusammen, in einer Art Niemandsraum, wo wir gleichzeitig alles und nichts sehen konnten. Alyce streckte die Hände nach mir aus und sagte lächelnd: » Komm.«
    Ich verkrampfte mich am ganzen Körper, als ich merkte, dass ich zu einer Art elektrisch geladenes Wurmloch gezogen wurde, und Alyce sagte: » Entspann dich, lass es kommen«, und ich versuchte, auch noch den letzten Fitzel Widerstand loszulassen. Und dann… und dann war ich in Alyce’ Seele: Ich war Alyce und sie war Morgan, wir waren fest verbunden. Ich atmete tief durch, als sich ihr Wissen in endlosen Wellen über mich ergoss, aufwogte und gegen mein Gehirn schwappte.
    » Lass es kommen«, murmelte Alyce, und wieder merkte ich, dass ich mich verkrampft hatte, und versuchte, die Spannung und die Angst loszulassen und mich ganz zu öffnen, um zu empfangen, was sie mir gab. Unendlich viele Sigillen und Buchstaben, Zeichen und magische Sprüche strömten auf mich ein, Lieder und uralte Alphabete und der Inhalt zahlreicher Lehrbücher. Pflanzen, Kristalle, Steine und Metalle und ihre magischen Eigenschaften. Ich hörte ein hohes Wimmern und überlegte, ob ich das war. Ich wusste, dass ich Schmerzen hatte. Es fühlte sich an, als trüge ich einen Helm aus Eisenspitzen, die langsam in meinen Schädel getrieben wurden. Doch stärker als der Schmerz war meine Freude über die Schönheit, die mich umgab.
    Oh, oh, dachte ich, unfähig, Worte zu formulieren. Blumen wirbelten durch die Dunkelheit auf mich zu, Blumen und spitze Äste und der Geruch von bitterem Rauch, und plötzlich war alles viel zu intensiv. In meiner Kehle stieg Galle auf, und ich war froh, dass ich nichts in mir hatte, was ich hätte erbrechen können.
    Ich sah Alyce als Teenager. Sie trug eine Krone aus Lorbeerblättern auf ihrem braunen Haar und tanzte um den Maibaum. Ich sah die Scham, wenn magische Sprüche fehlschlugen, Amulette nicht halfen, sah wie ihr Kopf vor Panik ganz leer wurde beim strengen Tadel eines Lehrers. Ich spürte flammendes Begehren aufzüngeln, doch der Mann, den sie begehrte, verblasste, bevor ich ihn erkennen konnte, und etwas in mir wusste, dass er gestorben war und dass Alyce bei ihm gewesen war, als er starb.
    Eine Katze ging an mir vorbei, eine Katze mit Schildpattzeichnung, die Alyce sehr geliebt hatte; die Katze hatte Alyce getröstet in ihrer Trauer und besänftigt in ihrer Angst. Alyce’ tiefe Zuneigung zu David, ihr Schmerz und ihr Unglaube über seinen Verrat wirbelten durch mich hindurch wie ein Hurrikan, der mich nach Luft schnappend zurückließ. Dann folgten noch mehr magische Sprüche, noch mehr Wissen, unendliche Seiten Bücherweisheiten: magische Schutzsprüche, Abwehrsprüche, Illusionszauber, Kraftzauber. Magische Sprüche, um wach zu bleiben, um zu heilen, um beim Lernen zu helfen, bei der Geburt, um die Leidenden und die Trauernden zu trösten, die, die zurückbleiben, wenn jemand stirbt.
    Und Düfte. Unablässig wehten Düfte durch mich hindurch, und ich musste würgen und dann tief einatmen, wenn ich der Spur eines verlockenden Dufts nach Blumen und Räucherwerk folgte. Aber auch der Gestank von Rauch, verbranntem Fleisch und ranzigem Öl, der Geruch von Nahrungsmitteln, die der Göttin dargeboten wurden, und Speisen, die mit Freunden

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