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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Arzt, seine Helfer und Abt Grimald.
    Odo musste die Männer vom Hospiz fortlocken, denn er würde unmöglich alle Brüder töten können.
    Er drehte sich zu den Regalen um. Sein Blick fiel auf die Kerze. Ein Feuer in der Bibliothek würde die nötige Aufmerksamkeit erzeugen. Die Mönche würden alles tun, um ihre Schätze zu retten. Aber Odo schrak vor der Vorstellung, die kostbaren Bücher brennen zu sehen, zurück.
    Doch es gab noch eine andere Möglichkeit.
    Er stieg hinab ins Skriptorium, suchte nach einem Korb und warf alles hinein, was ihm als leicht entzündbar erschien: hölzerne Leisten, Lappen, Dutzende Federkiele, Talgkerzen und mit Öl gefüllte Lampen. Wieder oben in der Bibliothek, rückte er die Lesetische an die Fenster. Unter einem der Tische schichtete er die Sachen aus dem Skriptorium zu einem Haufen zusammen, goss aus einer Lampe das Öl darüber und hielt die Kerzenflamme daran. Das Feuer sprang sofort über. Zunächst glomm es nur, undes entwickelte sich dichter Qualm. Dann endlich schossen die Flammen empor, züngelten unter dem Tisch, bis auch der Rest Feuer fing. Odo ging zu einer Sitzbank, stemmte sie hoch und schleuderte sie durch eines der Fenster. Mit lautem Krachen zerbarst das Glas, und der eindringende Sauerstoff ließ die Flammen weiter auflodern. Binnen weniger Augenblicke brannten alle Tische. Die Hitze wurde unerträglich.
    Odo schulterte seinen Beutel, lief die Treppe hinunter und durchs Skriptorium ins Freie. Es regnete noch immer. Er schaute nach oben. Über ihm quoll dichter Rauch aus dem zerstörten Fenster. Hinter den Scheiben zeichneten sich die Flammen ab.
    Am Hospiz hatten die Mönche auf die Entfernung noch nichts vom Feuer bemerkt. Ihre Aufmerksamkeit war zu sehr auf die bevorstehende Geburt gerichtet.
    Odo stapfte über den schlammigen Weg. Als er sich ihnen näherte, rief er so laut er konnte: «Feuer! Feuer! Die Bibliothek brennt!»
    Einige der Mönche drehten sich überrascht zu ihm um. Da bemerkte der erste den Qualm. Er streckte den Arm aus und zeigte aufgeregt nach oben. Jetzt sahen es auch die anderen.
    «Feuer!», riefen die ersten, und die anderen stimmten in die verzweifelten Rufe ein.
    Odo hatte sich die Kapuze seiner Mönchskutte übergezogen, sodass er in der Dunkelheit nicht von den anderen zu unterscheiden war. Niemand beachtete ihn, als er sich zu ihnen gesellte.
    Die Mönche waren in heller Aufregung. Abt Grimald erschien und schlug sich vor Entsetzen die Hände vors Gesicht. Wenn die Bücher verbrannten, würde das aufstrebendeKloster in seiner Entwicklung um Jahrzehnte zurückgeworfen. Es drohte gar in völliger Bedeutungslosigkeit zu versinken.
    «Löschen!», rief er mit heiserer Stimme. «Löschen! Rettet unsere Bücher!»
    Sofort löste sich die Menge vor dem Hospiz auf. Die Mönche rannten los, rafften in den umliegenden Gebäuden alles zusammen, was sich zum Wasserschöpfen eignete: Eimer, Krüge, Töpfe, Schalen, sogar Suppenkellen. Grimald führte das Kommando. Er dirigierte einige Mönche ins Skriptorium; andere bildeten eine Schlange zu einem Brunnen. Weitere Mönche füllten ihre Gefäße in den tiefen Pfützen.
    Odo wartete, bis er allein war. Dann zog er sein Messer und ging hinein.

5.
    Die Schreie der Schwangeren wiesen ihm den Weg.
    In einem abgelegenen Bereich des Hospizes hatte man eine Ecke mit Tüchern verhängt. Dahinter waren Männerstimmen zu hören. Odo riss den Vorhang zur Seite. Das Messer verbarg er hinter seinem Rücken. Der Arzt, ein rundgesichtiger Mönch mittleren Alters, und der Cellerar Liutolf fuhren herum. Der Arzt kniete zwischen den gespreizten Schenkeln der Frau. Sie lag rücklings auf einem Strohlager. Schweiß rann in Strömen über ihre Haut. Der aufgeblähte Bauch bebte, als drohe er jeden Moment zu platzen.
    «Hier gibt es nichts für dich zu sehen, Bruder!», rief der Arzt erbost.
    «Ich muss wissen, ob das Kind kommt», sagte Odo.
    «Ja – und nun geh wieder raus», erwiderte der Arzt. Er wandte sich der Schwangeren zu und schob seine Rechte in ihr weitgeöffnetes Geschlecht, um nach dem Kopf des Kindes zu tasten.
    Odo blieb beim Vorhang stehen und sagte: «Die Bibliothek brennt.»
    Der Arzt schaute überrascht auf. «Allmächtiger! Ist ein Blitz eingeschlagen?»
    «Nein», erwiderte Odo kühl. «Ich selbst habe sie angezündet.»
    Die Mönche starrten ihn entgeistert an. Liutolf bekreuzigte sich und wich vor Odo zurück. Der Arzt zog seine Hand wieder hervor und wischte sie, ohne den Blick von Odo zu

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