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Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Zenith , Fernando Pessoa
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sanften Stimme. Der Lärm der Straße verebbte beängstigend. Und wieder Licht, ein schnelles Gelb verdeckte die dumpfe Schwärze, doch jetzt konnte man Atem holen, ehe jäh die Faust des Bebens von anderswo widerhallte; als verabschiedete es sich im Zorn, begann das Gewitter hier nicht mehr zu sein.

    … mit einem schleppenden, ersterbenden Grollen, lichtlos im zunehmenden Licht, beruhigte sich das Gewitter in fernen Weiten – verstummte in Almada [40]   …

    Jäh zerbarst ein überhelles Licht. Erstarrte in Köpfen und Räumen [?]. Alles erstarrte. Die Herzen standen still. Wir alle sind überaus empfindsam. Die Stille erschreckt wie der Tod. Das Geräusch des stärker werdenden Regens erleichtert wie Tränen. Blei[schwer die Luft] [41]   .

223
    Das Schwert eines matten Blitzes schwang düster durch den großen Raum. Der folgende Donner – der Atem stand still – entlud sich in die Tiefe, zog ab.
    Der Regen brach in lautes Schluchzen aus, wie Klageweiber zwischen ihren Litaneien. Hier im Haus war jedes kleine Geräusch deutlich, unruhig vernehmbar.

224
    … diese Episode der Phantasie, die wir Wirklichkeit nennen.

    Seit zwei Tagen regnet es, aus dem grauen, kalten Himmel geht ein bestimmter Regen nieder, dessen Farbe die Seele betrübt. Seit zwei Tagen … Ich bin traurig vom Fühlen und denke darüber nach am Fenster beim Geräusch des tropfenden Wassers und des fallenden Regens. Mein Herz ist bedrückt, und meine Erinnerungen sind nur mehr Seelenqual.
    Ich bin weder müde, noch habe ich Grund, müde zu sein, und doch verspüre ich ein großes Verlangen nach Schlaf. Damals, als ich Kind war und glücklich, lebte im Hof des Hauses nebenan die Stimme eines grünbunten Papageis. Selbst an Regentagen brabbelte er munter vor sich hin und krächzte – sicher gut geschützt – beharrlich ein Gefühl heraus, das in der tristen Atmosphäre hing wie der vorweggenommene Klang eines Grammophons.
    Habe ich an diesen Papagei gedacht, weil ich traurig bin und ihn meine ferne Kindheit in Erinnerung brachte? Nein, in Wirklichkeit habe ich an ihn gedacht, weil aus dem Hof gegenüber gerade eine Papageienstimme schräg schreit.
    Alles gerät mir durcheinander. Ich glaube mich zu erinnern und denke an etwas anderes; ich sehe und erkenne nicht, ich bin geistesabwesend und sehe klar.
    Ich kehre mich ab von dem grauen Fenster, Scheiben, die sich kalt anfühlen unter meinen Händen. Und durch den Zauber des Halbdunkels ist plötzlich das Innere des Hauses von einst mit mir und der Papagei, der draußen im Nachbarhof schreit; und meine Augen schlafen ein vor Unabänderlichkeit: ich habe gelebt, tatsächlich.

225
    16 . und 17 .  10 .  1931
    Ja, die Sonne geht unter. Gemächlich und gedankenverloren gelange ich ans Ende der Rua da Alfândega, und kaum leuchtet mir der Terreiro do Paço [42]   entgegen, sehe ich deutlich den sonnenlosen Himmel im Westen. Ein blauer Himmel, ins Grüne spielend zum Grauweißen hin, und auf der Linken, über den Hügeln des anderen Tejo-Ufers, ballt sich bräunlich und leblos rosa Nebel zusammen. Ein tiefer, mir fremder Friede beherrscht kalt die abstrakte Herbstluft. Und da er mir fremd ist, bereitet mir die Vorstellung, er sei es nicht, ein vages Vergnügen. Doch in Wirklichkeit ist weder Friede noch kein Friede, nur Himmel, Himmel in allen verblassenden Farben: Weißblau, noch blauendes Grün, Aschgrau zwischen Grün und Blau, verschwommene ferne Farbtöne von Wolken, die keine Wolken sind, schwachgelb getrübt von schwindendem Rot. Und dies alles ergibt ein Bild, das kaum wahrgenommen erlischt, ein beschwingtes Interludium zwischen nichts und nichts, das stattfindet in der Höhe, in Schattierungen des Himmels und des Kummers, unbestimmt und unbegrenzt.
    Ich fühle, und ich vergesse. Das Sehnen aller Menschen nach allem durchdringt mich wie ein Opium der kühlen Luft. Das äußere Sehen hat mich innerlich in Ekstase versetzt.
    Zur Flußmündung hin, wo die untergehende Sonne Stück um Stück versinkt, erlischt das Licht in fahlem Weiß, das ein kaltes Grün blau färbt. Die Luft steht still vor allem nie Erreichten. Hoch schweigt die Landschaft des Himmels.
    In dieser Stunde, in der ich überströmend fühle, wünschte ich, ich könnte schreiben nach allen Regeln der Kunst, begnadet und ungehindert frei. Doch nein: dieser ferne, hohe, sich auflösende Himmel ist alles im Augenblick, und mein Gefühl, ein Wirrwarr so vieler Gefühle, ist nur der Widerschein dieses nichtigen Himmels in

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