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Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen

Titel: Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
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kümmern.«
    »Aber Miss Grantworth...«
    »Bitte entschuldigen Sie mich.« Damit schlüpfte sie davon und drängte sich, so schnell sie konnte, ohne Aufmerksamkeit
zu erregen, an den Menschen vorbei, die die Tanzfläche säumten. Es wäre schneller gegangen, wenn sie sich zwischen den tanzenden Paaren hindurchbewegt hätte, doch hätte das nur für Aufsehen gesorgt. Gott verhüte, dass ihre Mutter oder ihre beiden alten Freundinnen sie bemerkten!
    Sie behielt den dunklen Kopf des Vampirs im Auge, was sich schwieriger gestaltete als bei ihrer Verfolgung Maximilians, da dieser Mann nur durchschnittlich groß war und sich immer wieder zwischen den anderen Ballgästen verlor. Das Paar ging gemächlichen Schrittes durch einen Nebenraum, bevor es in einem Korridor verschwand.
    Victorias Röcke schlugen um ihre Knöchel und hätten bestimmt geraschelt, wären sie aus etwas Schwererem gefertigt gewesen als aus zartem Chiffon. Sie bückte sich, griff mit flinker Hand unter den Saum und zog den Holzpflock aus dem Strumpfband an ihrer Wade.
    Der Pflock fühlte sich stabil und tröstlich an. Er war dünner als jener, den sie benutzt hatte, um den Vampir während ihres eigenen Debütantinnenballs zu töten, doch Tante Eustacia zufolge war er genauso effektiv wie das robustere Exemplar. Ihrer Ansicht nach bestand die Kunst darin, einen Pflock zu finden, der einerseits leicht genug war, um ihn bei sich zu tragen und mühelos zu verstecken, andererseits aber trotzdem so stabil, dass er nicht zerbrechen würde, wenn man ihn in das Brustbein eines Vampirs stieß.
    Mit ihren Ohren und Sinnen lauschend, hastete Victoria den Flur hinunter. Sie war sich nicht sicher, in welches Zimmer sie verschwunden waren... doch als die Kälte in ihrem Nacken beinahe schmerzhaft intensiv wurde, hielt sie vor einer angelehnten Tür inne.

    Er würde sie erwarten, aber das Überraschungsmoment war nicht so wichtig wie Gewandtheit und Cleverness. Konnte er sie auf dieselbe Weise spüren wie sie ihn? Das musste wohl so sein, denn wie hätte er sie ansonsten erkannt?
    Sie stieß mit den Zehen die Tür ein Stück weit auf und wartete. Von ihrem Blickwinkel im Gang aus spähte sie in das Zimmer. Es schien ein Salon zu sein. Auf der gegenüberliegenden Seite brannte ein Feuer, und mehrere große Sofas flankierten einen rot-orangefarbenen Perserteppich. Sie nahm ein vages Huschen wahr und beobachtete, wie sich der Schatten bewegte.
    War der Schemen der Vampir... oder sein Opfer, das als Lockvogel diente?
    Der Vampir könnte sich hinter der Tür verstecken, um Victoria aufzulauern.
    Doch sie wusste, wie sich dieses Problem aus der Welt schaffen ließ. Sie versetzte der Tür einen kräftigen Tritt, sodass diese aufschwang, gegen die dahinterliegende Wand knallte und Victoria freie Sicht auf den gesamten Raum gewährte.
    »Ah, wie ich sehe, haben Sie uns gefunden.«
    Die Frau saß auf einem der Sofas, und der Vampir ragte bedrohlich hinter ihr auf. Victorias Herz hämmerte. Hier war sie nun, Auge in Auge mit einem Untoten. Ohne den Vorteil eines Überraschungsangriffs - dafür aber mit dem zusätzlichen Problem, dass ein Opfer anwesend war.
    Dann hörte sie plötzlich Schritte, die den langen Korridor hinuntergeeilt kamen. Und ihren Namen, der ebenso leise wie eindringlich gerufen wurde. »Miss Grantworth?«
    Gütiger Himmel. Rockley!
    Sie sprang ins Zimmer und stieß die Tür zu, wobei sie den
Blick auf den Vampir gerichtet und die Finger um den Pflock geschlossen hielt. Sie tat einen tiefen, befreienden Atemzug, so wie Kritanu es ihr beigebracht hatte, dann nahm sie ihre Angriffshaltung ein und sah den Vampir an.
    »Sie lassen sie jetzt gehen«, verlangte sie mit einem Nicken zu der Frau, die sich keinen Millimeter bewegt hatte. Sie musste vor Angst wie gelähmt sein.
    »Ach ja?«, schnurrte der Mann. Er kam um das Sofa herum, und mit einem Mal verstand Victoria, was Eustacia meinte, wenn sie von der Verlockung der Vampire sprach. Sie knisterte in der Luft, diese unerbittliche Anziehungskraft. So als hielte er ihre Fäden in der Hand und würde ganz sanft daran ziehen.
    Ohne einen bewussten Gedanken ließ sie die Hand an ihren Bauch sinken und berührte die vis bulla durch den Chiffon ihres Kleides hindurch. Der Sog wurde schwächer. Sie krallte die Finger um den Pflock, während der Vampir näher trat.
    Er wandte die Augen keinen Moment von ihr ab. Noch immer waren sie normal, wenngleich eine Wildheit in ihnen loderte, wie Victoria sie erst einmal gesehen

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