Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen
hält, Max. Du musst zugeben, dass du ungerecht bist. Tatsächlich hat sie dir das Leben gerettet, als ihr das Buch des Antwartha in euren Besitz brachtet; und auch wenn es wünschenswert gewesen wäre, dass ihr zwei aufgehört hättet, euch gegenseitig auszuschließen, um stattdessen an einem Strang zu ziehen, habt ihr dennoch zusammengearbeitet, und das erfolgreich. Geradezu bravourös.«
»Das ist genau mein Punkt, Eustacia. Gerade als sie anfängt, sich als wahrhaft talentierter Venator zu erweisen - und ja, ich bin gern bereit zuzugeben, dass sie das Potenzial hat, so gut wie Sie oder ich zu werden -, da entschließt sie sich zu einer Heirat! Durch die sie ihrem Marquis über jede einzelne Stunde Rechenschaft ablegen muss und ihr Leben plötzlich wesentlich größeren
Beschränkungen und Reglements unterliegt. Ganz zu schweigen von der Ablenkung, die ihr Verliebtsein mit sich bringt. Wissen Sie, wie liebestrunkene Menschen einander ansehen? Und nichts und niemanden sonst um sich herum wahrnehmen? Wir können uns keinen weiteren Beinahe-Verlust erlauben, so wie wir ihn vor zwei Nächten hatten.«
»Das alles hast du schon zu Victoria gesagt, als sie - oder eher der Marquis - uns mitteilte, dass sie sich vermählen wird«, erinnerte Eustacia ihn mit einer Ruhe, die er nicht nachvollziehen konnte. »Aber, Max« - sie sprach jetzt lauter, hob zum ersten Mal die Stimme, um seine Einwände im Keim zu ersticken - »ich kann und werde ihr nicht verbieten zu heiraten. Es ist ihre Entscheidung, und ich muss sie sie fällen lassen. Auch wenn ich deine Sorge teile, weiß ich, dass ich zur Seite treten und sie tun lassen muss, was sie tun will. Wir Venatoren genießen alle diese Freiheit, und sie ist nicht die Erste unter uns, die sich verliebt und heiraten möchte. Einige von uns lieben, heiraten jedoch nicht«, ergänzte sie mit einem kurzen Blick zur Tür, durch die Kritanu jeden Moment kommen würde.
»Und in Wahrheit, Max, wird sie vielleicht erfolgreich sein, wo wir nicht damit rechnen. Vielleicht braucht Victoria dieses Gleichgewicht zwischen hell und dunkel, zwischen dem Gewöhnlichen und dem grauenhaft Ungewöhnlichen. Vielleicht wird sie das stärker machen, erfahrener - so wie deine Trauer und Wut deine eigene Entschlossenheit nähren.«
»Ich kann Ihnen da nicht zustimmen, Signora . Das Leben eines Venators gleicht dem eines Priesters - wir erhalten unsere Berufung, und wir bleiben allein. Und das muss so sein, damit wir unser Schicksal erfüllen können.«
»Aber was ist dann mit mir, Max? Habe ich mein Schicksal nicht erfüllt, weil ich nicht allein geblieben bin?«, fragte Eustacia sanft, so als ob ihr plötzlich klar würde, woher seine Verbitterung rührte.
Max, der eine unbeantwortbare Frage erkannte, wenn er sie hörte, wechselte rasch das Thema. »Victoria hat Sebastian erkannt. Woher weiß sie, wer er ist?«
Eustacia wölbte eine Braue. »Das ist interessant. Meine Vermutung ist, dass wo und wie auch immer sie von dem Buch und seinem Schutzzauber erfahren hat, sie am selben Ort und auf dieselbe Weise entdeckte, wer Sebastian ist. Es beunruhigt mich, dass er dort war, im Redfield Manor.«
»Und mich beunruhigt, dass er zugelassen hätte, dass ich das Buch an mich nehme.« Max’ Stimme triefte vor Sarkasmus. »Er hat vor Vorfreude fast zu geifern angefangen.«
»Es ist wirklich schade, dass es dir nicht möglich zu sein scheint, dich mit ihm zu verbünden. Es könnte zu unserem Vorteil sein. Aber vielleicht ist das etwas, das Victoria in Betracht ziehen sollte.« Noch bevor Max antworten konnte, brachte Eustacia ein anderes unerfreuliches Thema auf. »Wie geht es übrigens deinem Hals?«
Er ertappte sich dabei, wie er die Hand an die alte Bisswunde legte. Sie hatte am Vortag tatsächlich wehgetan und beständig dumpf gepocht. »Ich hielt es für unnötig, zu erwähnen, dass sie mir Schmerzen bereitet; es sollte Sie eigentlich nicht überraschen, wenn man die Ereignisse der letzten Tage bedenkt.«
»Nein, das tut es auch nicht, aber ich könnte dir noch etwas Salbe geben«, erwiderte Eustacia so milde, als spräche sie zu einem Kind. »Es ist nicht nötig, dass du die Schmerzen erduldest.«
»Das macht mir nichts aus.« Vielleicht hätte er noch mehr gesagt, aber in diesem Moment öffnete Kritanu die Tür, und Wayren kam in den Salon geschwebt.
»Meinen Glückwunsch, Eustacia und Max«, begrüßte die blonde Bibliothekarin sie freudestrahlend. Ihre langen, mittelalterlichen Ärmel mussten
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