Das Buch der Vampire 01 - Bleicher Morgen
Sonneneinstrahlung ausgesetzt werden«, erläuterte Wayren, »denn sonst wird es zu Staub zerfallen. Es ist ein Buch des Bösen, folglich gedeiht es in der Dunkelheit und zersetzt sich im Licht. Aber bevor ihr es von hier
wegschafft, würde ich gern den magischen Schutz umkehren, um uns zusätzliche Sicherheit zu geben.«
»Den magischen Schutz umkehren?«, fragte Victoria. »So etwas können Sie tun?«
»Das ist Teil von Wayrens Zauber«, warf Max ein. »Wenn ihr mir das Wortspiel verzeiht.«
Wayren lachte glockenhell, und Max registrierte mit leiser Zufriedenheit, dass Victoria die Augen zusammenkniff, so als wäre sie sich nicht sicher, was sie nun glauben sollte. Es bereitete ihm ein grimmiges Vergnügen, ihr stets einen Schritt voraus zu sein.
»Ich würde das Buch am liebsten zerstören«, fügte Wayren hinzu, »denn dann müssten wir nicht länger befürchten, dass Lilith es findet und zurückholt, aber bevor wir das tun, möchte ich noch ein paar Recherchen anstellen, um mich zu vergewissern, dass es keine nachteiligen Auswirkungen haben wird. Oder ob nicht vielleicht doch etwas in dem Buch steht, das uns zum Vorteil gereichen könnte. Wenn es also einen Ort gibt, an dem man es noch für eine kleine Weile sicher verstecken kann...«
»Ich bin zu einem Schluss gekommen«, unterbrach Eustacia sie unverblümt. »Und zwar denke ich, dass eine Kirche oder irgendein anderer geheiligter Ort das beste Versteck wäre. Lilith kann dort nicht eindringen, wenn er ausreichend geschützt ist, und auch ihre Gefolgsleute nicht hinschicken.«
»Falls du noch nichts Bestimmtes im Auge hast, Tante, hätte ich einen Vorschlag. Da steht eine kleine Kapelle auf dem Grund von St. Heath’s Row - Rockleys Anwesen«, betonte Victoria mit einem Blick zu Max. »Ich könnte es dort verstecken und dafür sorgen, dass es von genügend Reliquien und Heiligenbildern
umgeben ist, um Lilith fernzuhalten, selbst wenn sie herausfinden sollte, dass es sich dort befindet. Ich werde mit der Kapelle und ihrer Ausstattung schon bald recht gut vertraut sein, denn immerhin ist das der Ort, an dem man uns vermählen wird.«
Die Art, wie sie die Lippen zu einem spöttischen Lächeln schürzte, trieb Max’ Blutdruck in die Höhe. Er ließ es sich jedoch nicht anmerken, sondern griff einfach nur nach seinem schwarzen Pflock und schlug ihn gegen seine Handfläche. Es war an der Zeit, aufzubrechen.
Er stand auf. »Also, nachdem das nun geklärt ist, muss ich mich auf den Weg machen. Lilith wird ihre Leute ausschicken, damit sie ihr Opfer für ihre nächste Mahlzeit bringen, und ich beabsichtige, sie auf eine strenge Diät zu setzen.«
Er rechnete damit, dass Victoria aufspringen und darauf bestehen würde, mit ihm zu kommen, und hatte sich bereits eine entsprechende, gnadenlos höfliche Antwort zurechtgelegt - aber sie tat es nicht. Sie sah ihn einfach nur mit diesen klaren, haselnussbraunen Augen an, die genau wie ihr anmutiges, ebenmä ßiges Gesicht einfach nicht zu einer Frau zu passen schienen, die zwei Nächte zuvor acht Vampire getötet hatte.
»Geben Sie auf sich Acht, Max«, sagte sie, womit sie ihn zum zweiten Mal an diesem Abend überraschte.
»Das werde ich.« Damit ging er, froh, wieder in die Nacht hinauszukönnen und zu tun, wozu er geboren war. Zumindest würde er dort nicht abgelenkt werden.
Victoria wollte dem Silberkelch einen weiteren Besuch abstatten, aber das war leichter beschlossen als in die Tat umgesetzt.
Es war nun sechs Tage her, dass sie das Buch des Antwartha zurückgeholt hatten, und seitdem war Victoria damit beschäftigt gewesen, die Balance zu finden zwischen den Anforderungen, die als zukünftige Marquise von Rockley an sie gestellt wurden, den Pflichten gegenüber ihrer Mutter, die jeden möglichen Vorteil aus ihrem neuen Status zu ziehen versuchte, sowie ihren Treffen mit Eustacia, Kritanu, Wayren und natürlich Max.
Wie versprochen, hatte sie das Buch unter dem Altar der Kapelle in St. Heath’s Row - dem direkt am Stadtrand gelegenen, großflächigen Anwesen der Rockleys - versteckt. Wayren hatte die Erlaubnis erhalten, die Kapelle jederzeit besuchen zu dürfen, um es gefahrlos studieren zu können. Phillip dachte, dass sie eine entfernte Verwandte Victorias sei, die angeboten hatte, in ihrem Namen eine Novene abzuhalten, um eine glückliche Ehe zu begünstigen, und deshalb so viel Zeit wie möglich in der Kapelle verbringen wollte.
Max hingegen ließ sich nicht so leicht manipulieren. Er hatte
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