Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
fragte er über seine Schulter hinweg, während sie davonhasteten.
»Ich werde ihn zu Wayren bringen.« Victoria entzog ihm ihre Hand.
Sie liefen durch das Theater, diesmal ohne von Vampiren verfolgt zu werden. Der Lärm der brutalen Schlacht tobte und schallte durch das halb verbrannte Gebäude.
Sebastian blieb vor der Tür stehen, die ins Freie führte. »Ich muss umkehren.«
»Warum? Was ist los?«
»Es ist Regalado. Er ringt um die Herrschaft über die Vampire. Ich kann nicht zulassen, dass mein Großvater ihm allein gegen übertritt. Du bist in Sicherheit; wie du siehst, ist die Sonne aufgegangen. Geh jetzt.«
Bevor sie protestieren konnte, hatte er sie, die Finger um ihre nur von der dünnen Tunika bedeckten Schultern gelegt, schon gegen die Wand gedrängt. Er senkte seinen hungrigen, warmen
Mund zu ihrem, und sie nahm seinen Kuss entgegen, in dem sich Bedauern und Verlangen und Abschied mit sinnlichen Lippen und einer starken, geschmeidigen Zunge mischten.
Nachdem sie sich eine Weile atemlos geküsst hatten, löste Victoria den Mund von seinem. »Aber du tötest doch keine Vampire.«
»Ich weiß. Aber selbst ich besitze ein gewisses Maß an Ehrgefühl.« Er küsste sie noch einmal, dann schloss er die Augen und legte die Stirn gegen ihre. Holte tief Luft. »Geh jetzt. Und gib auf dich Acht.«
Er schob sie zur Tür hinaus und schlug sie hinter ihr zu.
Der Himmel war rosa und orangefarben, genau so, wie sie ihn sich vor vielen Stunden erhofft hatte.Victoria blinzelte ins grelle Licht, dann sah sie zurück zur Tür.
Sie wollte hineingehen. Gott, sie wollte wieder hineingehen.
Aber sie hatte das Richtige getan.
Max musste mittlerweile tot sein.
Sie hoffte, dass Sebastian ihm nicht bald folgen würde.
Trotzdem, sie konnte diesen Ort nicht verlassen. Sie konnte nicht einfach davonspazieren, sich eine Droschke nehmen und zu ihrer Villa zurückkehren.
Wie versteinert blieb sie auf dem taunassen Gras stehen.
Kapitel 27
In welchem Maximilian sich unfreiwillig verschuldet
M ax war bereit.
Er war so verdammt müde, konnte kaum noch klar sehen.
Er hatte beobachtet, wie Victoria mit Vioget geflohen war, und wusste, dass dieser all seinen Schwächen zum Trotz nicht zulassen würde, dass ihr etwas zustieß.
Vioget würde sie hier rausbringen, und dann konnten die Dinge wieder ihren Lauf nehmen.Victoria würde als Oberhaupt der Venatoren ebenso Respekt einflößend sein, wie Eustacia es gewesen war.
Der Vampir ragte über der Stelle auf, an der Max schließlich kollabiert war; das zerbrochene Stuhlbein, das er als Pflock benutzt hatte, war ihm längst aus der Hand gerutscht. Die mit tödlichen Nägeln bewehrten Finger des Untoten waren zu bedrohlichen Klauen gekrümmt, und seine Fangzähne schimmerten wie gelbe Säbel.
Sobald er erst einmal tot war, würde Lilith niemanden mehr haben, den sie quälen konnte. Max verzog den Mund zu einem trockenen Lächeln, als er daran dachte. Dann schloss er die Augen. Er war bereit.
Aber der Schmerz kam nicht.
Max öffnete die Lider und entdeckte Vioget, der mit einem Pflock in der Hand über ihm stand. Er zog ihn auf die Füße, während hinter ihnen die Vampire auf der Bühne ihre Schlacht fortsetzten. Max schüttelte seine Hand ab. »Victoria?«
»Sie ist in Sicherheit. Draußen.«
Ein lauter Schrei lenkte ihre Aufmerksamkeit auf zwei Vampire, die mit Zähnen und Klauen gegeneinander kämpfend auf sie zurollten. »Gehen Sie«, befahl Sebastian, aber Max trat bereits die Flucht in Richtung Seitenbühne an. Dann drehte er sich noch einmal um.
»Ich schulde Ihnen für das hier keinen Dank,Vioget.«
»Was exakt der Grund ist, weshalb ich es getan habe. Ich sagte Victoria, dass es für mich keine Bedeutung hat, ob Sie leben oder sterben.«
»Warum lassen Sie dann nicht zu, dass man mich von meinem Elend erlöst? Warum spielen Sie den Helden? Das verstößt so sehr gegen Ihre Grundsätze.«
»Ich habe es nicht für Sie getan. Ich tat es für Victoria.« Damit wandte Sebastian sich wieder dem Kampfgeschehen hinter ihm zu.
Als die Tür zum Theater geöffnet wurde und ein in die Sonne blinzelnder Max ins Freie trat, konnte Victoria nicht anders, als ihn fassungslos anzustarren.
Er blieb stehen, als er sie bemerkte.
Victoria machte einen Schritt auf ihn zu. Zusammen standen sie dort in den langen Schatten der Bäume, während die Sonne gerade über den Horizont stieg.
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Er hatte ihre Tante getötet, aber dennoch hatten sie
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