Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
bringen.«
»Ich habe dein Kupferarmband, falls es das ist, worauf du anspielst. Aber zuerst musst du zurückgeben, was du mir gestohlen hast.«
»Hat er es denn nicht zurückgeschafft? Ich hoffe doch, dass Gardriel und Hugh nicht allzu grob mit ihm umgesprungen sind.«
Er? Victoria wurde kalt, als sie plötzlich begriff, dass Beauregard das Lederband mit dem Splitter gar nicht hatte. Er hatte die ganze Zeit über von Zavier gesprochen. Beziehungsweise von dem, was noch von ihm übrig war. Die an Zavier
verübte Gräueltat war eine Botschaft an sie gewesen, nichts weiter.
Ihr Kopf begann zu pochen, als neuer Zorn in ihr aufloderte, und ihre Finger zitterten, während sie den Drang niederkämpfte, auf der Stelle anzugreifen.
Victoria atmete tief durch, dann glitt ihr Blick zu Sebastian, der sie und seinen Großvater scharf beobachtete. Sie machte sich keine Illusionen darüber, für welche Seite er sich entscheiden würde … deshalb war sie froh, zusätzlich eine Schusswaffe mitgenommen zu haben.
»Also konnte er dir nicht verraten, wo du uns finden würdest«, schloss Beauregard gerade. Er war hinter dem Tisch hervorgetreten und kam nun mit dem gewellten Blatt Papier in der Hand gleichmütig auf sie zu. »Dann musst du wohl eher zufällig auf uns gestoßen sein.«
Victorias Aufmerksamkeit wurde, so wie er es zweifellos beabsichtigt hatte, auf das Stück Pergament gelenkt, das unterm Gehen sanft gegen sein Bein strich. Es erinnerte sie an das Manuskript, das Max aus dem Labor der Villa Palombara mitgenommen hatte.
Jenes Manuskript, das sie ins Konsilium gebracht hatten.
Ihr Blick schoss zu Sebastian, der sie unverwandt anstarrte.
»Lass mich dieses Schriftstück sehen.«
Die Bereitwilligkeit, mit der Beauregard es ihr reichte, bestätigte ihren Verdacht, bevor sie auch nur einen einzigen Blick darauf geworfen hatte. Trotzdem überprüfte sie die lose Seite ganz genau. »Du bist ein Feigling und ein Dieb«, fauchte sie Sebastian an.
Er hielt ihrem Blick unerschrocken stand, das zumindest
musste Victoria ihm lassen. Doch das war auch schon alles, was für ihn sprach.
»Es war eine zwingende Notwendigkeit,Victoria. Eine Frage von Leben oder Tod.«
»Verdammt sollst du sein, du und deine ständigen Rechtfertigungen«, erwiderte sie, während tiefschwarzer Zorn ihr Sichtfeld einengte. Sie hatte tatsächlich angefangen, ihm zu vertrauen, an ihn zu glauben. Ihn an sich heranzulassen. »Verdammt sollst du sein, Sebastian Vioget, und dein Großvater ebenso.« Sie wandte sich an Beauregard. »Du hast Zavier beinahe umgebracht - und das nur, um mich abzulenken, sodass du deinen Enkelsohn losschicken konntest, damit er seine schmutzige Arbeit verrichtet.«
Beauregard grinste. »Bei Luzifer, du bist schnell, meine Teuerste. Schnell im Begreifen, schnell im Beschuldigen, schnell im Verurteilen. Und ziemlich appetitlich, wenn du derart in Rage bist.«
Victoria war nicht länger gewillt, sich zu beherrschen. Mit hoch erhobenem Pflock stürzte sie auf den Vampir zu.
»Victoria, nein!« Sebastian sprang zwischen sie, und sie rammte ihm den Pflock in die Schulter. Es war wesentlich schwieriger, das Eschenholz in das Fleisch eines Sterblichen als in das Herz eines Vampirs zu treiben; sie fühlte den unschönen Widerstand, als es sich durch Haut und Muskeln fraß. »Tu das nicht«, keuchte er und griff dabei nach ihrem Arm, um sie von sich zu stoßen. »Er will -«
»Geh mir aus dem Weg«, verlangte sie. Er stöhnte vor Schmerz, als sie den Pflock aus seiner Schulter zog. Blut färbte seine Spitze rot und durchtränkte sein Hemd, was ein unvertrauter
Anblick war, denn normalerweise floss dabei kein Blut.
Aber sie durfte sich von solchen Gedanken jetzt nicht aufhalten lassen. Sie schubste Sebastian mit aller Kraft von sich, sodass er nach hinten taumelte, während er gleichzeitig von neuem nach ihr zu greifen versuchte.
»Victoria, tu das nicht«, wiederholte er. »Er will dich besiegen. Er will uns auseinanderbringen.«
Mit grimmigem, entschlossenem Blick wandte sie sich ihm zu. »Geh mir aus den Augen, denn sonst wirst du mit ihm sterben. Ich habe genug von deinen Lügen und Täuschungen.«
Sie drehte sich wieder zu Beauregard um, der sie leise lächelnd und mit einem bösartigen Funkeln in den Augen beobachtete. »Willst du wirklich, dass er stirbt?«, fragte er.
»Dein Tod ist es, den ich will.«
»Dabei vergisst du nur leider, dass ich schon seit sechshundert Jahren tot bin.« Seine Augen wurden rot, als er
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