Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
verfluchte, dass sie ihn in diese Lage gebracht, und Wayren, weil sie ihm seine verdammten Erinnerungen, aber sonst nichts zurückgegeben hatte, trat Michalas vor. »Sie kommen. Wir haben keine Zeit für Diskussionen. Ich werde wie verabredet in der Zelle auf dich warten, und falls du nicht binnen zweier Stunden zurück bist, werde ich dich suchen kommen.« Den Blick seiner strahlend blauen Augen auf Max gerichtet, fügte er hinzu: »Da ich die feste Absicht hege, diesen Ort lebend zu verlassen, solltest du besser zurückkommen, Pesaro.«
Er zeigte nach links, dann marschierte er auf leisen Sohlen in die entgegengesetzte Richtung davon.
Mit einem mörderischen Blick zu Briyani setzte sich nun auch Max in Bewegung und bog, wie von Michalas instruiert, nach rechts ab. Die eine Hand zur Faust geballt, mit der anderen seinen Pflock umklammernd, fühlte er die Anspannung in beiden Armen.
Doch dann zwang er sich dazu, seine Muskeln zu lockern. Früher hätte er Briyani als Begleitschutz ohne Weiteres akzeptiert, und heute würde er ihn vielleicht dringender brauchen als je zuvor. Sosehr es ihn auch erzürnte, sich seine eigene Schwäche eingestehen zu müssen, es ließ sich nun mal nichts daran ändern.
Er war nicht mehr derselbe Mann wie zuvor.
Trotzdem trat Max, als er und Briyani einer Gruppe von vier Vampiren begegneten, ihnen voller Mut und Selbstvertrauen entgegen.
»Mein Name ist Maximilian Pesaro.« Er musterte die Untoten mit dem Hochmut des Venators, der er nun nicht mehr war. »Führt mich zu Akvan.«
Kapitel 20
In welchem unsere Heldin wieder einmal in einem dunklen Tunnel landet
L eise und sorgsam darauf achtend, dass Sebastian sie nicht bemerkte, folgte Victoria ihm die Treppe in den kalten Keller eines dreistöckigen Hauses hinab. Das Gebäude war ihr mit seinen getünchten Mauern und dem kleinen Hinterhof nur allzu gut vertraut, denn es handelte sich um dasselbe, in welchem Sebastian sie letzten Herbst gefangen gehalten hatte. Er und Max hatten versucht, sie von Nedas - jenem Vampir, der Akvans Obelisken aktivieren wollte - fernzuhalten. Allerdings war Sebastians Plan fehlgeschlagen, denn Victoria hatte sich befreien können, indem sie aus einem Fenster geklettert war, sodass sie nicht nur Zeuge der Zerstörung des Obelisken wurde; sie hatte außerdem auch Nedas erschlagen können.
Vielleicht war Sebastian ja die ganzen Monate über hier gewesen, sodass sie ihn jederzeit persönlich hätte kontaktieren können, wäre sie in der Lage gewesen, das Gebäude wiederzufinden … doch dies war nun eine müßige Überlegung.
Sie war hier und dürstete nach Rache. Das Blut pulsierte in ihren Schläfen und sandte sein Echo in ihre Brust hinab, während sie, Pflock und Pistole griffbereit, weiterschlich. Ihr Nacken war schon seit geraumer Zeit eiskalt, woraus sie schloss, dass eine beträchtliche Anzahl Untoter in der Nähe sein musste - und vermutlich um Beauregard herumscharwenzelte.
Der Gang, in dem Victoria sich nun wiederfand, war kühl, dunkel und sehr eng. Während sie ein gutes Stück hinter Sebastian zurückblieb, wurde ihr mit einem Mal bewusst, dass sie seit ihrer Berufung zum Venator relativ viel Zeit damit verbracht hatte, durch tiefe, dunkle Tunnel zu schleichen, zu rennen oder verfolgt zu werden. Dies war einer der Nachteile, die mit der Jagd auf Untote einhergingen, allerdings gewöhnte Victoria sich allmählich daran. Wie stellte man einen Vampir? Indem man ihm unter die Erde folgte. Wie spürte man die Untoten auf? Indem man in einer dunklen, feuchtkalten Höhle nach ihnen suchte. Wie fand man ein Artefakt des Bösen? Indem man einem engen Tunnel folgte.
Diese absurden Gedanken halfen Victoria, sich abzulenken und ihren Drang, schneller zu laufen und Sebastian zur Rede zu stellen, zu bezähmen. Falls sie sich vorzeitig zu erkennen gab oder entdeckt würde, könnte das die Dinge erheblich schwieriger machen. Victoria zog es vor, das Überraschungsmoment auf ihrer Seite zu haben, wenn der Gegner zahlenmäßig überlegen war. Was in diesem Fall mehr als wahrscheinlich war.
Als sie an einer Ecke kurz innehielt, fiel ihr außerdem auf, dass Beauregards Behausung für einen derart mächtigen Vampir recht primitiv zu sein schien. Die Korridore, die sich vor ihr erstreckten, waren eng und dunkel, die Wände rau, der Boden mit Steinchen übersät, und mehr als einmal lief sie mit dem Gesicht durch herabhängende Spinnweben.
Eine Ratte huschte an ihren Füßen vorbei; nein, es waren sogar
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