Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
»Wir sind hier fertig.«
Ohne die Frau eines Wortes oder Blickes zu würdigen, ließ er die fassungslose Sara stehen, um mit seinen Gefährten den Rückzug anzutreten.
»Wie?«, rief sie dann noch einmal. »Wenigstens das musst du mir sagen, Max.«
Aber er lief einfach weiter. Er würde sie niemals wiedersehen. Nie mehr mit alldem hier zu tun haben.
Ihm wurde das Herz schwer. Es war vorüber.
Mit einem Fluch auf den Lippen öffnete Sebastian die Lider. Besser gesagt ein Lid; das andere war zugeschwollen. Sein Hemd war blutdurchtränkt, und er fühlte sich, als ob er von einer Kutsche überrollt worden wäre. Was war bloß geschehen?
Dann riss er plötzlich beide Augen auf - selbst das verletzte - und rappelte sich so schnell er konnte auf die Füße.
Großer Gott.
Victoria.
Er schwankte ein wenig, trotzdem war es ihm schon schlechter gegangen, deshalb ließ er sich auch nicht von seinem pochenden Kopf davon abhalten, zur Tür der Kammer zu hasten, in die man ihn verfrachtet hatte. Es war einer der von Beauregard benutzten Extraräume, und wie sich herausstellte, war Sebastians instinktive Befürchtung unbegründet, dass man ihn darin eingesperrt haben könnte. Die Tür ließ sich ohne Weiteres öffnen. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass der dahinterliegende Gang verlassen war, rannte er ihn mit raschen Schritten entlang, ohne sich auch nur vorstellen zu wollen, was ihn am anderen Ende erwarten würde.
Gadriel und Hugh, zwei behäbige, Beauregard besonders treu ergebene Vampire, flankierten die Tür seines Privatsalons. Es war nicht der, in dem das Cembalo stand, sondern ein daran angrenzender, den man durch eine weitere Geheimtür erreichte. Doch Sebastian war so schnell und fest entschlossen, dass es ihm gelang, sich an ihnen vorbei in das Zimmer zu drängen.
Während sich starke Hände um seine Arme schlossen und ihn zum Stehenbleiben zwangen, starrte er auf das Bild, das sich ihm bot. Der Rand seines Blickfelds wurde verschwommen, als er sich mit einem einzigen, heftigen Ruck zu befreien versuchte. »Nein.«
Sein Großvater schaute gleichmütig von dem großen, kissenbedeckten Bett hoch, auf dem er zusammen mit Victoria lag und ihr dunkles Haar streichelte. Es fiel ihr in langen, prächtigen, dichten Strähnen über die nackten Schultern und auf den üppigen Samt der Decken. Ihre Haut schimmerte bleich im
sanften Schein eines prasselnden Feuers - eine Annehmlichkeit für sie, nicht für Beauregard -, und ihre Lippen formten ein sinnliches Lächeln. An seinen Großvater geschmiegt, sah sie Sebastian an. Ihre Augen wirkten tief in ihren Schädel eingesunken und glänzten schrecklich hell.
»Du bist schneller gekommen, als ich erwartet hatte.«
»Lass sie los.« Sebastian kämpfte wieder gegen die beiden Vampire an, aber sie waren größer und wesentlich stärker als er. »Beauregard, lass sie los.«
Sebastian hämmerte das Herz in der Brust, und sein Magen zog sich auf qualvolle Weise zusammen. Er konnte den Blick nicht von Victoria abwenden. Ihre Lippen waren dunkelrot und geschwollen, so als wären sie ausgiebig geküsst worden, und ihr Kleid … es klaffte am Mieder auf, sodass kein Zweifel daran bestand, was sein Großvater getan, was er geplant hatte.
Doch das Schlimmste war, dass ihre elfenbeinfarbene Haut blasser wirkte als sonst und die Grube unter ihrer Kehle dunkler und tiefer. Als sie sich nun bewegte, um Beauregard zu küssen, fiel ihr Haar zur Seite und gab den Blick auf das Blut an ihrem Hals frei. Dunkel, aber noch immer satt und dickflüssig schimmernd.
Sebastian wusste, dass noch Hoffnung bestand, ja … Beauregard hatte zwar eine große Menge ihres Blutes getrunken, aber solange sie nicht von seinem getrunken hatte, könnte Sebastian sie retten.
Sein Großvater beendete den tiefen Zungenkuss, den er eben mit Victoria getauscht hatte - einen Kuss, der Sebastians Blickfeld noch weiter trübte, während er mit zunehmender Verzweiflung gegen seine Widersacher ankämpfte. Er sah
leckende Zungen und saugende Lippen, ein Anblick, der erotisch, verstörend und schockierend zugleich war.
Beauregard hob das Gesicht und starrte seinen Enkel an.Victoria fuhr fort, sein Kinn und seinen Hals zu küssen, während sie ihm mit ihren kleinen, starken Händen über die Brust streichelte, so wie sie es erst kurz zuvor bei Sebastian getan hatte. »Wenn du versprichst, dich zu benehmen, darfst du uns gern Gesellschaft leisten«, sagte sein Großvater.
Sebastian wurde von solcher Übelkeit
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