Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
dem Boden, wo es von der kleinen Laterne, die draußen im Gang hing, nur schwach beleuchtet wurde.
»Nur keine Sorge«, ertönte eine Stimme aus Richtung der Tür. Sie klang vertraut, doch Victoria konnte nicht genug sehen, um den Sprecher zu identifizieren. »Du musst nicht lange hier bleiben. Akvan wird bald bereit für dich sein.«
Akvan? Grundgütiger! War das etwa der Dämon, den sie witterte?
Noch bevor Victoria reagieren konnte, fiel die Tür auch schon ins Schloss. Sie hörte das dumpfe Knarren, als ein schwerer Riegel vorgeschoben wurde.
»Autsch«, brummte der Haufen auf dem Boden. »Hätte es nicht gereicht, mich zu verprügeln? Mussten die mich auch noch hier reinwerfen, als wäre ich ein Hufeisen?«
Victoria klappte der Mund auf; zum Glück war es zu dunkel, als dass er ihr fassungsloses, ungläubiges Gesicht hätte sehen können. »Sebastian? Bist du das?«
»Höchstpersönlich. Oder wenigstens das, was noch von mir übrig ist.«
»Wie um alles in der Welt bist du hierher gelangt?«
»Warum überrascht es dich so, mich zu sehen; oder besser gesagt, zu hören? Man hat mir zu verstehen gegeben, dass du nach mir suchst. Oder war das - schweig still, mein klopfend Herz - am Ende nichts weiter als ein Gerücht?«
»Nun ja, ich hatte zwar gehofft, dich in einer etwas … weniger ungewöhnlichen Lage zu treffen, aber es stimmt, dass ich nach dir gesucht habe. Ich muss dir nämlich eine Frage stellen.« Sie rutschte so schnell sie konnte auf dem Hinterteil zu der Stelle, an der sie ihn hatte zu Boden fallen sehen. Es herrschte nun zwar wieder völlige Finsternis, doch der kurze Moment, in dem Licht in ihr Verlies gefallen war, hatte ihr bei der Orientierung geholfen. Zumindest wusste sie jetzt, wo die Tür lag und wie groß der Raum war. Und falls es sich bei dem leblosen Bündel wirklich um Max handeln sollte, könnte sie mehr für ihn tun, wenn ihre Hände von den Fesseln
befreit wären. »Hat er tatsächlich gesagt, dass Akvan bald bereit für dich ist?«
»Ja, er - Au!«, fluchte er, als sie mit dem Schuh hart gegen etwas Weiches stieß. »Ich weiß deine Freude, mich wiederzusehen, ja durchaus zu schätzen, Victoria, aber könntest du vielleicht etwas vorsichtiger sein? Das war mein … ähm -«
»Entschuldigung.« Victoria spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. »Würdest du mich losbinden? Dann können wir uns einen Fluchtplan überlegen.«
»Obwohl ich es mehr als reizvoll finde, dich gefesselt und wehrlos zu wissen, würde ich dich mit Vergnügen befreien … wenn ich nur könnte. Mir geht es nämlich auch nicht besser als dir. Vermutlich sogar schlechter, denn im Gegensatz zu dir hat man mir auch noch die Füße gefesselt. Weshalb ich es auch als wirklich beleidigend empfinde, dass sie mich einfach wie einen Sack Mehl hier hereingeworfen haben.«
So ein Mist . Victoria hatte, während sie über den Boden gerutscht war, feststellen müssen, dass das Messer an ihrem Oberschenkel nicht mehr da war. Und jetzt konnte sie nur hoffen, dass es Sara Regalado gewesen war, die es ihr abgenommen hatte, und nicht George Starcasset. Oder irgendjemand sonst. »Setz dich auf, dann können wir uns Rücken an Rücken gegenseitig befreien«, schlug sie vor.
Unter ausgiebigem Keuchen und Ächzen rappelte Sebastian sich in eine sitzende Position hoch, dann lehnte er sich schwer gegen Victoria, die mit angezogenen Knien die Füße gegen den Boden stemmte, um sich abzustützen. Er fühlte sich warm und solide an und verströmte diesen vertrauten Nelkengeruch, in den sich ein Hauch von Schweiß und ein schwaches, rostiges
Aroma mischten. Ihre Schultern berührten sich, und sein Hemd strich über ihre nackten Schulterblätter. Es war feucht.
»Ich dachte, Akvan sei tot«, sagte sie, sobald er sicher gegen sie lehnte. Sie fasste hinter sich, spürte seine Arme, und schließlich berührten sich ihre Finger. Seine fühlten sich glitschig an, als er in einer aufreizenden Liebkosung ihre Handfläche streichelte.
Überrascht von der Erotik dieser unerwarteten, schlichten Berührung, hielt Victoria den Atem an, als das leise Kribbeln von ihrer Hand ihren Arm hinaufwanderte und sie - trotz des dunklen, klammen Kerkers - eine warme, sinnliche Empfindung überkam.
Dann wurden die Bewegungen seiner Finger - wieder bemerkte sie, dass sie nass zu sein schienen - zielgerichteter, als er nach den Knoten des Seils tastete. Sie schnüffelte und roch Blut. »Ist das Blut an deinen Händen? Und an deinem Hemd?«
»Na
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