Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
ja«, meinte Sebastian leichthin, auch wenn seine Stimme etwas angespannter klang als sonst. »Die Vampire waren etwas übereifrig in ihrem Bemühen, mich davon abzuhalten - äh, ihr Versteck zu finden, und ich wurde dabei ein wenig blutig. Ich werde versuchen, dein Kleid nicht zu beschmutzen, allerdings könnte sich das durch unsere Sitzposition ein bisschen schwierig gestalten.«
»Sie haben dich nicht gebissen.« Es war nicht als Frage gemeint.
»Nein, das hätten sie nicht gewagt. Wie du sehr wohl weißt, bin ich immerhin Beauregards Enkel - ein Umstand, der mich zwar nicht davor bewahrte, in dieses unerfreuliche Verlies geworfen zu werden, aber zumindest hielt es sie davon ab, mir die
Kehle rauszureißen. Zumindest für den Moment. Und Akvan war tatsächlich tot, oder zumindest in der Hölle, bis Pesaro den Obelisken zerstörte. Als er letzten Herbst zerbarst, wurde Akvan, falls ich es richtig verstanden habe, in geschwächter Form zurück auf die Erde gerufen - nach Rom, um genauer zu sein. Er hat die letzten vier Monate damit verbracht, seine ehemalige Stärke zurückzuerlangen.«
»Also ist er tatsächlich hier? Und wie bist du in die Villa gekommen? Hör mal auf, Sebastian, und lass mich lieber versuchen, ob ich deine Knoten lösen kann«, sagte sie schließlich. »Du hast bisher kaum mehr getan, als mich in mein … nun ja, mich in ein Körperteil zu kneifen, in das du mich nicht kneifen solltest. Außerdem bist du verletzt.«
»Und so gelingt es dem Helden nicht, das Fräulein in Bedrängnis zu retten.« Sebastian seufzte theatralisch, doch er nahm die Finger weg, und Victoria glaubte sogar, einen Anflug von Erleichterung in seiner Stimme gehört zu haben.
»Na ja, das ist schließlich nicht das erste Mal, und ich bin mir fast sicher, dass es auch nicht das letzte Mal gewesen sein wird.« Victoria fasste wieder nach hinten, um die Knoten an seinen Handgelenken zu ertasten. Seine Haut war warm und klebrig, als sie mit den Fingerspitzen den Haarflaum unter seinen Manschetten berührte.
»Natürlich nicht; schließlich bist du ein Venator«, entgegnete Sebastian kühl. »Ich bin nur deswegen hier, weil ich während der letzten Tage im Auftrag meines Großvaters das Alchimistische Portal bewachen musste. Er ist überzeugt davon, dass irgendjemand bald versuchen wird, es zu öffnen - und wie es scheint, handelt es sich bei diesem Jemand um Akvan und seine
teuflischen Anhänger. Ich sah Pesaro früher am Abend dort herumschleichen, und als ich erfuhr, dass mehrere … nennen wir sie mal Zivilisten in die Villa eingeladen waren, dachte ich, es wäre vielleicht besser, ein paar Nachforschungen anzustellen. Ich hatte nicht erwartet, dich hier ebenfalls anzutreffen.«
Victoria hielt das Seil mittlerweile zwischen den Fingern und versuchte nun, es zu lockern, aber die Knoten saßen sehr fest, außerdem wurde sie durch ihre ungelenke Haltung behindert. »Wolltest du wirklich Nachforschungen anstellen, oder bestand dein eigentliches Ziel darin, Max anzugreifen?«
»Warum sollte ich ihn angreifen wollen?«, fragte Sebastian empört. »Vergiss nicht, dass er mir sein Leben verdankt.«
»Tatsächlich? Irgendwie kann ich mir das nicht wirklich vorstellen.« Sie bekam die Knoten einfach nicht richtig zu fassen; ihre Finger waren vor Kälte wie erstarrt und ihre Handgelenke wund von ihren Versuchen, in vornüber gebeugter Haltung das dicke, unhandliche Seil aufzuknüpfen.
Dann erinnerte Victoria sich plötzlich wieder an das Korsett, das Miro auf Verbenas Vorschlag hin speziell für sie entworfen hatte. Wie hatte sie das nur vergessen können? Zuerst hatte ihre Zofe zusammen mit Oliver versucht, selbst etwas Ähnliches anzufertigen, doch ohne die Kunstfertigkeit des Waffenmeisters hatte sich das Ganze zu einer ziemlichen Katastrophe entwickelt. Messer und Pflöcke hatten in allen möglichen Winkeln aus ihm herausgeragt, und als Victoria es trotzdem anprobiert hatte, war eine Klinge aus ihrer Halterung gerutscht und hatte durch ihr dünnes Unterhemd in ihre Haut geschnitten. Also hatte Miro die Idee aufgegriffen und ebenjenes Korsett kreiert, das sie jetzt trug.
Das Problem war nur: Sie würde Hilfe brauchen, um es zu erreichen.
»Max war nicht sonderlich erfreut«, fuhr Sebastian gerade fort. »Ich glaube, er hat letzten Herbst, in jener Nacht, als der Obelisk zerstört wurde, sogar gedroht, mich zu verfluchen, weil ich den Vampir pfählte, der ihn zerreißen wollte.«
»Du?« Victoria konnte ein Kichern nicht
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