Das Buch der Verdammnis (German Edition)
Gonzo.
Doch dann war plötzlich ein riesiger Schatten hinter dem Loch in der Mauer. Das Monster dahinter steckte seinen Kopf in den Raum, ich sah wie erstarrt in die riesige Schweinefratze. Doch das Loch in der Wand war zu klein für das riesige Tier, dieses Monster war größer als das, das uns bei unserem ersten Besuch hier angegriffen hatte. Es bewegte sich kurz zurück, dann donnerte es gegen die Wand, sodass der Boden unter mir erzitterte. Ich musste mich am Pult festhalten. Die Wand stürzte nun völlig ein, eine Wolke aus Staub, Dreck und Gestank durchlief den Raum wie eine Welle und dann stand das Monster vor mir. Es war November, in seinem Schweinsgesicht erkannte ich deutlich seine Züge.
Ich würde es nicht schaffen, im nächsten Moment würden mich die Hauer des Überschweins November zu Boden reißen und dann würde es zu spät sein. Dies ging mir in dem Sekundenbruchteil durch den Kopf, als das Monster zu einer Bewegung ansetzte. Ich hatte nicht mal ein Messer, um mich zu wehren.
Blut und Gift. Die Worte tauchten in meinem Kopf auf wie brennende Zeichen. Blut und Gift, daraus war die Tinte gemacht, mit der man in das magische Buch schrieb.
Im nächsten Moment ergriff ich das Gefäß mit der Tinte, es brannte in meiner Hand wie Feuer, ich warf es November an den Kopf. Die Flüssigkeit ergoss sich über ihn, einen Moment stand er in der Bewegung erstarrt, dann lief ein Zittern durch den mächtigen Schweinerumpf und er schrie. Der Schrei schien den Raum zu füllen wie eine zähe Flüssigkeit, doch er dauerte nur Sekundenbruchteile, dann sackte der Körper mit einem krachenden Laut auf den Boden und man konnte sehen, wie sich die Flüssigkeit immer tiefer in das Schweinefleisch fraß.
Dampf stieg von dem Körper auf, ein beißender Geruch, der in den Augen tränte und ich wandte mich wieder dem Buch zu. Die Tinte an meinem Stiel musste reichen für den einen Satz, den ich ruhig in das Buch schrieb. Auf einmal war es, als würden die Worte in meine Hand fließen, als wäre da ein anderer, der den Schluss des magischen Buches niederschrieb.
Alles war im Ungefähren und voller Möglichkeiten, mein Erwachen wie das Gehen im frisch gefallenen Schnee, die Welt auf Anfang gestellt, erste Spuren im Niemandsland.
Ich zögerte einen Moment, dann setzte ich ‚Ende’ unter den Satz.
Was passierte, nachdem ich die Feder wieder weg von der Seite bewegte, dauerte nur ein paar Sekunden. Doch während dieser Sekunden schrieb ich meinen zweiten Roman, nein, ich durchlebte ihn. Eine Geschichte, in der ich eine fantastische Welt erschuf, die am Ende von einem wirbelnden Nichts verschlungen wurde.
In diesen Sekunden durchwanderte ich eine Eiswüste, die Kälte legte sich um meine Haut wie ein eisiger Panzer. In diesen Sekunden trieb ich auf dem riesigen Ozean wie ein Treibholz im Nirgendwo. Der Hunger der Verfolgten war in mir und das Glück der Geretteten.
Ich starb in diesen Sekunden, der Schmerz fraß mich von innen auf, als würde sich ein riesiges Insekt durch meine Eingeweide wühlen.
Ich sah eine Frau über ein Blumenfeld gehen in einem Sommerkleid aus Licht.
In diesen Sekunden erlebte ich die Liebe, ich atmete den Duft der Geliebten und erlebte den Augenblick, in dem sich alles erfüllt und zum Ende kommt.
Und die Worte, die ich schrieb, atmeten und aus ihnen strömte nie Gesagtes.
In diesen Sekunden schrieb ich die eine Geschichte meines Lebens. Und die Geschichte führte mich an die entlegensten Orte des Planeten und am Ende stand ich vor dem magischen Buch im Keller der Verdammnis und alles war still.
Eine eigenartige Stille, als befände ich mich in einer abgeschlossenen Kapsel am Boden eines riesigen Ozeans.
Ein Ächzen drang zu mir, ich sah, dass die Wände sich bewegten, oder war ich es, der schwankte.
„ Raus hier.“
Gonzos Schrei war wie ein Weckruf. Ich rannte aus dem Raum, hinter mir gab es einen riesigen Krach, eine Explosion, alles schien in sich zusammen zu stürzen und eine heiße Druckwelle aus Staub und Felsen trieb uns vor sich her. Wir hasteten durch den Eingang, durch den Gang mit den Bücherwänden, die schwankten und hinter uns zu Boden krachten, doch ich sah nicht zurück, nur immer weiter, bis wir zu der Treppe kamen, dann fiel etwas über mich wie ein schwerer Schleier aus Staub, ich stürzte, fühlte mich auf einmal, als würde ich in einem Bett liegen, eingehüllt in unzähligen Decken. Alles war dunkel.
Ich hustete, spürte jemand neben mir.
„ Meike“, sagte
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