Das Buch der Verdammnis (German Edition)

weiteres Rätsel war, dass man nicht einen Toten unter dem Geröll gefunden hatte. Man schrieb dies der Tatsache zu, dass für kurze Zeit eine höllisch hohe Temperatur in dem Gebäude geherrscht haben musste, sodass alles darin verdampft sei.
    Dass es diese hohe Temperatur gegeben hatte, darüber bestand kein Zweifel, doch wie sie entstanden war, konnte niemand befriedigend erklären.
    Es gab einige Vermisstenfälle in der Nacht, die nie aufgeklärt wurden. Dies betraf jedoch nur Einzelfälle, die meisten Besucher der Halloween-Party hatten sich ins Freie retten können.
    Vor allem ihre Erzählungen sorgten dafür, dass die Diskussionen um das Dianapark-Mysterium kein Ende nahmen. Der offizielle Untersuchungsbericht sprach angesichts der vielen Berichte über blutlüsterne Riesenschweine von einer Massenpsychose. Dass tatsächlich eine Horde von wilden Monsterschweinen das Fest überfallen habe, das hatten die an der Untersuchung beteiligten Wissenschaftler und Experten nie ernsthaft in Erwägung gezogen.
    Da der offizielle Untersuchungsbericht die vielen offenen Fragen des Dianapark-Mysteriums nicht einmal ansatzweise beantwortete, meldeten sich bald zahllose Experten zu Wort, die in Zeitungen, im Fernsehen und natürlich im Internet ihre eigene Interpretation der Geschehnisse darlegten.
    Die häufigsten Erklärungen gingen dabei vom Einschlag eines Meteors aus und dies ungeachtet der Tatsache, dass man nicht die geringste Spur eines derartigen Geschosses gefunden hatte.
    Eine andere Theorie war, dass eine betrunkene Besatzung von Aliens ihr Raumschiff bei einer missglückten Landung mitten in das Gebäude gesteuert habe und dann eine Selbstauslöschung aktiviert habe, die die ganze Umgebung vernichtet habe.
    Natürlich gab es auch die aberwitzigsten Verschwörungstheorien. In zahllosen Internetforen kursierte der Glaube, dass eine geheime Organisation der Regierung hinter den Ereignissen steckte. Ihr sei es gelungen, in der Nähe des Verlagsgebäudes ein Schwarzes Loch zu erzeugen, das wie ein Irrlicht durch das Gebäude gerast sei, um nach einer Orgie der Zerstörung in sich selbst zu zerfallen.
    Mysteriöse Luftwellen oder unterirdische Gase, die sich in der Nacht ihren Weg an die Oberfläche gebahnt hatten, wurden genauso als Erklärung genannt wie die Annahme, dass auf der Halloween-Party in einem Schlauch der Zapfanlage ein kleiner Bruch entstanden sei. Dieser Schaden habe nicht nur dazu geführt, dass viele durstige Gäste auf ihr nächstes Bier hätten verzichten müssen, sondern habe sich zudem zu einem Riss im Raum-Zeit-Kontinuum ausgeweitet, durch die eine Millisekunde des Urknalls in die Gegenwart geschlüpft sei.
    Einmal las ich sogar die Theorie, dass es im Keller des Gebäudes ein seltsames magisches Buch gegeben habe, das für alles verantwortlich sei. Doch der Autor dieses Beitrags, der sich hinter dem Nicknamen anonymous verbarg, musste sich für seinen Beitrag nur Spott und Hohn anhören.
    Die Wahrheit wird wohl nie vollständig ans Licht kommen.
    Mit der Zeit gerieten die Ereignisse in Vergessenheit. Es wuchs Gras über die Sache und dies im wörtlichen Sinne, denn man hatte darauf verzichtet, an dem Ort des Mysteriums ein neues Gebäude zu bauen. Vielleicht fürchtete man doch, dass dort etwas nicht stimmte und so findet man heute eine grüne Wiese, wo früher das Kostar Gebäude war.
     
    Schon kurze Zeit nach der Halloween-Nacht wirkte es für mich manchmal so, als wären die Ereignisse dieser Nacht nur ein Spuk gewesen. Ein wilder Traum in den Morgenstunden zwischen Nacht und Tag, wenn Fantasie und Realität verschwimmen. Bald lief alles wieder seinen gewohnten Gang. Der Kostar-Verlag fand ein neues Gebäude nicht weit vom Dianapark, ich schrieb weiter an meiner Bud-Morgan-Reihe, aber das Gefühl, dass manchmal, wenn ich den Computer herunterfuhr, meine Figuren zu neuen Leben erwachten und zwischen den Zeilen die Geschehnisse weitersponnen, dieses Gefühl hatte ich nie mehr. Dies alles war mit der Halloween-Party verschwunden, man hörte nichts mehr von irgendwelchen riesigen Untieren, die in U-Bahn Schächten ihr Unwesen trieben, ich traf keine geheimnisvollen Clowns mehr, die Figuren meiner Horrorgeschichten blieben eingesperrt in ihren Romanseiten.
    Nur Hank lebte immer noch in unserer WG, das einzige Zeugnis dafür, dass die Ereignisse der Halloween-Nacht auch wirklich stattgefunden hatten. Doch ich ahnte, dass auch er bald nur noch eine Erinnerung sein würde.
     
    Nachdem sich vor zwei