Das Buch der Verdammnis (German Edition)
Nacht?“
„ Ein Clown war in meinem Zimmer. Er ist in letzter Zeit öfters aufgetaucht. Solche Erscheinungen können einem richtig Angst machen. Gestern hat er gesagt, ich müsse unbedingt etwas in ein Buch schreiben, das sich im Keller der Verdammnis befindet. Ich hab ihn gefragt, wo denn dieser komische Keller sein soll. Und er hat nur gesagt: Folge den Quarkschnitten. Und dann hast du heute Morgen was von Quarkschnitten erzählt. Und da bin ich gekommen.“
Ich nahm einen Schluck von meinem Weizenbier.
„Klingt doch ziemlich schräg“, sagte ich. „Und das mit den Quarkschnitten war wahrscheinlich nur ein blöder Zufall.“
Meike sah mich starr an.
„Ich weiß, wo der Keller der Verdammnis ist.“
Ich verschluckte mich an meinem Bier. „Was?“
„Du hast doch sicher schon von der Geschichte gehört, dass man beim Kostar-Verlag aus Kostengründen die abgelehnten Manuskripte nicht zurückschickt, sondern irgendwo aufbewahrt?“
„ Ich hab die Geschichte nie geglaubt.“
„ Ich mach manchmal auch Lektorate für den Verlag und ich sag dir, die Geschichte stimmt. Die abgelehnten Manuskripte lagern im Keller. Unter uns Lektoren nennt man diesen Ort den Keller der Verdammnis.“
Ich richtete mich auf. Ihre Worte hatten mich elektrisiert. Meike sah mich an.
„Ich hab sogar den Schlüssel zu dem Keller. Wenn du willst, können wir ihn uns morgen mal ansehen.“
„ Der Clown hat gesagt, es ging nur heute Nacht. Da hätte er was gedreht.“
„ Du willst in der Nacht in den Keller gehen?“
„ Am besten jetzt.“
„ Ich hab den Schlüssel aber nicht bei mir.“
„ Du wohnst doch nicht weit von hier und der Verlag ist auch nicht so weit weg.“
Meike zögerte. „Es ist so … Ehrlich gesagt, um diese Zeit möchte ich nicht in den Keller gehen.“
Ich sah sie verständnislos an.
„ Ich war vor einem Monat das letzte Mal dort. Ich sag dir, das ist ne ganz komische Atmosphäre da unten. Ich hab gehört, dass sich jetzt auch die Reinigungskräfte weigern, da sauber zu machen.“
„ Wenn es ein wenig schmutzig ist, ist das kein Problem für mich.“
„ Das ist es nicht, da unten ist es ein wenig unheimlich.“
Ich sah es in ihren Augen. Meike hatte Angst.
„Es ist jetzt auch schon verdammt spät“, sagte sie dann.
„ Lass uns in den Keller gehen. Tu es, für mich. Du musst auch nicht mitgehen, du kannst am Eingang warten.“
Meike schluckte. „Okay.“
Es war halb zwei in der Nacht, als wir die schwere Tür zum Verlagsgebäude öffneten. Um diese Zeit wirkte das große Gebäude wie ein grauer, versteinerter Riese vor einer Parklandschaft. Bevor wir eintraten, blickte ich auf den Mond, der groß und bleich am schwarzen Himmel stand. Mich fröstelte etwas, doch dann schob ich die schwere Tür auf und wir traten ein.
Im Haus war es dunkel und still. Von irgendwoher war ein Summen zu hören. Vielleicht das Notstromaggregat oder eine Alarmanlage. Meike tastete zu einem Schalter und knipste das Licht an. Mit einem Schlag erhellte sich der große Vorsaal.
„ Da hinten ist der Eingang zum Keller“. Meike deutete auf den Gang, der rechts um die große Marmortreppe nach hinten führte.
Der Gang endete nach zehn Metern an einer alten, schon fast verrosteten Gittertür. Meike holte einen großen Schlüssel aus ihrer Jackentasche. Er brauchte einige Zeit, bis sie das Schloss geöffnet hatte. Sie sah mich an, dann zog sie an der Tür und mit einem scheppernden Geräusch öffnete sich der Eingang.
Dahinter war ein tiefes, schwarzes Loch. Ein leichter Windstrom kam aus der Dunkelheit, es roch modrig und feucht. Das Licht, das aus dem Gebäude in das Innere drang, beleuchtete nur schwach eine enge, steinerne Treppe, die steil nach unten führte.
Ich tastete nach einem Lichtschalter, der gleich rechts angebracht war, doch er funktionierte nicht.
„Der ist schon ewig kaputt“, sagte Meike.
Sie hatte aus ihrer Wohnung zwei Taschenlampen mitgebracht. Sie gab mir eine davon. Ich schaltete sie ein und leuchtete nach unten. Die Treppe war jetzt deutlicher zu sehen. Auf den Stufen lag ein dunkler Belag, wie eine Schmutzschicht.
Meike zögerte. Sie blickte mich an.
„ Du kannst hier warten“, sagte ich.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich komme mit.“
„Ich geh voran“, sagte ich. Ich stieg die Treppen nach unten und sie folgte mir.
Die Treppe schien endlos, doch endlich kamen wir zu einem riesigen Gang. Der Boden war aus Stein, auch er bedeckt mit dieser schmierigen, schwarzen
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