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Das Buch der verlorenen Dinge

Das Buch der verlorenen Dinge

Titel: Das Buch der verlorenen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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erst musste er herausfinden, was mit seiner Mutter passiert war und welche Rolle diese Welt in alldem spielte.
    Er fragte sich, ob sein Vater schon bemerkt hatte, dass er verschwunden war, und der Gedanke trieb ihm die Tränen in die Augen. Der Absturz des deutschen Flugzeugs musste alle aus dem Schlaf gerissen haben, und der Garten war wahrscheinlich bereits von der Armee oder vom Luftschutz abgesperrt worden. Sie hatten bestimmt sehr schnell gemerkt, dass David nicht da war. Wahrscheinlich suchten sie gerade in diesem Augenblick nach ihm. Er verspürte eine gewisse Befriedigung bei der Vorstellung, dass er durch sein Verschwinden wieder eine wichtigere Rolle im Leben seines Vaters spielte. Vielleicht würde sein Papa sich jetzt endlich mal Sorgen um ihn machen, anstatt um seine Arbeit und Geheimcodes und Rose und Georgie.
    Aber was, wenn sie ihn gar nicht vermissten? Wenn sie das Leben viel einfacher fanden, jetzt, wo er weg war? Sein Vater und Rose könnten eine neue Familie gründen, befreit von der Erinnerung an die alte, außer vielleicht einmal im Jahr, wenn sich der Tag seines Verschwindens jährte. Doch mit der Zeit würde auch das nachlassen, und dann wäre er so gut wie vergessen. Nur dann und wann würde sich jemand an ihn erinnern, so wie die Erinnerung an Roses Onkel, Jonathan Tulvey, nur durch Davids Nachfragen geweckt worden war.
    David versuchte, diese Gedanken zu verscheuchen, und schloss die Augen. Endlich schlief er ein, und er träumte von seinem Vater und von Rose und seinem kleinen Halbbruder und von Dingen, die unter der Erde lauerten und darauf warteten, dass die Ängste anderer ihnen eine Gestalt gaben.
    Und in den dunklen Winkeln seiner Träume hüpfte ein Schatten umher und warf voller Schadenfreude seinen krummen Hut in die Luft.
     
     
    David wachte davon auf, dass der Förster das Frühstück bereitete. Sie setzten sich an den kleinen Tisch an der hinteren Wand und aßen trockenes Weißbrot und tranken starken schwarzen Tee aus grob getöpferten Bechern. Am Himmel draußen zeigte sich nur ein schwaches Licht, und David schloss daraus, dass es sehr früh am Morgen sein musste und die Sonne noch nicht aufgegangen war, doch der Förster sagte, die Sonne habe sich schon seit langer Zeit nicht mehr blicken lassen, und heller werde es in dieser Welt nicht. David überlegte, ob er möglicherweise sehr weit im Norden gelandet war, wo es im Winter monatelang nicht hell wurde, doch selbst in der Arktis wurden die langen, dunklen Winter ausgeglichen durch endlose Sonnentage im Sommer. Nein, das hier war kein Nordland. Das hier war Anderswo.
    Nachdem sie gegessen hatten, wusch David sich Gesicht und Hände in einer Schüssel und versuchte, sich mit dem Finger die Zähne zu putzen. Als er fertig war, befolgte er wie immer seine Regeln der abgezählten Berührungen, und erst als ihm die Stille im Raum auffiel, bemerkte er, dass der Förster ihn von seinem Sessel aus beobachtete.
    »Was machst du da?«, fragte der Förster.
    Es war das erste Mal, dass jemand David diese Frage stellte, und er stand einen Moment ratlos da, weil ihm keine glaubwürdige Erklärung für sein Verhalten einfiel. Dann entschloss er sich, die Wahrheit zu sagen.
    »Das sind Regeln, die ich befolgen muss«, sagte er schlicht. »Ich habe damit angefangen, als meine Mutter krank wurde. Ich dachte, es würde helfen.«
    »Und hat es geholfen?«
    David schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube nicht. Oder vielleicht doch, aber nicht genug. Wahrscheinlich findest du das Ganze merkwürdig. Wahrscheinlich findest du mich merkwürdig, weil ich das tue.«
    Er traute sich nicht, dem Förster ins Gesicht zu sehen, hatte Angst, in seinen Augen Spott oder Verachtung zu lesen. So starrte er stattdessen in die Schüssel, auf sein verzerrtes Spiegelbild im Wasser.
    Der Förster schwieg eine Weile. »Wir haben alle unsere Regeln«, sagte er schließlich leise. »Aber sie müssen einen Sinn haben und etwas bewirken, das wir sehen oder woraus wir Trost schöpfen können. Ohne das sind sie so nutzlos wie das ewige Auf und Ab eines Tieres im Käfig. Über kurz oder lang führen sie in den Wahnsinn.«
    Der Förster stand auf und zeigte David seine Axt. »Hier, sieh her«, sagte er und zeigte auf die Schneide. »Jeden Morgen vergewissere ich mich, dass meine Axt sauber und scharf ist. Ich kümmere mich um mein Haus und achte darauf, dass die Fenster und Türen fest schließen. Ich kümmere mich um mein Land, entferne das Unkraut und sorge dafür, dass

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