Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
Vom Netzwerk:
Gesichte sehr deutlich geworden, und in ihrer Feen-Weisheit durchschaute sie den Fluch von Mîm und vieles, das sich noch zutragen würde.
    Da lachte Naugladur in seinem Triumph, bis sein Bart zitterte, und er befahl, sie zu ergreifen; doch niemand vermochte es, denn wenn sie auf Gwendelin zukamen, tasteten sie umher wie von jäher Dunkelheit umfangen, oder sie stolperten und fielen übereinander, und Gwendelin ging fort von ihrem Heim, und ihr bitterliches Weinen erfüllte den Wald. Nun befiel eine große Dunkelheit ihren Geist, und ihre Klugheit und Kunde verließen sie, so dass sie lange Zeit umherwanderte, ohne zu wissen, wohin; und daran trug ihre Liebe zu Tinwelint, dem König, die Schuld, um dessentwillen sie sich entschieden hatte, nie mehr nach Valinor zurückzukehren und zur Schönheit derGötter, sondern immer in den wilden Wäldern des Nordens zu wohnen; und nun schien es für sie keine Freude und keine Schönheit mehr zu geben, sei es in Valinor oder in den benachbarten Landen. Viele der zerstreuten Elben traf sie auf ihren ziellosen Reisen, und sie hatten Mitleid mit ihr, doch sie achtete ihrer nicht. Geschichten hatten sie ihr erzählt, doch sie lauschte ihnen nur flüchtig, denn Tinwelint war tot. Gleichwohl müsst ihr wissen, dass zur selben Stunde, als Ufedhins Streitmacht den Palast stürmte und verwüstete, und andere ebenso große und schreckliche Scharen von Orks und Indrafangs mit Tod und Feuer über das ganze Reich Tinwelints hereinbrachen, hört, die wackeren Jäger in Frohsinn und Gelächter der Ruhe oblagen – Huan jedoch stahl sich beiseite. Da waren die Wälder plötzlich von Geräuschen erfüllt, und Huan bellte laut; doch der König und sein Gefolge waren von bewaffneten Feinden ganz umzingelt. Lange kämpften sie dort erbittert zwischen den Bäumen, und die Nauglath – denn sie waren die Angreifer – hatten große Verluste, doch am Ende wurden die Elben alle erschlagen, und Mablung und der König fielen Seite an Seite – Naugladur aber war es, der dem König, nachdem dieser tot war, das Haupt abschlug, denn solange Tinwelint lebte, wagte er es nicht, seinem strahlenden Schwert zu nahe zu kommen oder der Axt Mablungs. 11
    Die Geschichte weiß nun von Huan nichts mehr zu erzählen, außer dass dieser große Hund, während noch die Schwerter klirrten, durch das Land eilte, und sein Weg führte ihn zum Lande der i·Guilwarthon, der Lebendig-Toten, wo Beren herrschte und Tinúviel, Tinwelints Tochter. Diese zwei hatten keine feste Bleibe, und auch die Grenzen ihres Reiches waren nicht genau markiert – und wahrlich, kein anderer Bote außer Huan, dem alle Pfade vertraut waren, hätte jemals Beren gefunden und so rasch seine Hilfe erlangt. 12 So erzählt denn dieGeschichte, dass gerade, als das Heer der Orks das Land Tinwelints niederbrannte und die Nauglath und Indrafangs sich heimwärts wendeten, aufs schwerste beladen mit erbeutetem Gold und kostbaren Dingen, Huan zu Berens Hütte kam, und es war dämmrig. Seht, dort saß Beren auf einer Baumwurzel und sah Tinúviel zu, die in der Abenddämmerung auf einem grünen Rasenstück tanzte, als plötzlich Huan vor ihnen stand, und Beren stieß einen Schrei der Freude und Verwunderung aus, denn es war lange her, seit er und Huan zusammen gejagt hatten. Doch als Tinúviel Huan betrachtete, sah sie, dass er blutete, und von seinen großen Augen konnte man eine Geschichte ablesen. Und sie sagte unvermittelt: ›Welches Unheil ist über Artanor hereingebrochen?‹ Und Huan erwiderte: ›Feuer und Tod und der Schrecken der Orks; aber Tinwelint ist nicht mehr.‹
    Da vergossen Beren und Tinúviel bittere Tränen, und die ganze Geschichte Huans trocknete ihre Augen ebenso wenig. Als Huan zu Ende erzählt hatte, sprang Beren in rasendem Zorn auf die Füße, ergriff ein Horn, das an seinem Gürtel hing, und blies darauf einen gewaltigen Ton, der von allen Bergen in der Runde widerhallte, und wie von einem Zauber angelockt sprang ein elbisches Volk, ganz in Grün und Braun gekleidet, aus Lichtungen und Unterholz, von Strömen und aus Tälern zu ihm hin.
    Nun wusste nicht einmal Beren, wie viele Köpfe dieses riesige Volk zählte, das seinem Horn in die Wälder von Hisilóme folgte, und noch bevor der Mond hoch über den Bergen stand, hatten sich die Scharen auf der Lichtung seiner Behausung versammelt; ihre Zahl war sehr groß, doch sie waren nur leicht bewaffnet, und die meisten trugen lediglich Messer und Bogen. ›Gleichwohl ist es Eile‹, sagte

Weitere Kostenlose Bücher