Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
könnten sie später, wenn es an der Zeit scheine, durch eine List befreien. Doch zu jener Zeit dachte Naugladur, ihr Herr, anders darüber, und er wünschte keinen Krieg mit den Elben. Nun jedoch verhöhnte sie Fangluin bei ihrer Rückkehr nach Kräften und sagte, sie hätten ihre Arbeit für einen Hungerlohn und für einen Schluck Weines verschleudert und obendrein noch ihre Ehre eingebüßt, und er kitzelte ihre Begierde, und Ufedhin fügte seine bitteren Worte hinzu. Darum berief Naugladureinen geheimen Rat der Zwerge von Nogrod ein und suchte nach einem Weg, sich sowohl an Tinwelint zu rächen als auch seine Habgier zu stillen. 10
Doch nach langem Grübeln sah er nicht, wie er sein Ziel erreichen könnte, ausgenommen durch Gewalt, und darin lag wenig Hoffnung, denn in jenen Tagen war die Zahl der Elben von Artanor sehr groß; und der Zauber, den Gwenniel spann, schützte alle diese Landstriche, so dass keiner, der feindlich gesinnt war, zu diesen Wäldern vordringen konnte, es sei denn durch Verrat von innen.
Als nun die Alten der Zwerge gerade in ihren dunklen Hallen saßen und an ihren Bärten kauten, vernahmen sie plötzlich Hörnerklang, und Boten von Bodruith von den Indrafangs waren gekommen, einer Sippe von Zwergen, die in anderen Reichen wohnte. Diese brachten nun die Nachricht von Mîms des Vaterlosen Tod durch Úrins Hand und vom Raub von Glorunds Gold, die erst jetzt Bodruith zu Ohren gekommen war. Nun kannten die Zwerge bis jetzt nicht die vollständige Geschichte des Hortes und wussten nicht mehr als das, was Ufedhin den Gesprächen in Tinwelints Hallen hatte entnehmen können, und Úrin hatte nicht die ganze Geschichte erzählt, bevor er fortging. Als sie nun diese Neuigkeiten hörten, gesellte sich neuer Zorn zu ihrer Habgier, und ein Lärm brach unter den Zwergen aus; und Naugladur gelobte, nicht eher zu ruhen, bis Mîm dreifach gerächt sei. ›Und mehr noch‹, sagte er, ›mich dünkt, das Gold gehört von Rechts wegen dem Volk der Zwerge.‹
Und dann machte er seinen Plan; und durch seine Taten sind die Zwerge seit jenen Tagen für immer durch Fehde von den Elben getrennt worden und den Abkömmlingen Melkos in Freundschaft nähergerückt. Heimlich ließ er die Indrafangs davon in Kenntnis setzen, sie sollten ihr Heer bis zu einem Tag,den er nennen werde, wenn die Zeit reif sei, zum Kampfe rüsten; und darauf begann in aller Heimlichkeit das Schmieden scharfen Stahls in Belegost, der Behausung der Indrafangs. Außerdem scharte Naugladur ein großes Heer von Orks um sich und wandernde Kobolde, denen er reichen Lohn versprach und überdies das Wohlgefallen ihres Meisters und am Ende eine pralle Beute; und alle bewaffnete er mit seinen eigenen Waffen. Nun kam ein Elb zu Naugladur, der aus Tinwelints Volk stammte, und er machte sich erbötig, das Heer durch die Zauber Gwendelins zu führen, denn er war von der Gier gepackt nach Glorunds Gold, und so kam Mîms Fluch über Tinwelint, und zum ersten Mal entstand Verräterei unter den Elben von Artanor. Da lächelte Naugladur höhnisch, denn er wusste, dass die Zeit reif und Tinwelint ihm ausgeliefert war.
In jedem Jahr nun, wenn die Zeit der großen Wolfsjagd Berens gekommen war, hatte Tinwelint die Gewohnheit, zur Erinnerung an diesen Tag in den Wäldern eine Jagd zu veranstalten, und es war eine gewaltige Jagd, zu der sehr viel Volks zusammenströmte, und in den Nächten wurden in den Wäldern frohe Feste gefeiert. Als nun Naugladur von jenem Elb – dessen Name, Narthseg, den Elben noch heute bitter in den Ohren klingt – erfuhr, dass der König beim übernächsten Vollmond auf die Jagd gehen würde, sandte er unverzüglich das verabredete Zeichen, ein blutbeflecktes Messer, an Bodruith in Belegost. Darauf versammelte sich dessen ganzes Heer an den Grenzen der Wälder.
Nun berichtet die Geschichte, dass ein Mann zu Tinwelint kam, den er wegen dessen wild wuchernden Haares nicht erkannte – und seht! es war Mablung, und er sagte: ›Fürwahr, selbst in den Tiefen der Wälder haben wir davon erfahren, dass du in diesem Jahr den Tod von Karkaras mit einem Fest begehen willst, das größer ist als je zuvor, o König – und also binich zurückgekehrt, um dir Gesellschaft zu leisten.‹ Und der König freute sich sehr und hieß Mablung, den Tapferen, gern willkommen; und als Mablung sagte, dass auch Huan, der Anführer der Hunde, nach Artanor gekommen sei, wurde seine Freude noch vermehrt.
Wahrlich! Als nun Tinwelint, der König, zur Jagd
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