Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
bekamen sie ihren Feind nie zu fassen, und wie Regen fiel der Tod in ihre Reihen, bis die meisten der Zwerge ausbrachen und flohen, und darob erhob sich unter den Elben ein schallendes Gelächter, und sie hielten mit dem Schießen ein, denn die missgestalteten Zwerge, die mit flatternden weißen Bärten das Weite suchten, stimmten sie heiter. Doch nun standen Naugladur und wenige andere allein, und die Worte Gwendelins fielen ihm ein, denn seht, Berenkam auf ihn zu, da warf er seinen Bogen weg und zog ein strahlendes Schwert; und Beren war unter den Eldar von stattlicher Größe, wenn auch nicht so dick und breit wie Naugladur von den Zwergen.
Da sagte Beren: ›Wahre dein Leben, wenn du kannst, o krummbeiniger Mörder, sonst werde ich dir’s nehmen!‹ Und Naugladur bot ihm sogar das Nauglafring, das Halsband des Wunders, an, wenn er ihn nur unbeschadet gehen ließe; doch Beren sagte: ›Nein, das kann ich immer noch nehmen, wenn du tot bist.‹ Und mit diesen Worten ging er allein auf Naugladur und dessen Kumpane los, und als er die meisten davon erschlagen hatte, ergriffen die übrigen die Flucht, verfolgt von elbischem Gelächter. Und so griff Beren Naugladur an, den Mörder Tinwelints. Da wehrte sich der alte Zwerg tapfer, und es war ein erbitterter Zweikampf, und viele der Elben, die zusahen, tasteten aus Liebe und Besorgnis nach ihren Bogen, doch Beren gebot ihnen, während er kämpfte, sich nicht einzumischen.
Nun weiß die Geschichte von den Wunden und Hieben dieses Kampfes wenig zu berichten, außer dass Beren dabei manche Schramme davontrug, und viele seiner heftigsten Schläge fügten Naugladur wenig Schaden zu, weil er einen [kunstvollen?] und zaubrischen Zwergenpanzer trug; und es heißt, dass sie drei Stunden lang kämpften und Berens Arme schwer wurden, nicht aber die von Naugladur, der es gewohnt war, in der Schmiede seinen gewaltigen Hammer zu schwingen, und es ist mehr als wahrscheinlich, dass der Kampf einen anderen Ausgang genommen hätte, wäre nicht der Fluch von Mîm gewesen; denn als Naugladur bemerkte, dass Berens Kräfte erlahmten, bedrängte er ihn immer heftiger, und der Hochmut, der dem bitteren Zauber entspross, kam in sein Herz, und er dachte: ›Ich will diesen Elb erschlagen, und sein Volk wirdin Furcht vor mir fliehen.‹ Und er umklammerte sein Schwert, holte zu einem mächtigen Schlag aus und rief: ›So empfange denn dein Verderben, o Jüngelchen aus den Wäldern!‹ Doch in diesem Augenblick trat er auf einen zackigen Stein und stolperte nach vorn, doch Beren wich dem Schlag aus, bekam Naugladurs Bart zu fassen, seine Hand ergriff das goldene Halsband, und damit riss er den Zwerg von den Füßen, dass er aufs Gesicht fiel; und Naugladurs Schwert wurde ihm aus der Hand geschleudert, doch Beren packte es und erschlug ihn damit. Und er sagte: ›Ich will nicht meine blanke Klinge mit deinem dunklen Blut beflecken, wenn es nicht notwendig ist.‹ Naugladurs Leichnam aber wurde in den Aros geworfen.
Darauf löste er das Halsband und starrte es staunend an – und erblickte den Silmaril, jenen Edelstein, den er aus Angband geholt, eine Tat, die ihm unsterblichen Ruhm eingetragen hatte; und er sagte: ›Niemals haben meine Augen dich, o Leuchte des Feenreiches, nur halb so schön leuchten sehen wie jetzt, da du umgeben bist von Gold und Gemmen und dem Zauber der Zwerge‹; und er ließ die Flecken von dem Halsband abwaschen, und er warf es nicht fort, da er nichts von seiner Kraft wusste, sondern nahm es mit sich zurück in die Wälder von Hithlum.
Die Wasser des Aros aber flossen immer weiter über dem versunkenen Hort von Glorund dahin, und sie tun es noch immer; in späteren Tagen kamen Zwerge aus Nogrod, die nach dem Schatz und dem Leichnam Naugladurs suchten, doch von den Bergen strömte eine Flut herab und ertränkte die Sucher; und nun sind Düsternis und Schrecken der Steinigen Furt so groß, dass niemand den Schatz sucht, den sie hütet, oder es je wagt, an diesem verwunschenen Ort den zaubrischen Strom zu überqueren.
Doch in den Tälern von Hithlum war die Freude groß bei der Rückkehr der Elben, und Tinúviel war sehr glücklich, als sie ihren Gemahl inmitten seiner Truppen wieder heimkehren sah, doch nur wenig leichter machte es ihren Kummer über den Tod von Tinwelint, dass Naugladur erschlagen war und viele Zwerge außerdem. Da suchte Beren sie zu trösten, nahm sie in die Arme und legte das prächtige Nauglafring um ihren Hals, und alle waren geblendet von ihrer
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